Wie viel Erdgas kann wirklich kurzfristig, also bei einem unmittelbaren Ausfall aller Erdgaslieferungen aus Russland, in den Bereichen Wärme, Stromerzeugung, Industrie und Verkehr in Deutschland durch den Einsatz anderer Energieträger oder durch Einsparungen ersetzt werden könnte. Dazu hat der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) am vergangenen Freitag, 18. März, die Ergebnisse seiner neuen   Analyse bekannt gemacht.

 „..rund 50% des russischen Erdgases kurzfristig ersetzen oder substituieren. ....!" Kerstin Andreae
„..rund 50% des russischen Erdgases lassen sich kurzfristig ersetzen oder substituieren. ….!” Kerstin Andreae

Die Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung Kerstin Andreae, fasste bei der Präsentation der Analyse-Ergebnisse einige zentrale Ergebnisse bereits zusammen: „Stand heute lassen sich rund 50% des russischen Erdgases kurzfristig ersetzen oder substituieren. Das entspricht etwa 20% des Jahresgasbedarfs in Deutschland!“ Zugleich versicherte die BDEW – Spitzenfrau: „  Im Wissen, dass ein Embargo nur mit erheblichen Folgen für Gesellschaft und Wirtschaft einhergeht, arbeitet die Energiewirtschaft mit Hochdruck daran, mittel- bis langfristig unabhängig von fossilen Rohstoffen und damit auch von russischen Importen zu werden.“

Fakt laut BDEW ist: Der Anteil russischen Erdgases an allen Erdgaseinfuhren nach Deutschland liegt in den Monaten Januar bis März 2022 bei schätzungsweise 40 Prozent (aufgrund höherer Lieferungen aus anderen Lieferländern). Bliebe es bei diesem Anteil, könnte – bezogen auf das ermittelte Gesamtreduktionpotenzial – laut BDEW-Analyse etwa die Hälfte der russischen Gaslieferungen nach Deutschland kurzfristig ersetzt oder eingespart werden.

Und dann erläuterte Kerstin Andreae wie sich der Erdgas-Ersatz oder die Einsparpotenziale aus Russland für die einzelnen Bereiche bezogen auf den jeweiligen gesamten Gasbedarf aufschlüsselt.

Bezogen auf den gesamten jeweiligen Gasbedarf liegen diese Potenziale im Bereich der Haushalte bei 15 Prozent, in GHD-Bereich bei 10 Prozent und in der Industrie bei 8 Prozent. Mittel- bis langfristig sind beispielsweise durch Umrüstungen, Energieträgerwechsel oder Effizienzmaßnahmen weitere Potenziale erschließbar.

Im Bereich der Stromerzeugung beträgt das kurzfristige Substitutions- und Reduktionspotenzial 36 Prozent des Erdgasverbrauchs der Kraftwerke der öffentlichen Versorgung und in der Industrie. Auf den Einsatz von Gaskraftwerken kann nicht vollständig verzichtet werden, da sonst die Wärmeversorgung von Haushalten (Fernwärme) und Betrieben (Prozesswärme) gefährdet wäre. Ein großer Teil der Erdgaskraftwerke muss daher weiter betrieben werden. Die wegfallende Stromerzeugung aus Gaskraftwerken ließe sich durch die Stromerzeugung aus bestehenden andere Kraftwerkkapazitäten ersetzen, in einzelnen Stunden (wenig Wind, Spitzenlastzeiten) wären dennoch Gaskraftwerke zur Spitzenlastdeckung erforderlich.

Insbesondere in der Industrie ist das kurz- bis mittelfristige Substitutionspotenzial für Erdgasanwendungen mit 8 Prozent des gesamten industriellen Erdgasverbrauchs gering. Die Industrie würde damit von einem Embargo voll getroffen werden, ohne dass realistische kurzfristige Optionen einer Energieträgersubstitution bestehen (Haushaltskunden und soziale Einrichtungen werden im Fall einer Liefereinschränkung grundsätzlich vorrangig beliefert). Ein Embargo würde auch das Ziel voller Gasspeicher zu Beginn des nächsten Winters in Frage stellen.

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