In der Regierungspressekonferenz in Berlin wurde heftig darüber debattiert und gefragt ob Klimaaktivisten wie die Fridays-for-Future-Vertreterin Luisa Neubauer sowie Organisationen wie die Deutsche Umwelthilfe, Greenpeace, Germanwatch und der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) jetzt mit Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht  gegen  das im Herbst 2019 von Bundesregierung und Bundestag verabschiedete Klimaschutzgesetz mehr Klimaschutz erreichen können. Sie argumentieren das Gesetz sei   unzureichend und verletze das Grundgesetz.

"Gibt es einen Plan B im Umweltministerium..."? Svenja Schulze
“Gibt es einen Plan B im Umweltministerium…”? Svenja Schulze

In Karlsruhe seien bislang drei Verfassungsbeschwerden eingereicht worden, teilten mehrere Rechtsanwälte der klagenden Parteien am vergangenen Mittwoch, 15. Januar, in Berlin mit. Ob die Klagen angenommen werden, ist noch unklar. Dennoch wurden sie gleich zum wichtigen Thema während der zwei Tage später stattfindenden Regierungspressekonferenz in Berlin.

Ein Journalistenkollege bohrte mit seiner ersten Frage gleich tief in die Wunde: „Frage: Es gibt ja Kritik der Umweltverbände. Vor zwei Tagen wurde angekündigt, dass drei Verfassungsklagen gegen die Bundesregierung erhoben werden, um sie zu zwingen, intensiver, besser, anders und nachhaltiger damit umzugehen. Gibt es einen Plan B im Umweltministerium dazu, wie damit umgegangen wird, sollten diese Klagen Erfolg haben?

Der Sprecher von Umweltministerin Svenja Schulze , Nikolai Fichtner, versuchte abzuwiegeln: Sie sprechen jetzt Verfassungsbeschwerden an. Die …“ Fichtner konnte nicht mal zu Ende sprechen, da folgte schon gleich  ein Zwischenruf: „Ja, aber die betreffen ja auch den Kohleausstieg und betreffen ganz allgemein das Klimapaket und die Klimaziele der Bundesregierung…!“

Fichtner bestätigte dann auch zur all: „Genau. Das ist auch nicht die erste Verfassungsbeschwerde dieser Art. Es gab parallel auch dieses verwaltungsgerichtliche Verfahren, das jetzt in erster Instanz nicht erfolgreich war.

Was das Bundesverfassungsgericht angeht, so ist es natürlich das gute Recht von allen, sich an das Bundesverfassungsgericht zu wenden. Wir warten jetzt ab, ob wir zu einer Stellungnahme aufgefordert

 Haben Sie also keine Katastrophenpläne,...; regierungspressekonferenz
Haben Sie also keine Katastrophenpläne,…; regierungspressekonferenz

werden. Am Ende wird das Gericht entscheiden, ob das eine zulässige Klage ist. Es wird auch in der Sache entscheiden. Aber das hat jetzt erst einmal keine Auswirkungen auf das, was wir hier gerade politisch besprechen.

Die Antwort von Fichtner stellt nicht zufrieden. Gleich hagelt es eine weitere Zusatzfrage: „ Haben Sie also keine Katastrophenpläne, keinen Plan B in der Hand? Was machen Sie also, wenn das tatsächlich Erfolg haben wird?

Fichtner: Wir haben einen – – –

Weitere Zusatzfrage. Es wird ganz lebendig im Pressesaal: „Werden dann beispielsweise, wie der Kollege fragte, solche neuen Tagebaue eben nicht aufgemacht oder Dörfer nicht abgebaggert?

Fichtner dazu: „Das, wonach Sie da fragen, ist jetzt sehr, sehr hypothetisch. Wir haben ein Klimaschutzgesetz in der Hand, das uns klare Ziele dafür setzt, wie viel in jedem Jahr erreicht werden muss, damit wir die in Paris gemachten Zusagen einhalten. Darin ist auch ein klarer Nachsteuerungsmechanismus enthalten. Das kennen Sie ja; ansonsten empfehle ich das zur Lektüre. Insofern sehe ich keine Notwendigkeit für irgendwelche hypothetischen Rückfallpläne.

Die nächste Frage zielt ins Detail: „Herr Fichtner, weil Sie gerade von Schritten und dem schrittweisen Ausstieg geredet haben, frage ich: Warum gibt es dann keine Ausstiegsschritte zwischen den Jahren 2022 und 2025? In diesen drei Jahren soll laut Plan kein Kohlekraftwerk abgeschaltet werden. Wie kommt das?“

Fichtner: „Das hat zum einen energiewirtschaftliche Gründe. Ende 2022 werden drei große Atomkraftwerke vom Netz gehen. Dazu kann das Wirtschaftsministerium vielleicht gleich noch etwas ausführen. Ansonsten ist das einfach der Kompromiss, der mit den Ländern gefunden wurde.“

Die Sprecherin von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier, Anna Sophie Eichler, hilft: „Das ist der eine Punkt, also der Ausstieg der Kernkraft, der im Jahr 2022 realisiert wird.

Zum anderen ist es so, dass es nicht nur diesen Stilllegungspfad für die Braunkohle gibt. Es gibt daneben auch noch die Steinkohle, und wir haben dafür den Ausstieg gemäß den Empfehlungen vorgesehen, der von der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ vorgegeben wurde. Daneben setzen wir darauf, dass es marktgetriebene Stilllegungen geben wird. Außerdem gibt es im KWK-Gesetz ja noch den sogenannten Kohleersatzbonus, mit dem für KWK-Anlagen ein Anreiz gesetzt wird, auf Erdgas umzurüsten. Das heißt, wir rechnen damit, dass noch mehr Kraftwerke abgeschaltet werden.“

Fichtner ergänzt und haut in die von Eichler geschnitzte Kerbe: „Das ist ein guter Punkt. Tatsächlich werden wir natürlich in diesen Jahren 2022, 2023 und 2024 Kraftwerksabschaltungen im Steinkohlebereich sehen.

Die Journalistenkollegen lassen aber nicht locker und stellen weitere Zusatzfragen: „Aber sie erkennen an, dass das, was jetzt geplant ist, entgegen der Empfehlungen der Kohlekommission ist? Die hat ja genau in diesem Zeitraum Abschaltungen angemahnt.“

Fichtner: Die Kohlekommission hat gesagt: Wir brauchen Abschaltungen bis 2022. Der Punkt wurde definiert. Der Punkt 2030 wurde definiert sowie der Punkt 2025 oder 2038. Dazwischen gab es die Aussage: möglichst stetig. Dabei stellen sich unterschiedliche Menschen unterschiedliche Verläufe vor.“

Und weiter erklärt er: „ Ich bin von den Kollegen darauf hingewiesen worden, dass es zur Rolle des Bundes bei der Tagebausanierung noch einen Sonderaspekt gibt, und zwar die ehemalige DDR-Tagebaue. Die hat die BRD geerbt, und deswegen unterstützt der Bund die Länder in diesen Fällen bei der Rekultivierung. Das wird über Verwaltungsvereinbarungen geregelt. Das hat aber nichts mit dem von gestern zu tun, außer dass mit früheren Abschaltungen auch früher rekultiviert werden muss.“