Das Fridays for Future Kampagnenteam hat gemeinsam mit  ihren Pressesprecherinnen Carla Reemtsma  und Annika Rittmann eine Analyse zum Koalitionsvertrag der neuen Regierung geschrieben und uns, Umwelt- und Energie-Report gestern, Donnerstag 25. November, zugestellt.

"... leider reicht dieses Regierungsprogramm vorne und hinten nicht...!" Carla Reemtsma
“… leider reicht dieses Regierungsprogramm vorne und hinten nicht…!” Carla Reemtsma

Da heißt es zu Beginn: „Wir sind auf 1,5-Grad-Pfad mit diesem Koalitionsvertrag”, erklärte uns gestern die Ampel-Koalition. Das könnten wir feiern“, schrieben beide Sprecherinnen und zogen gleich das Fazit:“Es stimmt nur leider nicht!“

Wir geben die Stellungnahme des Kampagnenteams und der Sprecherinnen hier ungekürzt wieder: „ Denn ja, es werden zwar einige entscheidende Maßnahmen umgesetzt, die wir für eine klimagerechte Welt dringend brauchen, dennoch verfehlen SPD, Grüne und FDP mit dem Vertrag noch vor Regierungsantritt die eigenen Versprechen zur Einhaltung der 1,5-Grad-Grenze.
Hier kommt unsere Analyse dazu:
Wir haben die Beschlüsse der Ampel mit der 1,5°C-Studie des Wuppertal-Instituts für Fridays for Future verglichen. Die Studie haben wir vor einem Jahr in Auftrag gegeben, um errechnen zu lassen, was eine Regierung machen müsste, um das Pariser Klimaziel einzuhalten.

Klar ist: Gemessen an dem Versagen der Großen Koalition erleben wir Fortschritte. Gemessen an der Realität der Klimakrise reicht dieses Regierungsprogramm vorne und hinten nicht. Die wichtigsten Punkte:

Energie: 

  • Es werden Grundlagen für eine echte Energiewende geschaffen. Hürden für erneuerbare Energien sollen abgebaut werden, bis 2030 soll 80% des Stroms aus Wind, Wasser und Sonne gewonnen werden. Damit wäre immerhin ein klimaneutrales Stromnetz noch bis 2035 möglich.
  • Der Kohleausstieg bis 2030 steht. Das ist auch ein Erfolg der unermüdlichen Klimabewegung. Jetzt liegt es an uns, eine konsequente Umsetzung einzufordern. Ein “idealerweise” genügt uns nicht.
  • Das Datum für den Gasausstieg 2045 kommt 10 Jahre zu spät. Erdgas droht, das zeigen Studien immer wieder, von Regierungen als “umweltfreundlichere” Alternative zu Kohle eingesetzt zu werden. Das wäre fatal, von Kohle muss auf Erneuerbare anstatt in den nächsten fossilen Klimakiller umgelenkt werden. Zusätzliche Erdgas-Infrastruktur wird in Deutschland nicht gebraucht.

Verkehr: 

  • Es sollen noch bis nach 2030 dreckige Diesel & Benzin-Fahrzeuge zugelassen werden, auch am Autobahnbau soll sich erstmal wenig ändern. Stattdessen möchte die Ampel erstmal in lockerer Runde mit Wirtschafts- und Umweltverbänden darüber beraten. Als gäbe es keinen Grund zur Eile.
  • Zum Stichwort Flugverkehr lässt sich kaum etwas im Koalitionsvertrag finden, nicht mal zum
    "...Es liegt an uns, in den kommenden Monaten und Jahren weiter für die nötige Veränderung einzustehen. Denn wir wissen, dass wir uns nicht auf schöne Worte verlassen können, Protest aber wirkt", lauten die Schulssätze in der Analyse des Kampagnenteams
    “…Es liegt an uns, in den kommenden Monaten und Jahren weiter für die nötige Veränderung einzustehen. Denn wir wissen, dass wir uns nicht auf schöne Worte verlassen können, Protest aber wirkt”, lauten die Schulssätze in der Analyse des Kampagnenteams

    dringend notwendigen Inlandsflugverbot konnte die Ampel sich durchringen.

Wärme

  • Hier wird bisher die meiste Energie benötigt – die Emissionen in diesen Bereich sind also riesig. Umso enttäuschender ist es, dass die Ampel viele wichtige neue Energiestandards bis 2024 oder 2025 verschiebt.
  • Selbst der Umstieg auf 100% erneuerbare Heizungen steht nicht fest. Der Koalitionsvertrag lässt Raum für fossile Gasheizungen, anstatt eine echte Wende einzuleiten.

Landwirtschaft: 

  • Das neue Landwirtschaftsministerium hätte viel zu tun. Trotzdem bleibt vieles im Koalitionsvertrag schwammig formuliert. Eine erste Aufgabe wäre es, die unzureichende europäische Agrarpolitik (GAP) zumindest in Deutschland klimafreundlicher zu gestalten.

CO2-Bepreisung und Klimaneutralität:

  • Die Ampel hält am unzureichenden CO2-Preis der GroKo fest. Auch das unzureichende Ziel der Klimaneutralität 2045 bleibt. Von einem festen CO2-Budget ist keine Rede im Koalitionsvertrag. Immerhin wird die Ampel aber im Gegensatz zur GroKo voraussichtlich fähig sein, ihre eigenen unzureichenden Klimaziele für 2030 einzuhalten.