Die Attacke von Manfred Weber (CSU), EVP-Spitzenkandidat  für die Europawahl am 26. Mai, gegen die russische Erdgaspipeline Nord-Stream 2  hat auch bei der Regierungspressekonferenz am Mittwoch, 24. April, für großen Fragebedarf bei den Journalistenkollegen gesorgt.

...Heftigers Frage- und Antwortfeuerr...Weber (EVP)Thema in der Regierungspressekonferenz, bild Henning Schacht
…Heftigers Frage- und Antwortfeuer…Manfred Weber (EVP) Thema in der Regierungspressekonferenz, bild Henning Schacht

Ein Kollege wollte gleich zum Start der Pressekonferenz von der stellvertretenden Regierungssprecherin  Ulrike Demmer wissen:  „… nachdem sich Herr Weber gestern noch einmal – diesmal sehr, sehr deutlich – gegen Nord Stream 2 geäußert und sogar angekündigt hat, er wolle, falls er Kommissionspräsident werde, das Projekt zu verhindern versuchen, wüsste ich gerne, wie die Bundesregierung und die Kanzlerin auf diese Ankündigung reagieren, ob es in der Sache Gespräche gegeben hat. …bisher hatte ich den Eindruck, dass die Kanzlerin mit allerlei Wenns und Abers hinter diesem Projekt steht.“

Die Staatssekretärin und Stellvertretende Regierungssprecherin Demmer reagierte prompt: „Die Position der Bundesregierung zu Nord Stream 2 hat sich nicht verändert. Die Bundesregierung hat immer wieder darauf hingewiesen, dass Nord Stream 2 in erster Linie ein Projekt der Wirtschaft ist. Dass das Projekt auch eine politische Dimension hat, haben wir hier ja schon ausführlich besprochen.“

Der Journalistenkollege setzte gleich nach: „Das heißt, es bleibt bei einer grundsätzlich zustimmenden Haltung der Bundesregierung und der Bundeskanzlerin zu diesem Pipeline-Projekt?

Demmer bestätigte: Genau. Man kann sagen, dass der gefundene Kompromiss zur Gasrichtlinie ja ein Beleg dafür ist, dass Europa in der Lage ist, auch bei kontrovers diskutierten Themen zusammenzufinden. Daran hat bestimmt auch die neue EU-Kommission ein Interesse.

daran hat bestimmt auch die EU ein Interesse ...; Ulrike Demmer, bild steffen kugler
…daran hat bestimmt auch die EU ein Interesse …; Ulrike Demmer, bild steffen kugler

Die Journalistenkollegen bohrten weiter nach und wollten von Ulrike Demmer oder „gegebenenfalls Frau Einhorn“, Frau Annika Einhorn ist Sprecherin von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier,  wissen:  “… Herr Weber meint ja, dass Nord Stream 2 nicht im Interesse der EU sei. Da sind Sie wahrscheinlich anderer Meinung. Können Sie uns einmal begründen, erklären, warum Nord Stream 2 im Interesse der EU ist?”

Annika Einhorn übernahm die Antwort: „Erst einmal …kann ich mich anschließen: Nord Stream 2 ist ein unternehmerisches Projekt. Das heißt aber trotzdem, dass natürlich auch nationale und europäische Interessen berücksichtigt werden müssen, auch die berechtigten Interessen der Ukraine.“

Und dann erklärte sie bezogen auf die EU-Intereressen: „ Wir halten es für wichtig, dass der Gasbedarf der Europäischen Union und auch Deutschlands weiterhin gedeckt ist; und dieser wird in den kommenden Jahren steigen, unter anderem weil Deutschland aus der Atomkraft und aus der Kohleverstromung austreten wird. Der Gasbedarf wird also steigen, und es ist absehbar, dass wir in der Europäischen Union mehr Gas benötigen. Deshalb ist es von Interesse für Deutschland wie auch für Europa, dass wir diesen Gasbedarf decken – über verschiedene Wege, die wir gerade eruieren. Stichwort: LNG-Terminal – auch das ist eine Möglichkeit, den Gasbedarf zukünftig zu decken.“

Ein Journalistenkollege wollte dann von Ulrike  Demmer wissen: , Herr Weber sagte ja, er werde alle rechtlichen Mittel ausschöpfen, um das Projekt zu stoppen… . Ist es die Einschätzung der Bundesregierung, dass das Projekt Nord Stream 2, dessen Bau ja schon sehr fortgeschritten ist, mit rechtlichen Mitteln noch gestoppt werden kann?“

Die stellvertretende Regierungssprecherin  antwortete: „Das ist jetzt der Blick in die Glaskugel….!“

Der Gasbedarf wird also steigen....! Regierungspressekonferenz, bild Henning Schacht
Der Gasbedarf wird also steigen….! Regierungspressekonferenz, bild Henning Schacht

Der Journalistenkollege setzte gleich nach: „Das ist ja kein Blick in die Glaskugel. Sie sagen im Umkehrschluss, Sie können nicht sicher sagen, dass dieses Projekt nicht mehr gestoppt werden kann;…!“

Fragen und Antworten folgten in schneller Reihenfolge, ohne dass eine klar Position seitens der Regierungssprecher bezogen wurde, zum Beispiel dergestelt: Nein, das Projekt kann rechtlich nicht mehr gestoppt werden.!!!

Dann folgte noch eine zentrale, wirklich ins Zentrum treffende Frage: „Frau Demmer,“ wollte ein Kollege wissen, „ war denn die deutlich artikulierte Position von Herrn Weber mit der Kanzlerin abgestimmt?“ Und  weiter wurde gleich nachgefragt: „

Unterstützt die Kanzlerin weiter seine Kandidatur? Wenn er Kommissionspräsident würde, hieße das ja, dass eines ihrer wichtigsten Projekte möglicherweise scheitert. Unterstützt sie auch weiterhin seine Kandidatur?“

Ulrike  Demmer erklärte daraufhin: „Wie gesagt: Herr Weber hat diese Äußerung – das habe ich jetzt hier schon mehrfach gesagt – als Spitzenkandidat getätigt. ( Und das wollte sie nicht kommentieren, d. Red.) Das ändert aber nichts daran, dass eine grundsätzliche Haltung der Bundesregierung zu Nord Stream 2 bestehen bleibt.“ Und sie wiederholte: „ Darüber hinaus kann ich hier in der Regierungspressekonferenz ja den Wahlkampf nicht kommentieren.“

Der Journalistenkollege pochte darauf: „ Wenn ein möglicher Kommissionspräsident eine Position vertritt, die der der Kanzlerin wirklich total entgegensteht, ist das ja schon mehr als einfach nur Wahlkampf.“

In der Folge ging es zu dieser Frage heftig hin und her: Ulrike Demmer verweigerte sich: „Ich kann und werde von dieser Stelle aus keine parteipolitischen Äußerungen kommentieren.“

Der Journalistenkollege verwies darauf, dass : der  Kommissionspräsidenten in spe, der es gerne werden möchte, der zur selben Parteienfamilie gehört wie die Kanzlerin, die die Bundesregierung leitet, in puncto Nord-Stream 2 nicht dieselbe Position wie die Bundesregierung oder konkret die Kanzlerin  Konkret will er dann wissen: „ Hat die Kanzlerin sich mit Herrn Weber aufgrund der objektiv gegebenen politischen Nähe im Vorfeld seiner Äußerung über diese Frage auseinandergesetzt?“

Ulrike Demmer versteifte sich darauf: „Das hier ist die Regierungspressekonferenz. Ich kann Ihnen hier über parteipolitische Verhandlungen keine Auskunft geben.“

Die Journalisten setzten heftig nach. Einer will gleich wissen: „Deswegen frage ich, ob die Bundeskanzlerin sich mit dem Kandidaten für den EU-Kommissionsvorsitz über diese massiven Positionsunterschiede vorab auseinandergesetzt hat. Das ist eine Frage zum Agieren der Bundeskanzlerin.“

Demmer darauf: „Ich kann Ihnen hier zur Haltung der Bundesregierung Auskunft geben. Das habe ich jetzt, glaube ich, erschöpfend getan. Dazu wird darüber hinaus jetzt von mir nichts zu hören sein.“

Gleich hagelt es Zusatzfragen: „Sie wollen uns nicht sagen, ob Frau Merkel als Kanzlerin mit Herrn Weber im Vorfeld dieses Interviews gesprochen hat?“

Demmer: „Wie gesagt: Ich kommentiere parteipolitische Äußerungen hier nicht.

... der Gasbedarf wird in den kommenden jahren steigen...; Annika Einhorn, Bild bmwi
… der Gasbedarf wird in den kommenden Jahren steigen…; Annika Einhorn, Bild bmwi

Ein Journalistenkollege: „Jetzt kommt bei mir angesichts Ihrer Antwort die Frage auf: Wieso ist das eine parteipolitische Äußerung? Denn er hat als jemand gesprochen, der antritt, Kommissionspräsident zu werden, und es besteht mindestens die Chance, dass das passiert. Die andere Person ist die Bundeskanzlerin. Parteipolitik erkenne ich darin nicht.

Das Zweite ist die für mich bisher nicht beantwortete Frage nach den grundsätzlichen rechtlichen Möglichkeiten – vielleicht einmal an das Justizministerium oder das Auswärtige Amt gerichtet: Gibt es nach aktuellem Stand eine rechtliche Einschätzung, dass Nord Stream 2 noch verhindert werden kann? Wenn ja: Wie?

SRS’in Demmer: Nur ganz kurz: Manfred Weber hat sich als EVP-Spitzenkandidat geäußert.

Malachowski: Tut mir leid, ich kann Ihnen da nicht weiterhelfen. Mir ist nicht bekannt, dass unser Ministerium damit befasst wäre….“ ( Wir berichten wegen des wichtigen und großen Themas  Donnerstag 02. Mai, weiter.) Lesen Sie dazu auch unseren heutigen Bericht:Webers Töne sind wenig hilfreich …”