Deutschland hat sich vorgenommen, eine führende Rolle bei der Stärkung internationaler Abrüstungsinitiativen einzunehmen. Außenministerin Annalena Baerbock ist darum am gestrigen Dienstag, 14. Dezember,  zusammen mit der schwedischen Außenministerin Linde Ko-Gastgeberin des 5. Ministertreffens der Stockholm-Initiative  in Stockholm gewesen. Wie passt dann dazu, dass der deutsche Urananreicherer Urenco nach Angaben des neuen Geschäftsführers von Urenco Deutschland, Dr. Jörg Harren, am Standort Gronau nun auch Reaktorforschung für “moderne Reaktorkonzepte” betreibt.

Ein starkes Bekenntnis zur nuklearen Abrüstung... und dann: Anreicherung für atomwaffenfähiges Uran ???..." ; Annalena Baerbock, Bild A. B.
Ein starkes Bekenntnis zur nuklearen Abrüstung… und dann: Anreicherung für atomwaffenfähiges Uran ???…” ; Annalena Baerbock, Bild A. B.

Die Anti-Atomkraft-Initiativen aus dem Münsterland sowie der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz und die Ärzt*innenorganisation IPPNW kritisierten Urenco am vergangenen Montag, 13.- Dezember, in einer öffentlichen Erklärung scharf: “Da es weltweit keine Renaissance der Atomenergie gibt, will Urenco selbst in den Bau von neuen Reaktoren einsteigen. Dass auch der Urananreicherungs-Standort Gronau in NRW direkt an der Forschung beteiligt ist, untergräbt den Atomausstieg in Deutschland. Wir fordern von der neuen Bundesregierung und der NRW-Landesregierung eindringlich, Urenco klare Grenzen aufzuzeigen,” erklärte das Gronauer BBU- Vorstandsmitglied Udo Buchholz.

Neben der Urananreicherungsanlage Gronau ist die Urenco über das Tochterunternehmen ETC (Enrichment Technology Company) zusammen mit der französischen Orano auch in Jülich/NRW aktiv. Dort befindet sich neben dem Forschungszentrum die zentrale Forschungs- und Entwicklungseinheit für neue Uran-Zentrifugen, die den Betrieb der Urananreicherungsanlagen ermöglichen. Sie können aber auch zur Anreicherung für atomwaffenfähiges Uran genutzt werden und gehören deshalb zu den militärisch sensibelsten Industrieprodukten. Die Brisanz der Urananreicherung kommt z. B. immer wieder im Iran zum Ausdruck

In nur zwei Jahren seit ihrer Gründung 2019 hat die Stockholm- Initiative bereits viel erreicht, heißt es nun dagegen  in einem Statement des Auswärtigen Amtes vom gestrigen Dienstag dazu.  2021 hat die

"... klare Grenzen aufzeigen...!" .  Udo Buchholz
“… klare Grenzen aufzeigen…!” . Udo Buchholz

Gruppe Vorschläge zur Reduzierung nuklearer Risiken („Nuclear Risk Reduction Package“) erarbeitet. Diese Vorschläge reichen u.a. von einer Offenlegung der Arsenale über ein verstärktes Engagement für die Ratifizierung des Atomteststoppvertrags bis hin zu mehr Einsatz für eine stärkere Integration einer Genderperspektive in nukleare Abrüstung und Nichtverbreitung. Mittlerweile unterstützen zahlreiche Staaten die Vorschläge und Forderungen der Gruppe.

Deutschlands Ziel bleibt eine atomwaffenfreie Welt, heißt es weiter seitens des Auswärtigen Amtes.  Über das deutsche Engagement in der Stockholm-Initiative hinaus  setzt sich Deutschland für Verhandlungen zwischen USA und Russland zur vollständigen Abrüstung im substrategischen Bereich ein. In Zukunft sollen auch Nuklearwaffenstaaten wie China stärker in nukleare Abrüstung und Rüstungskontrolle eingebunden werden.

Urenco in Gronau beteiligt sich konkret an der Vorbereitung zum Bau neuer Reaktoren weltweit, klagen die Anti-Atom-Initiativen.  Bislang sind demnach AKW-Pläne von Urenco in Großbritannien, den Niederlanden, den USA und Kanada bekannt geworden. In den USA interessiert sich z. B. das Pentagon für kleine, leicht transportierbare Reaktoren. Die Gronauer Beteiligung daran ist neu. Urenco betreibt in Gronau die bundesweit einzige Urananreicherungsanlage.