Stellvertretend für ein Bündnis aus Anti-Atom-Initiativen und -Organisationen haben mehrere Personen Widerspruch gegen die Exportgenehmigung für Brennelemente von der Atomfabrik in Lingen/Emsland zu den belgischen Atomreaktoren Doel 1 und 2 eingelegt. Ziel ist es, so der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) am Montag, 20. April in einer Erklärung dazu, diese und weitere Brennstoff-Exporte an grenznahe Atomkraftwerke zu verhindern.

...weitere juristische Schritte , falls das Bundesumweltministerium dem Widerspruch nicht stattgibt..; Svenja Schulze, bild steffen kugler bundesrg.
…weitere juristische Schritte , falls das Bundesumweltmini-sterium dem Widerspruch nicht stattgibt..; Svenja Schulze, bild steffen kugler bundesrg.

Das Bündnis schließt demnach hierzu weitere juristische Schritte bis hin zu einer Klage nicht aus. Sowohl der Europäische Gerichtshof (EuGH) als auch das belgische Verfassungsgericht hatten den Betrieb der beiden Uralt-Reaktoren in Doel für grundsätzlich illegal erklärt, betont auch der BBU.  Die deutsche Export-Genehmigung sei Mitte März vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) trotzdem erteilt worden- sogar mit Zustimmung des Bundesumweltministe-riums.

Bereits im Juli 2019 hatte der EuGH die getroffene Laufzeitverlängerung von Doel 1 und Doel 2 wegen der fehlenden länderübergreifenden Umweltverträglichkeitsprüfung als nicht rechtens beurteilt. Anfang März bestätigte das belgische Verfassungsgericht in seinem Urteil einerseits, dass der Weiterbetrieb der beiden 45 Jahre alten Reaktoren unrechtmäßig ist – andererseits dürften sie aber bis Ende 2022 wegen befürchteter Versorgungsengpässe weiterlaufen.

Hilde Debey vom Aachener Aktionsbündnis gegen Atomenergie kann diesen Vorgang nicht nachvollziehen. „Da der Betrieb von Doel 1 und 2 per Gerichtsbeschluss illegal ist, müssten die Meiler doch sofort abgeschaltet werden. Zur Versorgungssicherheit können sie nicht beitragen. Dafür sind sie mit einer Ausfallrate von etwa 50 Prozent viel zu unzuverlässig.“

Trotz der beiden Gerichtsurteile erteilte das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) zusammen mit dem weisungsbefugten Bundesumweltministerium, also dem haus von Ministerin Svenja Schulze,  im März dieses Jahres erneut die Ausfuhrgenehmigung für Brennelemente, die zum

Demonstration in Lingen am 19.1.2019 anläßlich des 40. Jahrestages der Inbetriebnahme der Brennelementefabrik in Lingen
Demonstration in Lingen am 19.1.2019 anläßlich des 40. Jahrestages der Inbetriebnahme der Brennelementefabrik in Lingen

Weiterbetrieb genau dieser illegalen Reaktoren unbedingt nötig sind. „Damit ist Ministerin Schulze für die Verlängerung des steigenden Risikos aus Doel maßgeblich verantwortlich – genauso wie die Lingener Brennelementefabrik, deren Schließung wir seit Jahren fordern,“ betont Alexander Vent vom Bündnis AgiEL aus Lingen. „Bei einem Super-GAU in Belgien wären wegen der Windhauptrichtung West Regionen wie Nordrhein-Westfalen und Teile von Niedersachsen betroffen – auch Lingen.“

Sechs Privatpersonen aus Aachen, Lingen, Raum Bonn und dem Münsterland haben nun Widerspruch gegen die Exportgenehmigung eingelegt. Sie erwirken dadurch einen Aufschub der Lieferungen bis zur juristischen Klärung. Sie werden dabei politisch von Anti-Atomkraft-Gruppen aus NRW und Niedersachsen sowie von Umweltorganisationen unterstützt.

Die Beschwerdeführenden werden weitere juristische Schritte gehen, falls das Bundesumweltministerium dem Widerspruch nicht stattgibt.

Hierzu Walter Schumacher vom grenzübergreifenden Bündnis Stop Tihange: „Wir wissen, dass solche juristischen Maßnahmen viel Geld kosten können. Aber wir werden die Kraft dafür haben, weil es sicher viele Menschen gibt, die uns mit vielen – auch kleinen – Spenden unterstützen werden!“

Die Beschwerdeführenden werden von der Berliner Rechtsanwältin Cornelia Ziehm vertreten, die klarstellt:  “Das Atomgesetz bezweckt, Leben, Gesundheit und Sachgüter umfassend vor den Gefahren der Kernenergie zu schützen. Die Kriterien, nach denen der Export von nuklearen Brennstoffen ins Ausland genehmigt werden darf, sind deshalb genau festgelegt. Es muss nachweislich gewährleistet sein, dass die genannten Schutzgüter durch die beabsichtigte Verwendung des „Exportguts“ nicht gefährdet werden. Dieser Nachweis kann für die alten Reaktoren des Atomkraftwerks Doel nicht erbracht werden. Zum einen ergibt sich das aus der Auffassung des BMU als für die nukleare Sicherheit zuständiger oberster Behörde; zum anderen ist sogar höchstrichterlich die Rechtswidrigkeit des Betriebs von Doel 1 und 2 gerade wegen fehlender Prüfung der möglichen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt festgestellt worden. Die Ausfuhrgenehmigung nach Doel hätte nicht erteilt werden dürfen.”