Auch das, was Agora Energiewende hier festgestellt hat, wird den neuen, Grünen-Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck veranlasst haben die Grünen-Weichen für die Zukunft neu zu stellen. Heute, Dienstag, 11. Januar,  will er ja seine Sicht und seine Maßnahmen verkünden. Hier zunächst zu den Agora-Erkenntnissen:

"... Einbruch bei Ökostromproduktion, Comeback der Kohle.....!" Robert Habeck, bild bmwi , steffen kugler
“… Einbruch bei Ökostromproduktion, Comeback der Kohle…..!” Robert Habeck, bild bmwi , steffen kugler

Ein Rückgang der Erneuerbaren Energien im Strommix und ein deutlicher Anstieg der Emissionen stehen in Kontrast zu den jüngst angehobenen Klimazielen für 2030,  heißt es in  der Jahresauswertung der Datenlage von Agora Energiewende, in der der Thinktank die wichtigsten Entwicklungen der Energiewende in Deutschland im Jahr 2021 vorstellt. Die Ergebnisse wurden am vergangenen Freitag, 07. Januar, veröffentlicht. Gestern, Montag 10. Januar, haben wir  im ersten Teil unseres Berichts dazu Wichtiges veröffentlicht, s. unten

Während die Stromproduktion aus Windkraftanlagen 2021 der Agora-Analyse zufolge den größten Einbruch aller Zeiten verzeichnete, erzielte die Kohleverstromung einen Rekordzuwachs. Insgesamt lieferten Erneuerbare Energien 40,5 Prozent an der gesamten Stromerzeugung im Vergleich zu 43,6 Prozent 2020. Ihr Anteil am Stromverbrauch, also abzüglich des Exportüberschusses, lag 2021 nur noch bei 42,3 Prozent – im Vorjahr hatten sie dank Sondereffekten noch den Höchstwert von 45,6 Prozent erreicht. Die Kohle erhöhte ihren Anteil an der Stromerzeugung dagegen bedingt durch hohe Gaspreise um knapp ein Fünftel auf 27,8 Prozent – nach großen Verlusten im Jahr 2020.

Der schrumpfende Ökostromanteil im Jahr 2021 hatte vor allem zwei Gründe: Einerseits erholte sich der Stromverbrauch gegenüber 2020 wieder und stieg von 548 auf 560 Terawattstunden. Andererseits konnte dieser Anstieg aufgrund ungünstigerer Wetterbedingungen, wie schwächeren Winterstürmen zu Jahresbeginn, nicht von den Erneuerbaren abgedeckt werden.

„Der starke Rückgang bei den Erneuerbaren Energien zeigt die Versäumnisse der Energiepolitik der letzten Jahre auf. Um den Ökostrom-Anteil bis 2030 wie im Koalitionsvertrag vorgesehen nahezu zu verdoppeln, braucht es nun einen massiven und schnellen Ausbau von Wind- und Solaranlagen“, lautet das Fazit von  Simon Müller, Direktor Deutschland bei Agora Energiewende.. Den Rekordambitionen bei den Klimazielen steht ein Zubau von Erneuerbaren-Energien-Anlagen 2021 von nur 6,7 Gigawatt auf insgesamt 137 Gigawatt gegenüber. Solaranlagen machten drei Viertel des Zuwachses aus, der Rest

"..braucht es nun einen massiven und schnellen Ausbau von Wind- und Solaranlagen“....!" Si,om Müller, bild agora
“..braucht es nun einen massiven und schnellen Ausbau von Wind- und Solaranlagen“….!” Si,om Müller, bild agora

waren neue Windenergieanlagen an Land. Windenergieanlagen auf See wurden 2021 keine angeschlossen. „Wir dürfen keine Zeit mehr verlieren. Eine Ausbauoffensive für Solarenergie kann schon ab 2022 dazu beitragen, die Ökostromlücke zu schließen“, fordert Müller. Seine und die Forderungen und Erkenntnisse von Agora insgesamt sind sicherlich auch von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck gehört und zur Kenntnis genommen worden. Er will heute bereits seinen neuen großen Plan dazu vorstellen.

2021 war außerdem das Jahr der fossilen Energiepreisrallye mit großen Preissprüngen an den Märkten: Im Jahresverlauf verelffachte sich der Preis von fossilem Gas zwischenzeitlich – von anfangs 20 Euro je Megawattstunde auf über 220 Euro. Infolgedessen wurden Steinkohlekraftwerke verstärkt eingesetzt. Der Mehreinsatz von Kohlekraftwerken erhöhte den CO₂-Ausstoß sowie die Nachfrage an CO₂-Zertifikaten im Europäischen Emissionshandel, wodurch auch der CO₂-Preis im Jahresmittel von 24,8 Euro je Tonne CO₂ auf 53,6 Euro anstieg; Ende des Jahres lag er bei rund 80 Euro je Tonne.

Im Tagesdurchschnitt stieg der Börsenstrompreis, laut Agora –Daten –  im Jahresverlauf zeitweise um mehr als das Siebenfache, von anfänglich 50 Euro auf über 430 Euro je Megawattstunde. Stromkunden und /:innen bekamen diese starken Preisanstiege an der Börse im vergangenen Jahr bisher nur vereinzelt zu spüren. Durchschnittlich waren für Strom 32,2 Cent je Kilowattstunde fällig – ein Plus von 3,9 Prozent im Vergleich zu 31,0 Cent je Kilowattstunde im Jahr 2020. Ursächlich hierfür war in erster Linie das Ende der Mehrwertsteuersenkung; gleichzeitig wirkte die Absenkung der EEG-Umlage dämpfend. „Die Preisausschläge bei den Energiepreisen werden ab 2022 auch bei den Haushalten stark spürbar werden. Kurzfristig braucht es daher sozialpolitische Maßnahmen für einkommensschwache Haushalte, um steigende Strom- und Gasrechnungen abzufedern. Um langfristig günstige Energiepreise zu sichern, lautet die Lösung: Erneuerbare ausbauen. Nur so werden grüne Technologien wettbewerbsfähig und der Industriestandort Deutschland fit für die Klimaneutralität“, so Müller.

Die Energiepreise werden die öffentliche Debatte auch dieses Jahr prägen. „Das Energiepreisniveau 2022 wird vor allem von der Entwicklung des Erdgaspreises abhängen, da dieser die Preise für Strom und Wärme vorgibt“, meint  Agora-Experte Müller. Ausschlaggebend seien auch  die Wetterbedingungen zu Jahresbeginn, die Verfügbarkeit von Gas-Import-Kapazitäten sowie die geopolitische Lage.

Lesen Sie dazu auch unseren Bericht: 2021 sind die Treibhausgasemissionen in Deutschland deutlich angestiegen