Harte Strafe für Gazprom?
Der russische Gasgigant Gazprom reagierte jetzt indirekt auf das in Vorbereitung befindliche förmliche Kartellverfahren der EU-Kom- mission gegen den Staatskonzern. Das Verfahren könnte den Gaz- prom Milliarden kosten.
EU-Vizepräsident Sefcovic hatte kürzlich erklärt, dass eine Entscheidung zum Verfahren in wenigen Wochen anstehe. Die russische Zeitung Wedemosti gab jetzt die Stimmung in Moskau dazu wider und berichtete eine solche Klage könnte die Beziehungen zwischen Moskau und Brüssel noch weiter verschlech- tern.
Die Europäische Kommission hat bereits 2012 ein förmliches Kartellverfahren ein- geleitet, um zu prüfen, ob der russische Erdgasproduzent und –lieferant Gazprom möglicherweise den Wettbewerb auf den mittel- und osteuropäischen Gasmärkten behindert und damit gegen die EU-Kartell- vorschriften verstoße. Jetzt steht die Ent- scheidung der 28 Kommissare bevor.
Die Kommission hat zuvor mehrere mut- maßliche wettbewerbswidrige Verhaltens- weisen des russischen Gazkonzerns in Mit- tel- und Osteuropa unter die Lupe genom- men:
Erstens: …hat Gazprom möglicherweise die Gasmärkte abgeschottet, indem es den freien Fluss von Gas zwischen einzelnen Mitgliedstaaten behindert hat?
Zweitens: …könnte Gazprom die Diversifizierung der Versorgung mit Gas verhindert haben. So hat Gazprom, laut EU-Vorwurf, gegenüber seinen Kunden möglicherweise eine unlautere Preispolitik betrieben, indem es die Gaspreise an die Ölpreise gebunden hat.
Beschränkung des Wettberbs?
Ein derartiges Verhalten kann, argumentiert die Kommission, eine Beschrän- kung des Wettbewerbs auf dem Gasmarkt darstellen und zu höheren Preisen und einer Verschlechterung der Versorgungssicherheit führen. Dies würde nach Kommissions-Ansicht letztlich den EU-Verbrauchern schaden.
Nach Artikel 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV ist die missbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung auf dem Binnenmarkt verboten, sofern dies den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigt.
Verfahren hat bereits 2012 begonnen
Die Kommission hatte Gazprom und die Wettbewerbsbehörden der Mitglied- staaten bereits 2012 über die Verfahrenseinleitung in dieser Sache unter- richtet. Die Untersuchungen eines förmlichen Klageverfahrens können sich schon länger hinziehen.
Die russische Zeitung Wedemosti berichtet denn auch jetzt die Sicht Moskaus. Danach ist die Klage schließlich „aus Angst vor einer harten Reaktion Russ- lands“ angesichts des Ukraine-Konflikts verschoben worden. Die Zeitung aus Moskau ist ein Gemeinschaftsprojekt von Finanzial Times, The Wall Street Journal und dem russischen Verlagshaus Independent Media Sanoma Maga- zines ID.
Die neue dänische Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager (46), Sozialdemokratin, erklärte jetzt dagegen: „ Die kartellrechtlichen Unter- suchung der Kommission zu Gazprom wurde nie unterbrochen und ist noch nicht abgeschlossen. Es ist eine kartellrechtliche Untersuchung die wie jedes andere Kartellverfahren unparteiisch und unpolitisch durchgeführt wird. Wir können den Fall in einer hoffentlich relativ kurzen Zeit abschließen. Ich glaube, wenn man die Sache politisch betrachtet, gibt es nie den richtigen Zeitpunkt dafür. Für mich ist es einfach eine Sache, die eventuell auch vor Gericht Bestand haben muss. ”
Milliardenstrafe für den russischen Gas-Giganten?
Die 28 EU-Kommissare könnten dafür plädieren Gazprom Auflagen zu erteilen. Sie können sich aber auch für eine Geldstrafe von bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes von Gazprom entscheiden. We- demosti beziffert den Gazprom-Umsatz mit 150 Mrd. US-Dollar im Jahr 2013. Der russische Gaskonzern kann vor dem Europäischen Gerichtshof dagegen klagen. Die Strafen würden jedoch unmittel- bar wirksam.
Bereits im September 2011 hatten EU-Beamte bei einer groß angelegten Razzia die Büros von Erdgasfirmen in mehreren EU-Ländern durchsucht. Wie berichtet wurde suchten die Fahnder auch bei den deutschen Energiekonzernen gezielt nach Gaslieferverträgen ihrer mittel- und osteuropäischen Töchter mit Gazprom. In die Gazprom immer wieder problematische Konditionen diktiert haben. Gazprom-Chef Alexej Miller hatte sich von dem Vorgehen damals “peinlich überrascht” gezeigt. Aus Diplomatenkreise war seinezeit zu vernehmen Brüssel wolle die Marktmacht von Gazprom brechen.
Die politische Dimension des Verfahrens
Das Kartellverfahren gegen den russischen Staatskonzern hat auch eine politische Dimension. Einige EU-Länder sind bei der Energieversorgung von russischem Gas total andere teilweise abhängig.
Nach OECD-Zahlen beziehen fünf EU-Länder ihre Gaslieferungen ausschließlich aus Russland: Bulgarien, die Slowakei, Finnland und – Polen. Auch Ungarn (70 Prozent) und Griechenland (54 Prozent) sind noch stärker auf russisches Gas aus der Pipeline angewiesen als Deutschland, das 39 Prozent seines Bedarfs aus Wladimir Putins Reich bezieht und damit über dem EU-Schnitt von 31 Prozent liegt.
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