Vor allem um Zugriff auf die geplante Gaspipeline Nord-Stream 2 zu erhalten und sie womöglich auch noch zu verhindern, so der Bundesverband  der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) in seiner Veröffentlichung  vom 10. Januar, hat die  Europäische Kommission am 8. November 2017 einen Vorschlag zur Änderung der Gasrichtlinie 2009/73/EG (Drittes Energiebinnenmarktpaket) veröffentlicht. Der BDEW sieht die Vorschläge der Europäischen Kommission äußerst kritisch.  Ziel der Änderungen ist es, die Regelungen der Gasrichtlinie auch auf Pipelines aus und nach Drittstaaten (d. h. Staaten, die nicht Mitglied der Europäischen Union sind) anwendbar zu machen.

Die Kommission geht selbst davon aus, so der BDEW, dass dies in der Praxis Auswirkungen auf alle Pipelines hat, die aus und nach Drittländern in die Europäische Union führen. Der Legislativvorschlag wird seit November im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren vom Europäischen Parlament und Ministerrat beraten, das bereits in der ersten Jahreshälfte 2018 mit äußerster Eile abgeschlossen werden soll.

Der BDEW sieht die Vorschläge der Europäischen Kommission kritisch, „…da sie privatwirtschaftliche Investitionen in die Erdgasversorgung Europas erschweren und die Entscheidung für neue Pipelineprojekte negativ beeinflussen könnten.“ Diese privatwirtschaftlichen Investitionen haben aus Sicht des BDEW  in den vergangenen Jahren maßgeblich dazu beigetragen, dass die Versorgung mit Erdgas noch sicherer geworden ist. Auch innereuropäisch wurde die Erdgas-Infrastruktur u. a. so umgebaut, dass Gas in beide Richtungen fließen kann. Also auch von West nach Ost – dies ist besonders wichtig für einige Länder in Mittel- und Osteuropa und erhöht ebenfalls die Versorgungssicherheit in Europa.

Durch die vorgeschlagene Änderung der Gasrichtlinie sind laut BDEW- Erkenntnis  alle damit verbundenen Rechtsakte (Gasbinnenmarkt-Verordnung, Network Codes, etc.) auf alle bestehenden und zukünftigen Pipelines, die Gas in die EU bringen, anwendbar. Dies bedeute konkret, dass Pipelines aus Russland, Norwegen, Algerien, Lybien, Tunesien und Marokko betroffen seien. Im Falle eines Brexits wären ebenfalls die Pipelines aus dem Vereinigten Königreich betroffen. Der BDEW   hat aus Sorge, die Gasversorgungssicherheit Europas könnte darunter leiden,  in einer umfassenden Stellungnahme 10wesentliche Kritikpunkte herausgearbeitet.

Vor allem schlägt der Verband vor:

Das Europäische Parlament und der Rat der EU wie auch weitere Stakeholder sollten bei grundsätzlichen Änderungen einer wichtigen Rechtsvorschrift angemessen einbezogen werden. Die Richtlinie hat potenziell große Auswirkungen auf die Gas-Versorgungssicherheit der EU.

Vor der Vorlage des Legislativvorschlags hat die Europäische Kommission keine Stakeholder zu den geplanten Änderungen der Gasrichtlinie konsultiert. Es ist ebenfalls nicht bekannt, ob ein Folgenabschätzungsverfahren durchgeführt wurde. „Dies widerspricht direkt der von der Kommission selbst ins Leben gerufenen Initiative zur „Besseren Rechtsetzung“, welche intensive Stakeholder Konsultationen und evidenzbasierte Rechtsetzung als Grundsatz ansieht.