Die EU-Kommission hat am vergangenen Donnerstag, 18. Februar, erklärt, dass sie Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) wegen mangelhafter Umsetzung der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-RL) verklagen wird. Das hat einen Tag später, also am Freitag, 19. Februar,  bereits eine wichtige Rolle bei der Regierungspressekonferenz in Berlin gespielt.

"Seit Jahren gibt es diesen Streit mit der EU,...; Regierungspressekonferenz Berlin
“Seit Jahren gibt es diesen Streit mit der EU…”; Regierungspressekonferenz Berlin

Umwelt- und Energie-Report hatte über die EU-Klageankündigung bereits  berichtet, s. unten, und hatte zugleich auch das Bundesumweltministerium (BMU) damit konfrontiert: Darauf übermittelte  uns das BMU seine Stellungnahme dazu,(s. unten). Während der Regierungspressekonferenz in Berlin am vergangenen Freitag,19. Februar, wollte eine Journalistenkollegin von Nikolai Fichtner, dem Sprecher von Bundesumweltministerin Svenja Schulze wissen:

„FRAGE: “Gestern hat die EU-Kommission ja Klage gegen Deutschland eingereicht, weil Deutschland wiederholt seinen Naturschutzverpflichtungen nicht nachgekommen ist. Warum ist das denn so? Seit Jahren gibt es diesen Streit mit der EU, und die EU hat darauf hingewiesen, dass Deutschland nicht genug tue. Warum passiert das weiterhin nicht?“

Nikolai Fichtner schob in seiner Antwort die Schuld vom Bund weg, weiter nach unten: „Wir sprechen ja als Umweltministerium größtenteils in der Rolle des Briefträgers in diesem Verfahren; denn zuständig sind weit überwiegend die Bundesländer. Für fast alle der ungefähr 4600 Gebiete, die es gibt, sind die Länder zuständig. Wir sind für acht Gebiete in der Nord- und in der Ostsee zuständig. Dort haben wir unsere Hausaufgaben auch in allen wesentlichen Punkten erledigt.

Es gab in den letzten Jahren einige Fortschritte. Die Länder sind inzwischen bei 99,4 Prozent angelangt, was die rechtliche Sicherung der FFH- Gebiete angeht, und bei 84 Prozent, was die Festlegung der Erhaltungsmaßnahmen angeht. Es ist völlig unstrittig, dass wir in beiden Punkten schnell auf 100 Prozent kommen müssen“

Dann verwies Fichtner auf die juristische Seite, die auch schon in der Antwort an Umwelt- und Energie-Report eine Rolle gespielt hatte: „Es gibt aber darüber hinaus auch noch unterschiedliche juristische Auffassungen darüber, was die FFH-Richtlinie von den Mitgliedstaaten erwartet. Dabei geht es weniger um die Qualität der Schutzgebiete. Die ist uns auch wichtig, wie wir mit dem Insektenschutzpaket neulich auch wieder gezeigt haben. Wir wollen zum Beispiel, dass in FFH-Gebieten weniger Pestizide eingesetzt werden. Dafür haben wir gerade zusammen mit dem BMEL eine Verordnung auf den Weg gebracht.

Allerdings geht es in diesem Klageverfahren gar nicht darum, sondern es geht darum, wie viel Bürokratie im Schutzgebietsmanagement der Länder nötig ist. Da wünscht sich die EU-Kommission einen Detailgrad, der uns tatsächlich Sorge macht. Die Ressourcen der Naturschutzverwaltung von Bund,

"... Wir sprechen ja als Umweltministerium größtenteils in der Rolle des Briefträgers in diesem Verfahren.....; " Nikolai Fichtner
“… Wir sprechen ja als Umweltministerium größtenteils in der Rolle des Briefträgers in diesem Verfahren…..”;  Nikolai Fichtner

Ländern und Kommunen sind begrenzt. Wenn die jetzt auf Jahre hinaus ihre Energie in die Überarbeitung von Gebietsverordnungen stecken müssen, dann könnte das für den Naturschutz sogar kontraproduktiv sein.“

Einem  Journalistenkollegen reichte das nicht und er wollte wissen: „Wie wollen Sie im Streit mit der EU denn jetzt weiter vorgehen?“

FICHTNER setzte dann auf Zeit:  „Gestern hat die Kommission angekündigt, dass sie Klage erheben will. Jetzt wird es einige Wochen oder sogar Monate dauern, bis die Klageschrift vorliegen wird. Auf die warten wir jetzt. Dann werden wir uns die genau anschauen. Dann folgt das Klageverfahren. Dafür werden wir uns natürlich eng mit den Ländern abstimmen. So ein Klageverfahren dauert durchschnittlich 19 Monate.

Nun hatte die Journalistenkollegin, die die erste Frage gestellt hatte, doch noch eine Frage zu Fichtners „Briefzustellerrolle: „Zusatzfrage, Sie haben gesagt, Sie seien Briefträger. Was ist denn in den letzten Jahren beim Austragen der Briefe an die Länder falsch gelaufen, wenn die ihre Hausaufgaben nicht machen?“

FICHTNER dann: „Was die grundsätzlichen Ursachen angeht, wurden in Deutschland einfach sehr, sehr viele FFH-Gebiete ausgewiesen, rund 4600. Andere EU-Länder haben deutlich weniger, größere Gebiete ausgewiesen. Die haben es dann leichter.

Ansonsten ist die Umsetzung einfach sehr, sehr dezentral. Ich habe es gesagt: Es sind Länder, Kommunen und Landkreise, die sich damit beschäftigen. Schon sobald mehr als ein Landkreis von so einem Gebiet betroffen ist, wird es einfach mühsam. Wie das genau funktioniert, müssten Sie sich im Grunde von den jeweils vor Ort Zuständigen erläutern lassen, auch, warum das so lange dauert.“

Lesen Sie dazu auch unseren Bericht: Naturschutz: EU-Kommission will Deutschland verklagen

und auch: Berlin zur EU-Klage: Das Petitum der Kommission ist rechtlich zu weitgehend