Die EU-Kommission hat am Donnerstag, 18. Februar die Mitteilung veröffentlicht , dass sie Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) wegen mangelhafter Umsetzung der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-RL) verklagen wird. Umwelt- und Energie-Report hat berichtet, s. unten, und hat zugleich das Bundesumweltministerium (BMU) damit konfrontiert: Darauf übermittelte  uns das BMU seine Stellungnahme dazu, die wir hier im Wortlaut wiedergeben:

"Das Petitum der Kommission ist aus Sicht der Länder rechtlich zu weitgehend …!“ Svenja Schule , bild steffen kugler, bundesreg
“Das Petitum der Kommission ist aus Sicht der Länder rechtlich zu weitgehend  …!“ Svenja Schule , bild steffen kugler, bundesreg

„Die Kommission hat heute in einer Pressemitteilung angekündigt, Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof wegen mangelhafter Umsetzung der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-RL) zu verklagen. Die Klageeinreichung mit den genauen Einzelheiten wird in den kommenden Wochen oder Monaten erwartet. Die Bundesregierung wird diese dann eingehend prüfen und eng mit den Ländern abstimmen, die für die weitaus meisten FFH-Gebiete zuständig sind.

Von dem der Klage vorgeschalteten Vertragsverletzungsverfahren sind insbesondere alle 16 Bundesländer mit insgesamt ca. 4.600 FFH-Gebieten betroffen, der Bund daneben mit den 8 (acht) FFH-Gebieten in der ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) in Nord- und Ostsee.

Der Vorwurf der Kommission zielte im bisherigen vorprozessualen Verfahren darauf ab, dass

  • nicht alle FFH-Gebiete rechtlich gesichert seien,
  • nicht für alle Gebiete ausreichend detaillierte, gebietsspezifische Erhaltungsziele festgelegt worden seien,
  • nicht für alle Gebiete die nötigen (auf ausreichend detaillierten, gebietsspezifischen Erhaltungszielen beruhenden) Erhaltungsmaßnahmen festgelegt worden seien,
  • in mehreren Bundesländern die Managementpläne für die dortigen FFH-Gebiete nicht veröffentlicht worden seien.

In den letzten Jahren wurden bezüglich eines Teils der Vorwürfe der Kommission erhebliche Fortschritte gemacht: So sind inzwischen 99,4 Prozent aller FFH-Gebiete rechtlich gesichert und für ca. 84 Prozent der Gebiete die Erhaltungsmaßnahmen festgelegt, dazu gehören auch die FFH-Gebiete in der AWZ, für die der Bund die Verantwortung trägt. Die Veröffentlichung der Managementpläne wird von allen Bundesländern sowie dem Bund für seine Gebiete in der AWZ vorgenommen oder ist geplant.

Die EU-Kommission hat das Verfahren im Februar 2015 mit dem Mahnschreiben eingeleitet. Gegenstand war die nicht fristgerecht erfolgte vollständige rechtliche Sicherung der FFH-Gebiete sowie die ebenfalls nicht vollständig erfolgte Festlegung der Erhaltungsmaßnahmen für die FFH-Gebiete durch die Länder. Die Zahl der hiervon betroffenen FFH-Gebiete konnte im Laufe der Jahre immer weiter reduziert werden. Die Kommission wurde von den Fortschritten regelmäßig unterrichtet. Die Kommission hat im Januar 2019  mit einem ergänzenden Mahnschreiben neue Vorwürfe in Bezug auf die Festlegung von detaillierten Erhaltungszielen und die Veröffentlichung von Managementplänen erhoben und diese in der Begründeten Stellungnahme im Februar 2020 aufrechterhalten. Auf diese Vorwürfe hat die Bundesregierung – in Abstimmung mit den Ländern – im Anschluss reagiert.

Kern des rechtlichen Dissens sind seitdem die aus Sicht der Kommission nicht ausreichend detailliert festgelegten gebietsspezifischen Erhaltungsziele. Das Petitum der Kommission ist aus Sicht der Länder rechtlich zu weitgehend. Dem hat sich der Bund angeschlossen. Die Umsetzung würde einen immensen finanziellen und verwaltungstechnischen Aufwand bedeuten und sich für die insgesamt ca. 4.600 FFH-Gebiete vermutlich über viele Jahre hinziehen.

Unabhängig davon arbeiten die betroffenen Länder weiterhin intensiv am Abschluss der rechtlichen Sicherung der FFH-Gebiete sowie der Erstellung der ausstehenden Managementpläne und ihrer Veröffentlichung.“

Lesen Sie dazu auch unseren Bericht: Naturschutz: EU-Kommission will Deutschland verklagen