Angesichts der vielen Todesfälle in Europa kann man es eigentlich kaum fassen: Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig muss heute,  22. Februar,  zunächst nur darüber befinden,

Gegen Dieselfahrverbote, die Attraktivität von ÖPNV stärken...; Staatssekretär Heinrich Bottermann
Gegen Dieselfahrverbote, die Attraktivität von ÖPNV stärken…; Staatssekretär Heinrich Bottermann

ob zur Verbesserung der Luftqualität auch Diesel-Fahrverbote möglich sind. Konkret geht es dabei zunächst um die Luftreinhaltepläne von Düsseldorf und Stuttgart.( Lesen Sie dazu auch unseren Bericht: Abgasbetrug: Doch Mord aus Habgier?) “Kernfrage ist, ob Fahrverbote schon jetzt nach dem rechtlichen Instrumentarium gehen”, urteilte zuvor  Remo Klinger, Rechtsanwalt der Deutschen Umwelthilfe (DUH), die zahlreiche Kommunen verklagte und damit den Rechtsstreit bis nach Leipzig trieb.

Gestern, 21. Februar,  erläuterte das NRW-  Umweltministerium für die angeklagte Stadt Düsseldorf in einem Pressehintergrundgespräch mit Staatssekretär   Heinrich Bottermann die Positionen und Möglichkeiten der Landesregierung. Mit dem Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 13. September 2016 zur Klage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) gegen den Luftreinhalteplan Düsseldorf wurde die Bezirksregierung Düsseldorf ja aufgefordert, den Luftreinhalteplan so fortzuschreiben, dass der Stickstoffdioxidgrenzwert schnellstmöglich eingehalten wird.

Dem Luftreinhalteplan Düsseldorf müsse ein Gesamtkonzept zugrunde liegen, forderte das Gericht, das darlegt, mit welchen Maßnahmen die Einhaltung des NO2-Grenzwertes von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft schnellstmöglich erreicht wird. Dabei muss allerdings bedacht werden, so das Umweltministerium, dass es einer gewissen Zeit bedarf, bis die Maßnahmen ihre volle Wirkung entfalten. Im Rahmen der Erstellung eines Gesamtkonzeptes seien aber auch Verkehrsbeschränkungen für Dieselfahrzeuge zu prüfen und – soweit verhältnismäßig – im Luftreinhalteplan festzuschreiben.

Das Urteil des Verwaltungsgerichtes Düsseldorf hat, laut Überlegungen der Landesregierung, natürlich gleich die Frage aufgeworfen, inwieweit bei gegebener Verhältnismäßigkeit schon nach jetziger

...Gegen Dieselfahrverbote ... und dann...?
…Gegen Dieselfahrverbote … und dann…?

Rechtslage ein Dieselfahrverbot verhängt beziehungsweise angeordnet werden kann. Es ist klar: Diese Frage hat über den Luftreinhalteplan Düsseldorf hinaus weitergehende, grundlegende Bedeutung. Aus diesem Grund hat die Landesregierung eine höchstrichterliche Klärung angestrebt und, mit Zustimmung der Klägerin (Deutsche Umwelthilfe), Rechtsmittel beim Bundesverwaltungsgericht gegen das Urteil eingelegt. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hatte diese Sprungrevision ausdrücklich zugelassen.

Gründe für die Revision

Fest steht: Das Verwaltungsgericht Düsseldorf ist der Auffassung, dass Dieselfahrverbote in den Bundesländern nach dem geltenden Recht schon jetzt möglich sind. Dagegen ist die Landesregierung der Auffassung diese Möglichkeit bestehe aufgrund fehlender gesetzlicher Regelungen nicht. Nach den derzeit bestehenden bundeseinheitlichen Regelungen (auf Basis Bundes-Immissionsschutzgesetz) könne nur Fahrzeugen ohne grüne Plakette die Zufahrt in die Umweltzonen untersagt werden.

Um Dieselfahrzeugen, mit Ausnahme der neuesten Schadstoffklasse 6, die Zufahrt zu untersagen, würde es einer neuen Regelung bedürfen, die nach Auffassung der Landesregierung nur durch die Bundesregierung erfolgen kann. Daher wurde die Sprungrevision eingelegt, erläuterte  Heinrich Bottermann die Position der landesregierung.

Die Frage, die das Bundesverwaltungsgericht nun heute zu entscheiden hat, lautet: Gibt es eine Rechtsgrundlage, die es erlaubt, für Fahrzeuge mit einer bestimmten Antriebstechnik ein Fahrverbot zu verhängen? Das Bundesverwaltungsgericht wird demnach nicht, wie oft fälschlicherweise angenommen, dazu urteilen, ob Fahrverbote in Düsseldorf oder in anderen betroffenen Kommunen einzuführen sind. Es wird sich im Falle eines Urteils – lediglich – dazu äußern, ob nach geltendem Recht Dieselfahrverbote überhaupt angeordnet werden können.

Ob und inwieweit Dieselfahrverbote zur Verbesserung der Luftqualität und zur Einhaltung der gesetzlichen Grenzwerte erforderlich und verhältnismäßig sind, obliegt ungeachtet des Ausgangs des Verfahrens weiterhin der Prüfung und Entscheidung der zuständigen Bezirksregierung.

Dieselfahrverbote als weitere Maßnahme für Luftreinhaltepläne?

Wenn das Bundesverwaltungsgericht die Rechtsauffassung der Landesregierung bestätigt, besteht vorerst keine rechtliche Möglichkeit, Dieselfahrverbote anzuordnen. Hält das Bundesverwaltungsgericht die Anordnung von Dieselfahrverboten nach geltendem Recht für möglich, müsste die Bezirksregierung Düsseldorf im Rahmen der Fortschreibung des Luftreinhalteplans Düsseldorf auch Dieselfahrverbote prüfen, falls der Grenzwert kurzfristig nicht mit anderen Maßnahmen erreicht werden kann. Es gibt aber, nach Ansicht der Landesregierung, keinen Automatismus, dass damit Dieselfahrverbote auch erfolgen. Bei der Entscheidung, welche Maßnahmen letztlich ergriffen werden sollen, hat die Bezirksregierung den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren.

Armin Laschet Vorreiter und Umpulsgeber in Sachen E-Mobilität, mit Strom aus Kohle ... ...; Karik. U u. E
Armin Laschet Vorreiter und Umpulsgeber in Sachen E-Mobilität, mit Strom aus Kohle … …; Karik. U u. E

Kann das Urteil noch mal angefochten werden?

Soweit das Bundesverwaltungsgericht in der Sache entscheidet, kann dieses Urteil nicht angefochten werden.

Stehen noch weitere Urteile aus?

Die DUH hat in NRW auch gegen die Luftreinhaltepläne Köln, Bonn, Gelsenkirchen, Essen und Aachen geklagt, diese Verfahren sind derzeit in Hinblick auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ausgesetzt. Zudem hat die DUH weitere Klagen gegen zahlreiche Luftreinhaltepläne in deutschen Städten, unter anderem in NRW, angedroht.

Ziel der Landesregierung

Ziel der Landesregierung ist es, den Ausstoß von Stickoxiden und die damit verbundene gesundheitsgefährdende Belastung mit geeigneten Maßnahmen so schnell und so weit wie möglich zu reduzieren, um die Luftqualitätsgrenzwerte flächendeckend einzuhalten. Was das im Einzelnen sein kann, wurde bei dem Hintergrundgespräch nicht deutlich.

Die Landesregierung lehnt aber Dieselfahrverbote ab und strebt an, das Ziel der Einhaltung der gesetzlichen Grenzwerte durch geeignete andere Maßnahmen zu erreichen. Dazu gilt es, alle Maßnahmen und Potenziale auszuschöpfen, die einen geringeren Eingriff in die Rechte von Bürgerinnen und Bürger und Wirtschaftsunternehmen bedeuten als Fahrverbote für Dieselfahrzeuge.

Die Landesregierung unterstützt die Bezirksregierungen und Kommunen bei der Umsetzung und Fortschreibung der jeweiligen Luftreinhaltepläne. Potenzielle Maßnahmen in den Luftreinhalteplänen sind unter anderem:

 die Nachrüstung und vorgezogene Modernisierung der Busse

 die Erhöhung der Attraktivität des ÖPNV (hier ist nicht erwähnt worden, ob es um kostenlosen ÖPNV gehen kann

 Verkehrs-, Parkraum- und Mobilitätsmanagement

 der Ausbau von Radwegen und Radschnellwegen

 die Förderung von Elektromobilität und alternativer Kraftstoffe.