Vier  große Umwelt- und Naturschutzverbände bleiben der Verbändeanhörung zum geplanten Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung am heutigen  Dienstag, 27. September  fern. Dies teilen sie der Kanzlerin  in einem Brief mit, der Umwelt- und Energie-Report vorliegt und aus dem wir weiter unten zitieren. Die BUND-Klimaexpertin Ann-Kathrin Schneider  hatte zuvor schon das Gezänk um den “Klimaschutzplan 2050” kritisiert : “Es ist absolut unwürdig, wie der 26-09-16-karikatur-peter-altmeierKlimaschutzplan 2050 derzeit vom Kanzleramt und einigen Ministerien bis zur Bedeutungslosigkeit geschrumpft wird. Der Regierungsentwurf stehe “nicht in Einklang mit den Zielen des Pariser Klimaschutzab-kommens”, hieß es vergangene Woche  in einer gemeinsamen Erklärung der Verbände BUND, Greenpeace, Nabu und WWF.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat die Ratifizierung des Pariser Klimaschutzvertrags durch den Deutschen Bundestag begrüßt. Nachdem Deutschland dem Paris-Abkommen beigetreten sei, müsse die Bundesregierung jetzt auch die restlichen Zauderer von der Notwendigkeit einer Ratifizierung durch die EU überzeugen. Zugleich forderte der Umweltverband die Bundesregierung auf, ihren “Klimaschutzplan 2050” deutlich nachzubessern. Mit dem derzeitigen Entwurf verfehle Deutschland die Pariser Klimaziele klar.
Es macht Deutschland unglaubwürdig

Ann Kathrin Schneider:
Ann Kathrin Schneider:

Schneider kritisierte weiter es mache Deutschland unglaubwürdig, wenn wir auf internationaler Bühne Ja zu mehr Klimaschutz sagen, zuhause aber die Kohlekraftwerke weiterlaufen und der Ausbau erneuerbarer Energien ausgebremst wird. Die Umsetzung des Paris-Abkommens erfordert Klimaziele für alle Wirtschaftsbereiche.“

Hier bringen wir nun  den Brief der Verbände an die Kanzlerin Angela Merkel  und Vizekanler Sigmar Gabriel in denen sie ihre Kritik vorbringen  in voller Länge:

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin, sehr geehrter Herr Vizekanzler,

am Dienstag, den 27. September, findet die Verbändeanhörung zum Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung (KSP 2050) statt. Wir

Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Kritik der vier großen  Umwelt-Verbände
Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Kritik der vier großen Umwelt-Verbände

– die vier großen Umwelt‐ und Naturschutzverbände BUND, Greenpeace, NABU und der WWF – haben uns entschlossen, nicht daran teilzunehmen.

Der vorliegende Entwurf des Klimaschutzplans wird dem Auftrag nicht gerecht, das Klimaabkommen von Paris umzusetzen, das Deutschland vergangene Woche ratifiziert hat. Ein solcher Plan bräuchte ehrgeizige Ziele und starke Maßnahmen. Diese sehen wir nicht im aktuellen Entwurf. Stattdessen sind weitere Abschwächungen im Verlauf der Ressortabstimmung zu befürchten.

25.03.16 Pfeil für TextDie Umwelt‐ und Naturschutzverbände haben in dem vorausgegangenen breiten Beteiligungsprozess zum KSP 2050 ebenso wie viele weitere Verbände der Zivilgesellschaft umfangreich mitgewirkt.

Die zahlreichen eingebrachten Vorschläge sind jedoch nach dem frühen Eingreifen von Bundeskanzleramt und Wirtschaftsministerium im aktuellen Entwurf kaum mehr zu finden. Das entwertet den Beteiligungsprozess und macht den Klimaschutzplan wirkungslos.

25.03.16 Pfeil für TextWir vertreten über zwei Millionen Menschen, die mehr Klimaschutz wollen, deshalb haben wir gemeinsam mit 47 anderen Organisationen den „Klimaschutzplan der Zivilgesellschaft“ vorgelegt.

Nun braucht es politische Entscheidungen, die Deutschland auf einen tragfähigen Pfad hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft und Gesellschaft bringen. Nur so wird das Pariser Klima‐Abkommen glaubwürdig umgesetzt.

Wir fordern Sie deshalb auf, einen Klimaschutzplan vorzulegen, der diesen Namen verdient. Er muss mindestens die folgenden zentralen Weichenstellungen vornehmen:

25.03.16 Pfeil für TextDie Begrenzung der globalen Erderwärmung auf deutlich unter 2 Grad Celsius und möglichst unter 1,5 Grad Celsius erfordert die Dekarbonisierung der heutigen Industriestaaten bis spätestens zur Mitte des Jahrhunderts. Im Klimaschutzplan muss daher ein Treibhausgas‐Minderungsziel von mindestens 95 Prozent bis 2050 verankert werden. Entsprechend ehrgeiziger müssen die Zwischenziele für 2030 und 2040 ausfallen.

25.03.16 Pfeil für TextEin glaubwürdiger Klimaschutzplan muss konsistente Treibhausgas‐Minderungsziele für alle Sektoren enthalten. Diese müssen für 2030, 2040 und 2050 kohärent aus dem Langfristziel von minus 95 Prozent Treibhausgasen bis 2050 abgeleitet sein sowie den heutigen Stand und das unterschiedliche technische Minderungspotenzial der Sektoren reflektieren.

25.03.16 Pfeil für Text Im Stromsektor ist die schnelle und sozialverträglich gestaltete Reduktion der

Kohleverstromung unabdingbar. Bereits vor 2020 sind kurzfristige Maßnahmen notwendig, sonst ist auch das Ziel, die Emissionen bis dahin um 40 Prozent zu mindern, nicht mehr erreichbar. Bis spätestens 2035 muss die Kohleverstromung in Deutschland insgesamt beendet sein. Gleichzeitig müssen Energieeffizienz und ‐einsparung forciert sowie die erneuerbaren Energien deutlich schneller als derzeit geplant naturverträglich ausgebaut werden.

25.03.16 Pfeil für TextDie Verkehrswende muss jetzt eingeleitet werden. Der Klimaschutzplan muss ein klares Signal setzen für das mittelfristige Auslaufen des Verbrennungsmotors sowie für eine deutliche Stärkung des öffentlichen Verkehrs, der Schiene mit Hilfe erhöhter

Infrastrukturinvestitionen und für die nicht‐motorisierte Mobilität, insbesondere in Städten.

25.03.16 Pfeil für TextFür den Sektor Landwirtschaft sind konkrete Ansätze zur Reduzierung der Fleischproduktion und der Stickstoffüberschüsse notwendig. Außerdem müssen die Maßnahmenvorschläge aus

dem Beteiligungsprozess zur nachhaltigen Ernährung wieder in den Plan aufgenommen werden. Der ökologische Landbau ist als Leitbild der Landwirtschaft zu verankern.

25.03.16 Pfeil für TextAuch der Gebäudesektor benötigt explizite Vorgaben zur Erhöhung der Sanierungsrate im

Bestand und zur Verschärfung der energetischen Standards für Neubauten, um das schon erklärte Ziel eines klimaneutralen Gebäudebestands bis 2050 zu erreichen.

25.03.16 Pfeil für TextDie Transformation zu einer klimaneutralen Wirtschaft und Gesellschaft muss über

Jahrzehnte zielgerichtet verfolgt werden. Um hier die notwendige Planungs‐ und

Investitionssicherheit zu schaffen, ist es notwendig, im weiteren Verlauf den Klimaschutzplan in ein verbindliches Klimaschutzgesetz zu überführen.

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel:  ...
Sehr geehrter Herr Vizekanzler Gabriel: Der Klimaschutzplan in seiner jetzigen Form …

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin, sehr geehrter Herr Vizekanzler,

… der Klimaschutzplan in seiner jetzigen Form erfüllt nicht die Anforderungen des Pariser Klimavertrages. Wir hoffen, dass Sie für deutliche Nachbesserungen eintreten. Für ein Gespräch hierzu stehen wir Ihnen gern zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Prof. Dr. Hubert Weiger Roland Hipp

Vorsitzender Geschäftsführer

BUND e.V.

Greenpeace e. Roland Hipp

Vorsitzender Geschäftsführer