Bundeskanzlerin Angela Merkel und US-Präsident Obama: Bei den Atomverhandlungen mit dem Iran ziehen sie an einem Strang
Bundeskanzlerin Angela Merkel und US-Präsident Obama: Bei den Atomverhandlungen mit dem Iran ziehen sie an einem Strang

Die Atomverhandlungen über die Begrenzung der iranischen Atomaktivitäten, die bisher am Sitz der Internationalen Atom Energie Organisation (IEAO )in Wien stattfanden,werden im September vermutlich in New York fortgeführt. An den Verhandlungen nehmen die fünf UN-Vetomächte (USA, Russland, China, Frankreich, Großbritannien) und auch Deutschland teil, das auf lange Atombeziehungen mit dem Iran zurück blicken kann.

Sie wurden nicht nur innerhalb Deutschlands, sondern auch von den USA kritisch hinterfragt. Ganz besonders argwöhnisch beäugte auch der Geheimdienst der DDR was deutsche Atomunternehmen mit dem Iran vereinbarten. Die Stasi berichtete in der Folge nicht nur ihrer Staatsführung, sondern gab ihre Berichte auch an den großen Bruder im Osten, der Sowjetunion, weiter. Zynismus der Geschichte, dass diejenigen, die damals die größten Befürchtungen angesichts der deutsch-iranischen Atomkontakte hegten, die heutige Atomwirklichkeit der Iraner selbst schafften: Die Russen. Und nicht genug der Pikanterie, mit Russland und Deutschland nehmen zwei Staaten an den Verhandlungen zur Verhinderung iranischer Bestrebungen die A-Bombe zu bauen teil die zunächst die Ausgangstechnik zum Bombenbau geliefert haben.

Stasi- Leiterinformation  08. August 1975. REr behandelt auch die deutsche Zusammenarbeit mit Brasilien auf atomarem Gebiet.
Stasi- Leiterinformation 08. August 1975. REr behandelt auch die deutsche Zusammenarbeit mit Brasilien auf atomarem Gebiet.

Kurzer Blick zurück: Bereits am 08.August 1975 gab es eine Leiterinformation der DDR-Staatssicherheit, Streng geheim gestempelt, sie trägt die Tagebuch Nr. 5/VII/1318/75. Der Agent in der Hauptverwaltung A der Abteilung VII, berichtete da, „ dass gegenwärtig ein inhaltlich ähnlicher Vertrag wie mit Brasilien zwischen der BRD und dem Iran vorbereitet wird.“ Und weiter heißt es : „ Obwohl der Iran den NPT ( der Nichtverbreitungsvertrag ist gemeint) unterzeichnet und ratifiziert hat, gibt es im Iran Kräfte, die am Besitz von Kernsprengkörpern und Kernwaffen interessiert sind.“ Die Siemens Tochter Kraftwerk Union baute zu der Zeit im Iran das Atomkraftwerk Buschehr.
Bereits damals formulierte die Stasi, der damalige iranische Außenminister habe zwar erklärt, dass der Iran nicht daran denke, sich Kernwaffen anzuschaffen, „ aber seine Politik überprüfen müsse, wenn weitere Staaten sich mit Kernwaffen und nuklearen Sprengköpfen ausrüsten.“ Das ist inzwischen geschehen. Pakistan ist zur Atommacht geworden. Vor allem Deutschland( lesen Sie dazu unter Hintergrund und auch das Buch NUCLEUS), aber auch die USA haben einen erheblichen Anteil daran, dass es so weit gekommen ist.

In dem Stasi-Bericht heißt es weiter: Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich die gegenwärtige positive Haltung des Iran zum NPT und zur Nonproliferationspolitik künftig ändert, zumal der Iran auf der NPT- Überprüfungskonferenz mit zu den Ländern gehörte, die eine Änderung des NPT anstrebten und den Besitz von Kernsprengkörpern für friedliche Kernsprengungen für sich in Anspruch nehmen.“
Zwischen Teheran und dem politischen Bonn bestanden damals sehr enge Beziehungen. Persien wurde zu der Zeit von einem Mann regiert, der die Deutschen liebte: Schah Reza Pahlavi. 1979, vier Jahre als später der Stasi – Vermerk geschrieben worden war, musste der Schah das Land verlassen . Nach der islamischen Revolution kühlten die westlichen Beziehungen zum neuen Mullah-Regime von Ajatollah Chomeini zunächst stark ab. Erst 1984 machte dann Hans-Dietrich Genscher als erster westlicher Außenminister den Mullahs seine Aufwartung. In den 90er-Jahren wurden die Beziehungen dann wieder intensiver. Zwischen Oktober 1990 und 1996 sollen mehr als 300 Delegationen die Länder jeweils wechselseitig besucht haben. Dies waren Delegationen aus den Bereichen Politik, Wirtschaft, Kultur und auch aus dem Parlament.

Kanzler Kohl: Kohle und Kernenergie
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Deutschland versuchte auch die atomaren Verbindungen aus früherer Zeit fortsetzen. Die aber waren den USA schon seit Langem ein Dorn im Auge. US-Präsident Bill Clinton und Bundeskanzler Helmut Kohl lagen deswegen miteinander im Streit. Anders als heute wollte Deutschland damals den amerikanischen Versuch, Iran durch ökonomische Pressionen von der Weiterverfolgung seiner Atompläne abzubringen, vereiteln. Zum Zuge kamen die deutschen Atomunternehmen im Iran aber aus verschiedenen Gründen nicht mehr.
Russland machte inzwischen das Geschäft. Moskau interessierten offensichtlich die Bedenken die die DDR bezüglich der deutschen atomaren Kontakte zum Iran geäußert hatten, nicht als es das ganz große Geschäft selbst machen konnte, das Atomkraftwerk zu bauen, das seinerzeit von der deutschen Siemenstochter Kraftwerks Union begonnen worden war, nämlich Buschehr.
Die Befürchtungen die die Stasi damals im streng geheim gestempelten Aktenvermerk zusammenfasste , nahmen nun in den letzten Jahren immer konkretere Gestalt an. Und deshalb laufen zur Zeit, wir schreiben inzwischen das Jahr 2014 die hochbrisanten Wiener Atom-Verhandlungen mit dem Iran. In unterirdischen Anlagen, so befürchten die UN-Vetomächte und Deutschland inzwischen eben auch, reicherten die iranischen Atom-Spezialisten das Uran in Zentrifugen so hoch an, dass es später, würde der Prozess nicht gestoppt, zum Atom-Bombenbau genutzt werden könne. Außerdem ist inzwischen die Befürchtung hinzugekommen, dass der Schwerwasserreaktor in Arak, wenn er so weiter liefe, Plutonium für den Bau von Atombomben produzieren könne. Deshalb müsse auch er umfunktioniert werden.
US-Präsident Obama sieht inzwischen die Notwendigkeit aus Gründen einer neuen Nahostpolitik ein neues Kapitel in den Beziehungen zum Iran, die lange Jahre unterkühlt waren, einzuläuten. Aber auch Irans Haltung gegenüber dem Westen hat sich geändert. Bei den Wiener Verhandlungen ging es bereit darum eine gemeinsame Linie zu finden, ohne das Ziel aus den Augen zu verlieren: Einen möglichen Atombombenbau Irans zu verhindern. Diese Gespräche werden nun vermutlich New York im September fortgesetzt. Zur nachgiebigeren Haltung Irans haben sicherlich die Wirtschaftssanktionen beigetragen mit denen die internationale Gemeinschaft das iranische Atomprogramm zu stoppen versucht. Viele der Sanktionen treffen die iranische Wirtschaft schwer: Vor allem durch das 2012 von der EU verhängte Öl-Embargo verliert der Iran fast 60 Prozent seiner Einnahmen. Auch der stark eingeschränkte Bankverkehr behindert den Im- und Export von Produkten und vertreibt iranische Unternehmer in Nachbarländer.
Obamas neue Linie der Annäherung erleichtere es Deutschland, “an seiner grundlegenden Position der Nicht-Ausgrenzung Irans festzuhalten”, erläuterte im Mai 2009 eine Studie der “Stiftung Wissenschaft und Politik”. Jetzt müsse neuer Mut geschöpft und die Zusammenarbeit mit Iran, wo immer möglich, “realisiert und positiv gewürdigt werden”.
Dennoch sind die Befürchtungen noch lange nicht vom Tisch, dass auch der Iran, wie seinerzeit Pakistan auf Umwegen zur Atommacht wird. Immerhin laufen die Verhandlungen bereits seit 2002, bestehen massive Fragen und Zweifel am Charakter des iranischen Nuklearprogramms. Die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO), der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen und die UN-Veto-Mächte plus Deutschland haben Iran wiederholt in der ganzen vergangenen Zeit zu Kooperation und Transparenz aufgefordert. Die deutsche Position vertrat bei den Verhandlungen im vergangenen Jahr, sie fanden in Genf statt, noch Bundesaußenminister Guido Westerwelle(FDP. Deutschland warb immer wieder für eine politische Lösung im Streit um das Nuklearprogramm.

Natanz: In unterirdischen Bunkern der Atomanlagen wird Uran angereichert.
Natanz: In unterirdischen Bunkern der Atomanlagen wird Uran angereichert.

Würden die Indizien jedoch künftig zunehmen, dass der Iran weiter daran arbeitet sein Uran höher anzureichern, wäre damit zu rechnen, dass Israel, das lieber heute als morgen die Atomanlagen in Natanz ausschalten möchte, die Initiative mit ziemlicher Sicherheit selbst in die Hand nähme und einen „Erstschlag“ wagen würde, dann vermutlich aber ohne dafür grünes Licht von den USA abzuwarten. Vorher könnte es aber auch sein, dass sich die iranischen Atomspezialisten plötzlich mit der verheerenden Tätigkeit von Verwandten der Wanzen Cottonmouth und des Wurmes Stuxnet konfrontiert sähen. Beide, Wanze und Wurm, hatten 2010 bereits dafür gesorgt, dass fast 1000 Uranzentrifugen, mit denen das Uran angereichert wurde, zu Bruch gingen und damit das Uran-Anreicherungsprogramm total ins Stocken geriet.

Wanzen beeinflussen Wiener Atomverhandlungen