Da aktuell „…eine Störung der Gasversorgung vorliegt, die zu einer erheblichen Verschlechterung der Gasversorgungslage führt“; wurde gestern, Donnerstag 23. Juni, von Bundeswirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck, nach Abstimmung innerhalb der Bundesregierung, die zweite Stufe des Notfallplan Erdgas, die sogenannte Alarmstufe, ausgerufen. Die europäischen Partner wurden über den Schritt informiert. Seit Ende März gilt in Deutschland die erste Stufe des Notfallplans, die sogenannte Frühwarnstufe. Umwelt- und Energie-Report hatte ausführlich berichtet, s. unten.

"Drosselung der Gaslieferungen ist ein ökonomischer Angriff Putins auf uns. Es ist offenkundig Putins Strategie, Unsicherheit zu schüren, die Preise zu treiben und uns als Gesellschaft zu spalten...!" Wladimir Putin, bild Sergej Gunejew , sna-n.
“Die Drosselung der Gaslieferungen ist ein ökonomischer Angriff Putins auf uns. Es ist offenkundig Putins Strategie, Unsicherheit zu schüren, die Preise zu treiben und uns als Gesellschaft zu spalten…!” Wladimir Putin, bild Sergej Gunejew , sna-n.

Aktuell ist die Versorgungssicherheit gewährleistet, aber die Lage ist angespannt, erklärte das Bundeswirtschafts- und Klimaministerium (BMWK). Der Notfallplan Gas hat drei Stufen, die dritte ist die Notfallstufe.

Als Grund für die Ausrufung der Alarmstufe wurde die seit dem 14. Juni 2022 bestehende Kürzung der Gaslieferungen aus Russland und das weiterhin hohe Preiseniveau am Gasmarkt angeführt. Zwar sind die Gasspeicher mit 58 Prozent stärker gefüllt als im Vorjahr. Doch sollten die russischen Gaslieferungen über die Nord Stream 1-Leitung weiterhin auf dem niedrigen Niveau von 40 Prozent verharren, ist , laut BMWK, ein Speicherstand von 90 Prozent bis Dezember kaum mehr ohne zusätzliche Maßnahmen erreichbar. Dies belegten Berechnungen der Bundesnetzagentur.  Damit liegt aktuell eine Störung der Gasversorgung vor, die zu einer erheblichen Verschlechterung der Gasversorgungslage führt; und die Ausrufung der Alarmstufe notwendig macht .

Robert Habeck forderte in seinem Kommentar und seinen Erläuterungen zur gegenwärtig hoch angespannten Lage: „ Wir dürfen uns nichts vormachen: Die Drosselung der Gaslieferungen ist ein ökonomischer Angriff Putins auf uns. Es ist offenkundig Putins Strategie, Unsicherheit zu schüren, die Preise zu treiben und uns als Gesellschaft zu spalten. Dagegen wehren wir uns. Es wird aber ein steiniger Weg, den wir jetzt als Land gehen müssen. Auch wenn man es noch nicht so spürt: Wir sind in einer Gaskrise. Gas ist von nun an ein knappes Gut. Die Preise sind jetzt schon hoch, und wir müssen uns auf weitere Anstiege gefasst machen. Das wird sich auf die industrielle Produktion auswirken und für viele Verbraucherinnen und Verbraucher eine große Last werden. Es ist ein externer Schock.“

Deshalb, so Habeck „… hat die Befüllung der Gasspeicher jetzt oberste Priorität. …Alle Verbraucherinnen und Verbraucher – sowohl in der Industrie, in öffentlichen Einrichtungen wie in den Privathaushalten – sollten den Gasverbrauch möglichst weiter reduzieren, damit wir über den Winter kommen. Als Regierung treiben wir die Energieeffizienz voran und setzen auch bei uns im Ministerium Energiesparmaßnahmen um.“

Um den Gasverbrauch in der Stromerzeugung zu senken, wird die Bundesregierung, erklärte Habeck, wie am 19. Juni angekündigt, zusätzliche Kohlekraftwerke aus der Bereitschaft abrufen. Dazu hat das BMWK bereits die Kraftwerksbetreiber angeschrieben und gebeten, die nötigen Schritte zu veranlassen. Das entsprechende Ersatzkraftwerkebereithaltungsgesetz, das den Abruf der Gasersatz-Reserve ermöglicht, ist derzeit im parlamentarischen Verfahren. Das BMWK bereitet alle entsprechenden Verordnungen vor; um sie zügig nach Inkrafttreten und passgenau zu nutzen. „Wir bringen Kohlekraftwerke in den Markt und reduzieren die Menge an Gas. Das ist schmerzlich, Kohlekraftwerke sind einfach Gift fürs Klima. Aber für eine Übergangszeit müssen wir es tun, um Gas einzusparen und über den Winter zu kommen“, sagte Habeck.

Zugleich hat die Bundesregierung eine Kreditlinie von zunächst 15 Milliarden Euro zur Speicherbefüllung zur Verfügung gestellt, abgesichert durch eine Garantie des Bundes. Noch im Sommer soll zudem ein Gasauktionsmodell an den Start gehen, das industrielle Gasverbraucher anreizt, Gas einzusparen. Die Bundesnetzagentur hat dieses Modell am 21. Juni 2022 näher ausbuchstabiert. Weitere

"...wir werden unseren Teil tun, um gerade die Menschen, die wenig verdienen, zu entlasten. Wir werden nicht alles auffangen können, aber....!" Robert Habeck  bild andreas mertens bmwk
“…wir werden unseren Teil tun, um gerade die Menschen, die wenig verdienen, zu entlasten. Wir werden nicht alles auffangen können, aber….!” Robert Habeck bild andreas mertens bmwk

Konkretisierungen werden in den kommenden Wochen erfolgen, damit es zügig an den Start gehen kann. „Wenn darüber hinaus weitere Maßnahmen nötig sind, werden wir sie ergreifen“, sicherte Habeck zu.

Der Minister machte weiter deutlich: „Als Bundesregierung werden wir unseren Teil tun, um gerade die Menschen, die wenig verdienen, zu entlasten. Wir werden nicht alles auffangen können, aber da, wo schon jetzt jeder Cent zweimal umgedreht werden muss und die Angst vor der nächsten Heizkostenrechnung umgeht, müssen wir helfen. Daher werden wir in der Bundesregierung über weitere Entlastungsmaßnahmen beraten.“

Von dem sogenannten Preisanpassungsmechanismus, den § 24 des Energiesicherungsgesetzes ermöglicht, macht die Bundesregierung vorerst noch nicht Gebrauch. Voraussetzung für diesen Mechanismus ist nach § 24 EnSiG, dass die Bundesnetzagentur eine erhebliche Reduzierung der Gesamtgasimportmengen nach Deutschland feststellt und durch Verkündung im Bundesanzeiger feststellt, das bedeutet faktisch, es muss eine verstetigte Reduzierung des Gesamtimportmengen geben. „Dieser Mechanismus kann in bestimmten Situationen notwendig sein, um einen Kollaps der Energieversorgung zu verhindern. Aber er hat auch Schattenseiten, daher arbeiten wir auch an alternativen Konzepten. Es gilt, den Markt trotz hoher zusätzlicher Kosten am Laufen zu halten“, betonte Habeck.

Lesen Sie dazu auch unseren Bericht: Frühwarnstufe Notfallplan Erdgas ausgerufen …. Krisenteam zusammengetreten