Lukas Siebenkotten, Präsident Deutscher Mieterbund
Lukas Siebenkotten, Präsident Deutscher Mieterbund, DMB: Anbieterwechsel bei Fernwärmenutzung nicht möglich

Am Fernwärmesektor sind die Entwicklungen des Strom- und Gasmarktes der vergangenen 15 Jahre vorbeigegangen. Die Verbände vzbv, bne und DMB fordern deshalb Reformen. Jedes Fernwärmenetz stellt nach ihrer Darstellung ein unreguliertes Monopol dar.

Ein Anbieterwechsel bei Preiserhöhungen sei nicht möglich. Das betreffe rund 5,5 Millionen Haushalte in Deutschland die mit Fernwärme versorgt werden. Das sind demnach 14 Prozent aller Anschlüsse.

Die Monopolstrukturen des Fernwärmesektors sind nach Ansicht der Verbände nicht verbraucherfreundlich, das kritisieren der Bundeszentrale Verbraucherverband (vzbv), Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne) und der Deutsche Mieterbund. Lange Vertragslaufzeiten sowie die Pflicht zum Bezug von Fernwärme über einen Anschluss- und Benutzungszwang verhindern die Umstellung auf andere effizientere Wärmetechnologien. „Monopolstrukturen ohne Regulierung wie im Fernwärmesektor sind in Zeiten liberalisierter Energiemärkte überholt.

Da sich Verbraucherinnen und Verbraucher Preis- und Vertragsänderungen nicht entziehen können, brauche es entweder Wettbewerb, eine Preisregulierung oder eine Genehmigung der Endpreise“, so der Vorstand des vzbv, Klaus Müller.

Verbraucherrechte anpassen

Klaus Müller
Klaus Müller Vorstand des Bundesverbandes Verbraucherzentrale: Verbraucherrechte anpassen …

Verbraucherrechte seien auch im Fernwärmesektor an allgemeine Standards anzupassen. Basisinformationen zum Preis, den zur Wärmeerzeugung eingesetzten Energieträgern sowie zu Emissionen und Netzverlusten müssten zudem für Verbraucher im Internet abrufbar sein.

“Ein Anbieterwechsel ist unmöglich”
Lange Vertragslaufzeiten von regelmäßig zehn Jahren und Vertragsverlängerungen von fünf Jahren binden den Verbraucher langfristig an den Fernwärmemonopolisten. Preiserhöhungen oder Änderungen des Preissystems während der Vertragslaufzeit können Verbraucher nicht wie bei Strom und Gas durch einen Anbieterwechsel ausweichen.

Besteht ein Anschluss- und Benutzungszwang, können Verbraucher oft selbst am Ende der Vertragslaufzeit nicht auf ein anderes Heizsystem umsteigen. Das Bundeskartellamt spricht von „gefangenen Kunden“. Eine vorbeugende Preiskontrolle durch eine Preisregulierung oder eine Endpreisgenehmigung findet in diesem Monopolsektor nicht statt. Bei Strom und Gas ist eine Regulierung des Monopolbereichs dagegen üblich. Auch eine Endpreisgenehmigung gab es auf diesen Märkten vor der Liberalisierung schon.

Preise nicht nachvollziehbar

Der DMB kritisiert insbesondere, dass Preise für Fernwärme für Mieterinnen und Mieter nicht nachvollziehbar seien: „Immer wieder erreichen uns Beschwerden von Mieterinnen und Mietern, die die Tarife für die Fernwärme nicht verstehen und die mit Preiserhöhungen konfrontiert werden, die nicht akzeptabel sind.

eshalb braucht es mehr Transparenz und Verlässlichkeit für die Versorgung der Mieter mit Fernwärme“, so Lukas Siebenkotten, Bundesdirektor des Deutschen Mieterbundes ,DMB.

Mangelnder Wettbewerb durch Anschlusszwang
Problematisch sei die Entwicklung hin zu immer höheren Grundpreisanteilen. Die Erhöhung der festen Grundpreise belaste Haushaltskunden mit einem geringen Verbrauch besonders stark.

bne-Geschäftsführer Busch:
bne-Geschäftsführer Busch:Die Kunden der Fernwärme für die Energiewende lange verloren

Ein solches Preissystem stehe zudem im Widerspruch zu Energieeffizienzanreizen und zur Energiewende, denn Fernwärme basiere wesentlich auf fossilen Rohstoffen wie Kohle und Gas. „Die an Fernwärme gebundenen Kunden sind für dezentrale Lösungen auf der Basis erneuerbarer Energien langfristig verloren“, so Robert Busch, Geschäftsführer des bne.

“Fernwärmemarkt gleicht einer Trutzburg”

„Der intransparente Fernwärmemarkt gleicht einer Trutzburg aus den Zeiten vor der Liberalisierung des Energiesektors, von Wettbewerb fehlt jede Spur. Für rund ein Drittel der Fernwärmekunden herrscht Anschlusszwang.

Ein Anbieterwechsel oder ein Umstieg auf eine effizientere Heiztechnik ist nahezu unmöglich. Diese Struktur passt nicht mehr in eine immer flexiblere Energiewelt, mit zunehmend dezentralen, digitalen und dekarbonisierten Lösungen für Strom, Wärme und Mobilität“.