Europa mangelt es massiv an Gas – knapp 300 Mrd. Kubikmeter Gas pro Jahr können in der Zukunft fehlen, warnte Uniper-Chef Andreas Schierenbeck, berichtete die von Moskau gesteuerte Nachrichten-Agentur Sputnik-news.  Darauf hin hatten wir , Umwelt und Energie-Report, am Mittwoch, 16. Oktober gleich berichtet.  Der  Uniper-Chef hatte, laut Sputnik auch behauptet selbst die Nord-Stream 2-Pipeline könne die wachsende Gas- Nachfrage in Europa nicht abdecken. Wir wollten Näheres von Schierenbeck zu seinen Aussagen wissen und baten um ein Interview. Da der neue Uniper-Chef erst 100 Tage im Amt ist und sich bereits etliche andere Medien vor uns mit Interview-Anliegen zu anderen Themen gemeldet hatte, wurden unsere Fragen von einem Uniper-Sprecher beantwortet.

"...knapp 300 Mrd. Kubikmeter Gas pro Jahr können in der Zukunft fehlen, warnte Uniper-Chef Andreas Schierenbeck ... ; Andreas Schierenbeck
“…knapp 300 Mrd. Kubikmeter Gas pro Jahr können in der Zukunft fehlen…”, warnte Uniper-Chef Andreas Schierenbeck … ; Andreas Schierenbeck

Frage: Dekarbonisierung heißt eines der zentralen  Leitziele im Pariser Klimaabkommen von 2015, womit  ein deutliches  Signal für den Abschied von Kohle, Öl und Gas bis Mitte des Jahrhunderts gesetzt wurde. Und Sie warnen jetzt:  Knapp 300 Mrd. Kubikmeter Gas pro Jahr könnten in der Zukunft in Europa fehlen. Ist das im Rahmen der Energiewende nicht ein Fingerzeig in die falsche Richtung?

Antwort Uniper: Wir wollen als Unternehmen ein „Möglichmacher der Energiewende“ sein. Denn für einen Industriestandort wie Deutschland kann es keine Option sein, die Stromversorgung vom Wetter oder von Lieferungen aus dem Ausland – darunter eben auch wieder Kohlestrom und Atomstrom- abhängig zu machen. Uniper arbeitet aber heute schon mit Wasserkraftwerken, hochmodernen Gasanlagen und spannenden Projekten im Bereich Gasspeicherung, Power-to-Gas und Wasserstoff an der Zukunft der Energieversorgung jenseits von Kohle. Uniper unterstützt die neuen, CO2-freien Energieträger und möchte sie marktfähig und verlässlich machen – durch Speicherung, Elektrolyse oder die Umwandlung von Erdgas in Grüngas, das wiederum verstromt werden kann.

Wir werden in den kommenden Jahren viele Optionen brauchen, um die Versorgungslücke beim Gas zu decken. Daher halten wir es für sinnvoll, den Zugang von Gas nach Europa möglichst auf viele Säulen zu stellen. Eine davon ist Pipelinegas aus Russland oder dem Mittleren Osten, eine andere ist LNG aus verschiedenen Gegenden der Welt, darunter Katar, USA, Kanada und anderen. Nur durch vielfältige Optionen können wir sicherstellen, dass es auch einen Wettbewerb zwischen den Anbietern gibt.

Frage: Uniper ist Finanzinvestor und Anteilseigner bei der in Europa heftig umstrittenen Gaspipeline aus Russland: Nord-Stream 2.  Sie berichten nun:  Selbst die  Gasmenge, die  von Nord-Stream 2  geliefert werden kann, würde den künftig  fehlenden Bedarf Europas nicht decken. Der russische

"Ob künftig wieder Gas im Rahmen eines neuen Transitabkommens über die Ukraine fließt,..", hängt von Verhandlungen zwischenMoskau und Kiew ab,hier der russische  Präsident Putin  .
“Ob künftig wieder Gas im Rahmen eines neuen Transitabkommens über die Ukraine fließt,..”, hängt von Verhandlungen zwischen Moskau und Kiew ab,hier der russische Präsident Putin, beim Telefonat mit Poroschenko? .

Gasgigant Gazprom  steht hinter dem neuen Pipeline-Projekt und bietet auch an Nord-Stream 3 zu bauen. Wollen Sie so auch einen Teil der aus Ihrer Sicht fehlenden Gasmenge von knapp 300 Mrd Kubikmeter decken?

Antwort: Uniper ist als Finanz-Partner an einem Zustandekommen von Nordstream 2 interessiert, aber hält diese Pipeline auch unter den genannten Aspekten der Versorgungssicherheit für Deutschland und Europa für enorm wichtig. Es wäre unklug, wenn sich Europa diesen Zugang zu russischen Gasquellen selbst verschließen würde. Von einer weiteren Pipeline ist in diesem Zusammenhang keine Rede.

 Frage: Wäre es denn wirklich im Sinne  deutscher Klimaziele sich mit dem ebenfalls aus Umweltgründen heftig angefeindeten amerikanischem Frackinggas einzudecken? Das muss dazu noch verflüssigt und wieder in den Gaszustand versetzt werden und wird somit sicher auch noch teurer als das konventionelle Erdgas?

Antwort: LNG ist als Energieträger in der Energiewirtschaft aber auch in der Mobilität ein klarer Fortschritt gegenüber der Verwendung von Öl oder Kohle. Die Vorteile von LNG sind insbesondere die niedrigen Emissionen. Dies betrifft Feinstaub, Stickoxide sowie auch CO2 und nicht zuletzt Lärm. Die Werte von Feinstaub und NOx bleiben deutlich unter der Euro-Norm VI im Straßenverkehr. Feinstaubemissionen sind beim LNG-Antrieb nicht erwähnenswert. Die „leise“ LNG-Motoren­technologie erleichtert Anlieferungen außerhalb der Normzeiten.

Hinzu kommt, dass LNG aus vielen Regionen der Welt bezogen werden kann und somit weniger krisenanfällig ist.

Frage: Reden wir nicht über die fernere – aus Ihrer Sicht  – unsichere Gas-Zukunft Europas. Probleme könnten in der Tat bei der gegenwärtigen Gasversorgung Europas auftreten, wenn die Gastransitverhandlungen mit der Ukraine bis zum Jahresende nicht erfolgreich abgeschlossen werden könnten. Der Gastransitvertrag endet dieses Jahr. Bis jetzt ist auch nicht sicher, dass bis zu diesem Zeitpunkt die Gaspipeline Nord-Stream 2, sie führt von Russland direkt nach Deutschland, fertiggestellt ist. Von wo kommt dann das fehlende Gas?

Antwort: Die Frage ist berechtigt und zeigt, dass sich Europa beim Gasbezug möglichst viele Optionen offenhalten und nutzen sollte. Momentan ist die Situation aufgrund der gut gefüllten Gasspeicher in Nordwest-Europa recht entspannt, aber dies kann sich bei einem langen und kalten Winder schon bald ändern. Ob künftig wieder Gas im Rahmen eines neuen Transitabkommens über die Ukraine fließt,

Die neue EU-Chefin muss Druck auf Dänemark ausüben ...; forderte der russische Außenminister Sergej Lawrow,l. hier mit  Außenminister Heiko Maas beim Petersburger Dialog in Bonn Bild Umwelt- und Energie-Report (U + E)
Die neue EU-Chefin muss Druck auf Dänemark ausüben …; forderte der russische Außenminister Sergej Lawrow,l. hier mit Außenminister Heiko Maas beim Petersburger Dialog in Bonn Bild Umwelt- und Energie-Report (U + E)

entzieht sich unserer Kenntnis. Wir möchten den politischen Willen zu einer solchen Lösung auch nicht in Abrede stellen oder bewerten. Tatsache ist aber, dass Nordstream 2 als direkter Pipelinezugang nach Europa durch die Ostsee wenig Projektionsfläche für politische Konflikte und damit für wirtschaftliche oder Versorgungs-Risiken bietet und damit sehr berechenbar ist.

Letzte Frage: Dänemark hat der Verlegung der Gaspipeline Nord- Stream 2 durch seine Hoheitsgewässer bisher immer noch nicht zugestimmt und ist damit verantwortlich für die Bauverzögerung. Die Nord-Stream 2 AG will, wenn es nicht anders geht, die dänischen Hoheitsgewässer umgehen. Das führt zu erheblichen Mehrkosten . Es werden Hunderte von Millionen genannt. Wer zahlt, der Verbraucher letztendlich?

Antwort: Den Zeitplan der Fertigstellung kennt das Projekt Nordstream 2 selbst am besten. Wir gehen nicht von einer längeren Verzögerung aus. Was die Kosten betrifft, so hat die Beratungsgesellschaft Arthur D. Little kürzlich veröffentlicht (21.5.19: “Nord Stream 2 economic impact in the construction phase”), dass sie von einem wirtschaftlichen Vorteil für die Europäische Union durch die neue Pipeline von 9,9 Mrd Euro und über 50.000 neuen Stellen während der Konstruktionsphase und in den fünf Jahren danach ausgeht. Da die Gasversorger im starken Wettbewerb stehen, ist eine Weitergabe von Mehrkosten eher spekulativ.