Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat sich im Streit um den sofortigen Weiterbau von Nord -Stream 2 zunächst durchgesetzt, verkündete der Verband – wohl ganz stolz – am vergangenen Freitag, 21. Mai .Und weiter berichtete er: „Nachdem die DUH vor das Verwaltungsgericht Hamburg gezogen ist, hat das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) gestern Abend die Anordnung zum sofortigen Vollzug der 2. Änderungsgenehmigung für den Bau der Mega-Pipeline aufgehoben.“ Diese Änderungsgenehmigung hatte den Bau im Zeitraum von Oktober bis Mai erlaubt.

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“… traurig und peinlich, wie das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie hier agiert…!” Sascha Müller-Kraenner; bild steffen kugler duh

Umweltund Energie-Report hatte über den aktuellen gerichtlichen Streit ausführlich berichtet, s. unten.  Das BSH hatte den Sofortvollzug der Genehmigung erst an diesem Montag (17. Mai 2021) überraschend angeordnet. Nur vier Tage später zog die Bundesbehörde dann gleich wieder die Notbremse.
Trotz des Erfolgs der DUH versucht das BSH dennoch einen Weiterbau der Pipeline zu erzwingen. Die Behörde beruft sich dabei auf die ursprüngliche Genehmigung von Nord -Stream 2 aus dem Jahr 2018, die einen Bau der Pipeline grundsätzlich in den Monaten Juni bis September erlaubt, berichtet die Umwelthilfe.  Gebaut werden soll nach Aussage der Nord -Stream 2 AG, die in dem Gerichtsverfahren beigeladen war, lediglich ein 2 Kilometer langes Teilstück in deutschen Gewässern. Der größte Teil der Pipeline in deutschen Gewässern bleibt weiterhin unvollendet.

Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH bezeichnet es als  „… traurig und peinlich, wie das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie hier agiert. Hektisch wird etwas angeordnet, dann zurückgenommen, dann argumentiert, dass alte Genehmigungen jetzt schon wieder gelten. Und es wird deutlich: Alle Schritte geschehen immer zugunsten des Weiterbaus von Nord -Stream 2. Eine Bundesbehörde, die eigentlich neutral prüfen und genehmigen soll, liefert beim größten und umstrittensten Gasprojekt des Kontinents übereilte und rechtlich nicht haltbare Schnellschüsse – stets im Sinne eines Gasunternehmens und gegen Klimaschutz und die Interessen der zukünftigen Generationen. Das ist nicht hinnehmbar. Und das werden wir weiter mit allen Mitteln bekämpfen.“

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Hamburg konnte das BSH nun- nach Darstellung der DUH

"..Diese Behörde produziert am laufenden Band Chaos.... “;  Constantin Zerger, bild duh
“..Diese Behörde produziert am laufenden Band Chaos…. “; Constantin Zerger, bild duh

– nicht plausibel darstellen, warum ein Weiterbau der Pipeline in deutschen Gewässern zu diesem Zeitpunkt notwendig ist und dafür ein sofortiger Vollzug der strittigen Genehmigung angeordnet werden muss, während das Hauptsacheverfahren dazu noch aussteht. Auch eilig beigebrachte Unterlagen der Nord -Stream 2 AG konnten, so der Verband weiter –  die Zweifel an der Notwendigkeit des Sofortvollzugs nicht ausräumen.

Constantin Zerger, Leiter Energie und Klimaschutz der DUH kritisierte: „Um eine Niederlage vor Gericht abzuwenden, hat das Bundesamt für Seeschifffahrt schließlich die Anordnung des Sofortvollzugs aufgehoben. Diese Behörde produziert am laufenden Band Chaos. Das zeigt auch die neue Volte, dass mit der alten Genehmigung, die eigentlich einen Zeitraum ab Juni betrifft, nun Verlegearbeiten ab ‚Ende Mai‘ gerechtfertigt werden. Und dieses Ende des Mai wird dann auch noch auf das gesamte letzte Maidrittel ausgedehnt. Warum auch hier so irritierend gehandelt wird, wird klar, wenn man sich anschaut, dass die Nord -Stream 2 AG offenbar bereits ab morgen mit ihrem Verlegeschiff in deutsche Gewässer möchte. Das zeigt, was wirklich hinter den Kulissen läuft: Wenn die Nord Stream 2 AG etwas beim BSH bestellt, bekommt sie es – egal ob die Begründung passt oder nicht. Auf der Strecke bleiben dabei Klima- und Naturschutz. Mit dem Klimaurteil des Bundesverfassungsgerichts ist ein solches Vorgehen schon gar nicht in Einklang zu bringen.“

Bei Gericht hatte die Nord-Stream 2 AG erklärt, dass lediglich zwei Kilometer eines einzelnen Strangs der Pipeline, die aus zwei parallelen Strängen besteht, in deutschen Gewässern abgelegt werden. Das Bauschiff Fortuna, das derzeit in dänischen Gewässern arbeitet und sich Richtung deutsche Seegrenze bewegt, sollte am Pfingstsamstag die Grenze der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone erreichen. Es fehlen dann aber weiterhin mindestens 14 Kilometer beider Stränge der Pipeline in deutschen Gewässern. Die Fortuna soll nach Ablegen der Pipeline dann die Arbeiten in dänischen Gewässern fortsetzen, wo ein weitaus längerer Abschnitt der Pipeline noch fehlt.

"...Nach sorgfältiger Abwägung aller zu berücksichtigenden Interessen..." hatte sie, die Präsidentin des BSH grünes Licht gegeben ...  Dr. Karin Kamman Klippstein , bild bsh
“…Nach sorgfältiger Abwägung aller zu berücksichtigenden Interessen…” hatte sie, die Präsidentin des BSH grünes Licht gegeben  zum Weiterbau… Dr. Karin Kamman Klippstein , bild bsh

Die DUH hat angekündigt sie werde das Hauptsacheverfahren gegen die 2. Änderungsgenehmigung weiter fortsetzen. Zudem prüft die DUH weitere rechtliche Schritte gegen die ursprüngliche Genehmigung, die ab Juni den Weiterbau ermöglicht und die jetzt schon vom BSH angewendet wird. Unklar ist etwa, ob die zahlreichen Nebenbestimmungen erfüllt sind. Insbesondere, weil nun völlig andere Verlegeschiffe mit anderer Technik eingesetzt werden als ursprünglich vorgesehen.

Lesen Sie dazu auch unsere Berichte: Nord-Stream 2: Für einen Baustopp werden wir vor Gericht ziehen

und auch: Nord-Stream 2 weiterbauen: „Nach sorgfältiger Abwägung aller zu berücksichtigenden  Interessen …!!!“