(null zwei, August, zwanzig) Die erneuten Sanktionen und Sanktionsandrohungen gegen das russische Gaspipeline-Projekt Nord-Stream 2 standen auch bei der Regierungspressekonferenz in Berlin am vergangenen Montag, 27. Juli, im Fokus des Frage- und Antwortspiels zwischen Journalisten und den Sprechern der Bundesressorts. Die Pipeline führt  von Russland direkt nach Deutschland und wurde kurz vor der Vollendung bereits durch US-Aktionen gestoppt.

"... Die Bundesregierung hat auch immer wieder deutlich gemacht, dass sie derartige unilaterale, gegen deutsche und europäische Unternehmen gerichtete extraterritoriale Sanktionen.t....; Ulrike Demmer, bild sandra steins
“… Die Bundesregierung hat auch immer wieder deutlich gemacht, dass sie derartige unilaterale, gegen deutsche und europäische Unternehmen gerichtete extraterritoriale Sanktionen…..; Ulrike Demmer, bild sandra steins

Sie sollte eigentlich, nicht nur  ein lang in die Zukunft führendes deutsch-russisches, sondern auch ein europäisches Energie –Projekt werden. Zumal inzwischen auch von Moskau geplant wird über die Pipeline nicht nur Gas, sondern damit zusammen auch Wasserstoff nach Europa zu führen, denn hier wird der „grüne Wasserstoff“, für den Moskau zur Zeit beginnt die Infrastruktur aufzubauen , eine immer größere Rolle spielen und die des Gases wohl stärker abnehmen. Über die gemeinsamen Absichten hatte Umwelt und Energie-Report bereits im Februar des Jahres berichtet, s. unten. Damit dürfte aber auch Washington immer genauer und skeptischer auf dieses Projekt schauen und entsprechend garstig reagieren.

Gleich die erste Frage einer Kollegin zum Thema richtete sich in diesem Zusammenhang an die Stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer und an Christofer Burger, Sprecher von Außenminister Heiko Maas:  „… Die Bundesregierung hat mehrfach betont, dass sie Sanktionen für rechtswidrig halte. Nun gibt es Berichte der „Welt am Sonntag“, nach denen sich einzelne Firmen in Videokonferenzen mit offiziellen Repräsentanten der US-Regierung befunden hätten, in denen ihnen weitreichende Konsequenzen angedroht worden seien.

Haben Sie eigene Erkenntnisse über eine solche Herangehensweise an konkrete Unternehmen, speziell an deutsche Unternehmen? Wie und auf welcher Ebene wird die Bundesregierung darauf reagieren?“

Staatssekretärin Ulrike Demmer holte zunächst  ein wenig aus und bekräftige die bisher bekannte Position wonach es sich bei Nord Stream 2 im Kern um ein Projekt der Wirtschaft handele  uns es. für die Bundesregierung zentral sei, dass die Ukraine auch mit Nord Stream 2 Gastransitland bleiben müsse. Und dann kommt sie auf die aktuelle Lage zu sprechen und erklärt: „Die Bundesregierung hat auch immer wieder deutlich gemacht, dass sie derartige unilaterale, gegen deutsche und europäische Unternehmen gerichtete extraterritoriale Sanktionen, wie sie von den Vereinigten Staaten verhängt und jüngst auch durch die Änderung der Durchführungsvorschriften zum Countering America’s Adversaries Through Sanctions Act verschärft wurden, ablehnt.“ Dann bestätigt sie auch: „Uns ist bekannt, dass die USA Gespräche mit deutschen Unternehmen führen, um die Anwendung der verschärften eben genannten Durchführungsvorschrift zu erläutern. Die Bundesregierung ist hierzu mit den Unternehmen auch in Kontakt.“ Darüber hinaus erklärt sie dann: „ kann ich Ihnen über interne Kommunikationsstränge hier nichts mitteilen.“

Auf die prompt nachfolgende Zusatzfrage: „Wie und auf welcher Ebene will die Bundesregierung darauf reagieren?“

Antwortet Burger der Außenamtssprecher Christofer : „Wir nutzen natürlich alle uns zur Verfügung stehenden diplomatischen Kanäle, um über dieses Thema mit der US-Seite zu sprechen. Wir haben hier in der Vergangenheit auch schon darüber gesprochen, dass es dazu auch Gespräche mit Vertretern der amerikanischen Legislative durch unsere Botschaft in Washington gegeben hat. Natürlich finden solche Gespräche auch auf den diplomatischen Kanälen hier in Berlin statt.

Ein Kollege lässt nicht locker und will von Ulrike Demmer wissen: „… schätzen Sie die Gespräche mit den Unternehmen als Druck auf die Projektteilnehmer und Einmischung in die inneren Angelegenheiten ein?

Die Staatssekretärin und Regierungssprecherin Ulrike  Demmer stoppt: „Ich bewerte hier jetzt nicht die einzelnen Gespräche. Ich habe für die Bundesregierung die Haltung zu den extraterritorialen Sanktionen deutlich zum Ausdruck gebracht. Wie gesagt, darüber hinaus stehen wir selbst auch mit den Unternehmen in Kontakt.“

Ein Journalistenkollege versucht es von anderer Seite und weist den Sprecher des Außenministeriums  darauf hin: „ Herr Burger, Deutschland hat aktuell den Vorsitz des Sicherheitsrats. Man ist nicht

ständiges Mitglied im Sicherheitsrat. In Artikel 96 Satz 1 der UN-Charta kann man lesen:‘Die Generalversammlung oder der Sicherheitsrat kann über jede Rechtsfrage ein Gutachten des Internationalen Gerichtshofs anfordern.‘ Warum tut die Bundesrepublik Deutschland das in diesem konkreten Fall der US-Sanktionen in Sachen Nord Stream nicht?“

Burger muss zunächst passen , doch dann…: „Ich muss zugeben, dass ich mir die UN-Charta vor dieser

„ Herr Burger, Deutschland hat aktuell den Vorsitz des Sicherheitsrats. ...? Christofer Burger 2.v. l. ; Bild H.C. Pla,beck bundesr.
„ Herr Burger, Deutschland hat aktuell den Vorsitz des Sicherheitsrats. …? Christofer Burger 2.v. l. ; Bild H.C. Pla,beck bundesr.

Regierungspressekonferenz nicht noch einmal im Einzelnen durchgelesen habe und deswegen auch den Wortlaut des Artikels nicht präsent habe, den Sie mir gerade vorgelesen haben. Aber wenn ich richtig zugehört habe, ist dort davon die Rede, dass der Sicherheitsrat die Möglichkeit hat, dem IGH eine Frage vorzulegen, und nicht der Vorsitz des Sicherheitsrates. Das heißt, der Sicherheitsrat müsste zunächst einmal eine Entscheidung treffen. Der Vorsitz des Sicherheitsrates ist eine wichtige Funktion, aber der Vorsitz des Sicherheitsrates kann nicht sozusagen in eigener Herrlichkeit die Funktionen wahrnehmen, die der Sicherheitsrat als solcher nach der UN-Charta hat.“

Der Journalistenkollege lässt dennoch nicht locker  und bohrt mit seiner Zusatzfrage: tiefer: „Das wollte ich nicht suggerieren, aber Sie könnten das ja einbringen, damit der Sicherheitsrat das beschließt; denn warum sollten die Amerikaner, die sich ihrer Sache ja sehr sicher sind, dagegen sein? Warum tun Sie das nicht? Die andere Möglichkeit wäre ja, Gegensanktionen von deutscher Seite zu machen, aber das wäre ja hanebüchen. Warum gehen Sie nicht den UN-Weg, den Weg des Völkerrechts?“

Burger dann zunächst generös…: „ …Wenn Sie uns das sozusagen als Anregung mitgeben, dann nehme ich das gerne mit.“ Dann aber verweist er noch mal darauf: „ Die Haltung der Bundesregierung zu diesem Thema, und wie wir auf diplomatischen Kanälen damit umgehen, haben Frau Demmer und ich ja gerade mitgeteilt.“

Umwelt- und Energie-Report hat inzwischen beim AA angefragt: Wie denn die Anregung weiter behandelt wird. Wir berichten in Kürze über das Ergebnis.

Lesen Sie zu unserem Artikel auch unseren Bericht zum Wasserstoff mit Russland: Deutsch-russische Kooperation bei Wasserstoff?