Die Abgeordneten des EU-Parlaments haben gestern,  Dienstag 07.Juni, mit der Debatte  über acht EU-Gesetzesentwürfe aus dem „Fit for 55“-Paket  zur Bekämpfung des Klimawandels begonnen. Die Abstimmungen erfolgen heute, am Mittwoch 08. Juni.

Eines der wichtigsten Vorhaben ist dabei die Überarbeitung des EU-Emissionshandelssystems (ETS), hieß es in der Vorankündigung der Debatte. So sollen Anreize geschaffen werden, Emissionen weiter zu reduzieren und in umweltfreundliche Technologien zu investieren. Der Umweltausschuss will dafür kostenlose Emissionszertifikate für Unternehmen ab 2026 auslaufen lassen und bis 2030 komplett streichen.

.. Straßenverkehr bis 2035 emissionsfrei  gestalten... ..; Bild UBA
.. Straßenverkehr bis 2035 emissionsfrei gestalten… ..; Bild UBA

In Zukunft würden auch die Seeschifffahrt und ab 2026 kommunale Müllverbrennungsanlagen unter das ETS fallen. Für die CO2-Emissionen von Gebäuden und dem Straßenverkehr soll aber ein neues ETS II geschaffen werden. Bürger*innen sollen aber erst ab 2029 davon betroffen sein.

Zudem sieht der Bericht ab 2025 ein Bonus-Malus-System vor. Die Anlagen und Firmen mit den niedrigsten CO2-Emissionen eines Industriebereichs erhalten zusätzliche kostenlose Emissionszertifikate. Firmen, die ihre Emissionen nicht reduzieren, erhalten weniger oder gar keine kostenfreien Zertifikate. Die Einnahmen des Systems sollen ausschließlich für Klimaschutzmaßnahmen in der EU und den Mitgliedstaaten verwendet werden sollen.

Über die Vorschläge des Umweltausschusses wurde im Vorfeld  noch heftig diskutiert. So gibt es zwischen den Fraktionen unterschiedliche Ansichten, wie schnell und wann die Zahl der Zertifikate reduziert wird.

Ein CO2-Grenzausgleichssystem (CBAM) soll vermeiden, dass strengere Klimavorgaben zum Abwandern der Industrieproduktion in Staaten außerhalb der EU mit laxeren Klimavorgaben führen. Wer seine Waren in die EU einführen will, müsste dafür künftig so viele Emissionszertifikate kaufen, wie Firmen in der EU für die gleiche Produktion benötigt hätten. Das CBAM-System soll ab 2023 gelten und dann ab 2025 schrittweise ausgebautwerden.

Spätestens 2030 soll es für alle beteiligten Industriezweige vollständig gelten. Zeitgleich würden 2030 dann auch kostenfreie Zertifikate für Unternehmen in der EU entfallen, um den Grundsätzen der Welthandelsorganisation gerecht zu werden. Wie in der EU auch, müssten Importeure auch indirekte Emissionen ausgleichen. Diese entstehen etwa durch den Stromverbrauch eines Unternehmens.

Für eine gerechte Verteilung der Lasten der Klimaanstrengungen werden auch die EU-Rechtsvorschriften für Treibhausgasemissionen überarbeitet, die nicht unter das Emissionshandelssystem fallen. In der EU sind das etwa 60 % der Gesamtemissionen. Derzeit gehören dazu noch der Straßenverkehr, das Heizen und Kühlen von Gebäuden sowie Emissionen aus Tiermägen und Düngemitteln in der Landwirtschaft, aus der Abfallbehandlung und kleinen Firmen.

Zum ersten Mal müssten alle EU-Mitgliedsstaaten ihre Treibhausgasemissionen in diesen Bereichen zwischen 10 und 50 Prozent reduzieren. Die Abgeordneten fordern auch mehr Transparenz und weniger Flexibilität für EU-Staaten, wenn diese Emissionszertifikate ausleihen, anlegen und übertragen.

Die Kommission schätzt, dass Haushalte in der EU durch die Vorgaben des Fit-for-55-Pakets 07 bis 08 Prozentpunkte mehr für Energie ausgeben  müssen. Bürger*innen mit geringerem Einkommen sollen durch einen neuen Klima-Sozialfonds unterstützt werden. Der neue Fonds soll zwischen 2025 und 2032 mindestens 72 Milliarden Euro an Haushalte, Kleinstunternehmen und Verkehrsteilnehmer*innen auszahlen, die vom Übergang zur Klimaneutralität finanziell besonders betroffen sind.

"... kostenlose Emissionszertifikate für Unternehmen ab 2026 auslaufen lassen...."
“… kostenlose Emissionszertifikate für Unternehmen ab 2026 auslaufen lassen….”

Neben der direkten Unterstützung von Einkommen, etwa durch niedrigere Steuern auf Energie, sollten die Gelder in die Renovierung von Gebäuden fließen sowie in die Förderung erneuerbarer Energien und in den Wechsel zu öffentlichen Verkehrsmitteln, Fahrgemeinschaften und Carsharing und zum Fahrrad. Nationale Maßnahmen können steuerliche Anreize, Gutscheine, Subventionen oder zinslose Darlehen umfassen.

Der Umweltausschuss will auch das EU-Ziel für Kohlenstoffsenken in Land- und Forstwirtschaft (LULUCF-Verordnung) bis 2030 auf de facto 57 % erhöhen. Dadurch sollen 50 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent zusätzlich abgebaut werden. Die Parlamentarier*innen fordern Teilziele für Ackerland, Grünland und Feuchtgebiete auf EU-Ebene und in den Mitgliedsstaaten. Die jeweiligen Zielvorgaben für den Abbau von Treibhausgasen für 2035, 2040, 2045 und 2050 sollen bis Ende 2024 festgelegt werden.

Abgestimmt wird auch über den Vorschlag der Kommission, den Straßenverkehr bis 2035 emissionsfrei zu gestalten. Umstritten ist noch, ob und ab wann der Verkauf von Pkw und Vans mit Verbrennungsmotoren verboten werden soll.

Zum Fit-for-55-Paket …

… dabei  handelt es sich um den Plan der EU, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 % gegenüber dem Stand von 1990 zu senken. Im Einklang mit dem europäischen Klimagesetz sollen dann bis 2050 netto null Treibhausgasemissionen (Klimaneutralität) freigesetzt werden.

In der Juni-Plenarsitzung wird das Parlament seinen Standpunkt zu 8 der 13 Gesetzesvorschlägen des Pakets festlegen. Die angenommenen Texte werden dann das Mandat des Parlaments für die anschließenden Verhandlungen mit den EU-Regierungen im Rat über die endgültigen Gesetze darstellen. Die 5 Gesetzesvorschläge des Industrie- und Energieausschusses folgen später.