Es wird immer klarer: Russland macht sich zunehmend Sorgen über die Zukunft seines Gasgiganten Gazprom auf

Putin: ... auch seine Zukunft hängt vom Wohl des russischen Gasgiganten Gazprom ab   ...Bild SputnikMikhail Klimentyev
Kreml-Chef Wladimir Putin: … auch seine Zukunft hängt vom Wohl des russischen Gasgiganten Gazprom ab …Bild Sputnik Mikhail Klimentyev

dem europäischen Markt. So berichtete am Dienstag, 22. August, die von Moskau gesteuerte Nachrichten-Agentur Sputnik-news: Der Kampf um europäische Gaskunden geht jetzt erst richtig los. Die US-Amerikaner greifen nach dem Sanktionshebel, heißt es im Sputnik-Bericht weiter  und:  Hauptsache die Gaslieferanten aus den USA haben Europa für sich. „Gazprom muss seine Zukunft in der EU jetzt jedenfalls anders bewerten. Und die sieht keineswegs rosig aus, schreibt die russische Zeitschrift „Expert“ und wird mit diesem Bericht von Sputnik, die Moskaus Sicht im Westen verbreiten soll, zitiert.

Die ersten Schüsse im Gaskrieg um Europa sind gefallen,…

…heißt es da bei „Expert“: Im Juni hatten die US-Amerikaner Flüssiggas nach Polen geliefert, in dieser Woche soll ein weiterer Gastanker aus den USA in Litauen ankommen. Russland aber werde ein Bündel an Maßnahmen ergreifen, um sich auf diesem wichtigen Markt zu halten, schreibt wiederum  „The Wall Street Journal“.

Russland nimmt ein Drittel des europäischen Gasmarkts ein. Und es hat Chancen, diesen Anteil zu halten, sind Fachleute überzeugt. Denn das US-Gas kostet 6,29 Dollar, das russische hingegen 4,86

... auch beim Kampf um Energiemärkte künftig Gegner, Karik. U+E
… auch beim Kampf um Energiemärkte künftig Gegner?, Karik. U+E

Dollar für die gleiche Liefermenge. Insofern werden allen voran die US-Amerikaner – nicht die Russen allein – sich im Kampf um den EU-Markt bewegen müssen, was die USA mit ihren Sanktionen laut „Expert“ auch ausdrücklich tun.

Für Europa zu teuer

Eine ernsthafte Konkurrenz könne das Flüssiggas aus den USA für das russische Gas derzeit aus guten Gründen nicht sein, beruhigt Bogdan Swaritsch, Chef-Analyst bei der Investmentgesellschaft Freedom Finance, den die russische Zeitschrift zitiert. Einer der Gründe ist danach vor allem der Preis: „Das US-Gas ist samt den Transportkosten um 20 Prozent teurer als das russische.“ Ja, Europa wolle seine Gaslieferungen diversifizieren, nur nicht um diesen Preis – „viel zu teuer“, sagt der Experte.

Teures US-Flüssiggas ...
Teures US-Flüssiggas …

Zumal Gazprom seine Tarife noch etwas justieren könne.

Polen und Frankreich sind laut dem Blatt das beste Beispiel dafür. Nachdem Warschau zwei Probelieferungen aus den USA erhalten hatte, erklärte es seine Bereitschaft, das Gas weiterhin zu beziehen – sofern denn der Preis gesenkt werde. Paris hat auf Flüssiggas aus den USA gänzlich verzichtet. „Ich denke, mit den Lieferungen nach Litauen wird es sich genauso verhalten“, prognostiziert der Marktkenner Swaritsch.

25.03.16 Pfeil für TextZudem fehlten bislang die Anlagen und Kapazitäten, um Europa unterbrechungsfrei aus den USA zu versorgen….

Dies sei der zweite Grund, warum US-Gas gegenüber russischem Gas nicht wettbewerbsfähig sei, betont der Analyst. Die meisten Flüssiggasanlagen würden derzeit erst gebaut, vor 2020 stünden die nötigen Kapazitäten nicht bereit. „Bis dahin hat Europa schlicht keine Möglichkeit, russisches Gas zu ersetzen“, so der Analyst.

Dies erklärt auch die Reaktion europäischer Politiker auf die

 "Sanktionspolitik ist weder ein geeignetes noch ein angemessenes Instrument zur Beförderung nationaler Exportinteressen; Sigmar Gabriel Bundesaußenminister, foto guido bergmann
“Sanktionspolitik ist weder ein geeignetes noch ein angemessenes Instrument zur Beförderung nationaler Exportinteressen…”; Sigmar Gabriel Bundesaußenminister, foto guido bergmann

möglichen US-Sanktionen gegen EU-Firmen, die an russischen Pipelineprojekten wie Nord-Stream 2 beteiligt sind. Der Versuch der Amerikaner, den Russen durch Sanktionen das Leben schwer zu machen, hat europäische Interessen berührt – und seine Energiesicherheit, schreibt „Expert“.

25.03.16 Pfeil für Text„Wirtschaft und Politik sind im Kampf um den europäischen Gasmarkt auf komplexe Weise miteinander verflochten“, sagt Mark Goichman, Chef-Analyst beim Vermögensverwalter Tele Trade. Natürlich möchte die EU-Führung „Russlands Dominanz“ auf dem Gasmarkt reduzieren. „Doch stehen zwei Faktoren im Vordergrund: Der tatsächliche Gasbedarf und der Preis. Hier liegt Gazprom bislang klar vorn.“

Allmählich überwindet Europa die Wirtschaftskrise. Dementsprechend steigt auch die Nachfrage nach Brennstoff – um 145 Milliarden Kubikmeter pro Jahr bis 2025 und um 185 Milliarden bis 2035. Solche gewaltigen Mengen können nur Pipelines liefern, Flüssiggastanker sicherlich nicht.

Russland liefert aber auch Flüssiggas in die EU. Da sieht die Lage – zur Veranschaulichung – so aus: Im letzten Jahr wurden 20 Milliarden Kubikmeter Flüssiggas aus Russland in die EU geliefert, 25 Milliarden kamen aus Katar, und 0,5 Milliarden aus den USA. Dabei ist selbst das Flüssiggas aus Russland 23 Prozent günstiger als jenes aus den Vereinigten Staaten. Und es wird noch günstiger, wenn die Verflüssigungsanlagen auf der russischen Halbinsel Jamal und im Hafen von St. Petersburg in Betrieb gehen.

25.03.16 Pfeil für TextDie deutschen Verbraucher jedenfalls wissen das günstige Gas aus Russland offenbar zu schätzen, so die Zeitschrift weiter: Nur sechs Prozent der Deutschen glauben, die EU sollte auf Gasimporte aus Russland zugunsten von US-Flüssiggas verzichten. Dies ergab jüngst eine Umfrage von des größten deutschen Öl- und Gasförderers Wintershall. Die Geldbörse von Ottonormalverbraucher ist nun mal aussagekräftiger als politische Ambitionen.

Gazprom muss etwas tun

Gazpromchef Alexej Miller:  Gazprom muss was tun..!
Gazpromchef Alexej Miller: Gazprom muss was tun..!

Dennoch seien zunehmende Gasimporte aus den USA keineswegs auf die leichte Schulter zu nehmen, mahnt der Analyst Goichman von Tele Trade. Russische Gas- Konzerne müssen flexibler werden“, betont er. Fortsetzung folgt morgen, Freitag  25. August.