Die Frage  sollten  die letzten drei noch am Netz  befindlichen Atomkraftwerke: Isar 2, Emsland und Neckarwestheim 2.  zur Sicherung der Energielage über das Jahresende 2022  verlängert werden, führte auch während der Regierungspressekonferenz in Berlin am vergangenen Mittwoch, 13. Juli, wiederum  zu heftigem Hin und her. Dies vor dem Hintergrund, dass innerhalb der Ampelkoalition vor allem die Grünen von der FDP  unter Druck gesetzt werden.  Nicht mehr nur die Union, sondern auch der Koalitionspartner FDP  macht sich dafür stark, die Atommeiler länger laufen zu lassen.

Ein Journalistenkollege wies nun während der Regierungspressekonferenz  mit seiner Frage zunächst sibyllinisch drauf  hin: „… Es wird auf bestimmter Ebene ja bestimmt auch darüber diskutiert, wie es im Fall X nach dem 31. Dezember mit den AKWs wäre und wie es dann weitergehen könnte. Da gibt es ja bestimmt eine – – -!“

Er konnte  gar nicht weiterfragen. Astrid Scharf, die Sprecherin von Bundesumwelt- und Verbraucherministerin Steffi Lemke, unterbrach ihn gleich:

"...deutlich und sehr klar : für uns kommt gerade aus Sicherheitsgründen eine Verlängerung nicht infrage ... "; Astrid Scharf, bild bmu Sascha Hilgers
“…deutlich und sehr klar : für uns kommt gerade aus Sicherheitsgründen eine Verlängerung nicht infrage … “; Astrid Scharf, bild bmu Sascha Hilgers

Astrid Scharf: „Ich kann an der Stelle noch einmal deutlich machen und sehr klar sagen, dass für uns gerade aus Sicherheitsgründen eine Verlängerung nicht infrage kommt. Wir haben mehrfach klargestellt, dass eine Laufzeitverlängerung ohne Abstriche bei der AKW-Sicherheit nicht möglich wäre. Dabei geht es um bestimmte Prüfungen an AKWs, die im Hinblick darauf, dass sie abgeschaltet werden, lange Zeit nicht durchgeführt wurden und jetzt noch einmal durchgeführt werden müssten. Ein Weiterbetrieb über den 31. Dezember dieses Jahres hinaus wäre mit großen Abstrichen an der Sicherheit verbunden. Das kann ich an der Stelle aus unserer Sicht noch einmal klarstellen und unterstreichen, dass wir als für diese Fragen zuständiges Ministerium nicht bereit sind, diese Sicherheitsfrage zur Debatte zu stellen!“

Sogleich meldete sich der Vorsitzende bei der Pressekonferenz Tim Szent-Iványi, sonst RedaktionsNetzwerk Deutschland  und  fügte eine digital gestellte Frage eines Journalistenkollegen  an  Regierungssprecher  Steffen Hebestreit an: „Frage: Ist Bundeskanzler Scholz angesichts der anhaltenden Forderungen aus der FDP, wegen drohender Gasknappheit erneut einen Weiterbetrieb der deutschen AKW zu prüfen, der Ansicht, dass diese Frage in der Koalition nochmals diskutiert werden sollte, oder ist dies mit der ablehnenden Entscheidung der zuständigen Ressorts von März endgültig vom Tisch?“

Steffen Hebestreit blieb zunächst diskussionsbereit und erklärte: „Wie Sie merken, diskutieren wir alle Fragen, die die Sicherung unserer Energieversorgung auch über die nächsten Wochen und Monate hinaus betreffen. Das sind sehr komplexe Fragestellungen. Ich habe im Augenblick noch keine neueren Erkenntnisse, die über die Meldungen, die es im März aus dem BMWK und dem Umweltministerium dazu gegeben hat, hinausgehen. Der Bundeskanzler hat an einer Stelle gesagt: Niemand wäre dagegen oder würde sich dem verschließen, wenn so etwas problemlos zu verlängern wäre. – Dabei stellen sich aber erhebliche Fragen. Frau Kohnert hat eine davon eben aufgeworfen. Die zweite Frage ist eben vom

"Ich habe im Augenblick noch keine neueren Erkenntnisse,....!" , Steffen Hebstreit, bild brg Steffen Kugler
“Ich habe im Augenblick noch keine neueren Erkenntnisse,….!” , Steffen Hebstreit, bild brg Steffen Kugler

Umweltministerium benannt worden. Das Dritte ist, wie schnell man die Versorgung mit Brennelementen überhaupt hinkriegen könnte. All diese Fragen kann man nicht einfach vom Tisch wischen, sondern sie müssten beantwortet werden, bevor man sich dieser Frage genauer widmet !“

Und er wiederholte noch mal: „Seit Wochen und Monaten beschäftigt uns die Frage massiv und wird uns auch in den nächsten Wochen weiter massiv beschäftigen, wie wir es schaffen, mögliche Mangellagen abzuwenden, wie wir es schaffen, die Versorgung mit Wärme und Strom in den nächsten Monaten und auch im kommenden Winter zu gewährleisten. Darüber gibt es intensive Gespräche innerhalb der Bundesregierung, mit den Fachleuten und der Bundesnetzagentur, und sie werden fortgesetzt !“

Eine Journalistenkollegin ließ es nicht dabei bewenden. Sie wollte wissen: „Frage: Herr Hebestreit, Sie haben jetzt davon gesprochen, dass sich erheblichen Fragen stellen würden. Ich hatte die Bundesregierung und Sie auch hier in der Regierungspressekonferenz immer so verstanden, dass diese Fragen geklärt seien.

Verstehe ich Sie jetzt dahingehend richtig, dass die Fragen, ob man Brennstoffe beschaffen kann und wie man die Sicherheit angeht, aus Sicht des Bundeskanzlers weiterhin offene Fragen sind, mit denen sich die Bundesregierung aktuell beschäftigt?“

Hebestreit widersprach dann deutlich: „Nein. Dann habe ich mich entweder falsch ausgedrückt, oder Sie haben es falsch verstanden. Sie haben unter anderem Stimmen aus der FDP genannt. Es gibt auch andere Stimmen im parlamentarischen und politischen Raum, die die Forderung aufstellen, die Laufzeit der drei verbliebenen Atomkraftwerke in Deutschland zu verlängern. Wenn man das wollte, dann müsste man die Einwände, die dagegen vom Wirtschafts- und vom Umweltministerium im März vorgebracht worden sind, entkräften. Dies ist aus meiner Sicht bislang noch nicht geschehen. Das wäre eine Voraussetzung, um sich dieser Frage überhaupt weiter widmen zu können!“

"..."...Es gibt dazu keinen neuen Sachstand...!"Dr. Robert Säverin , bild bmwk
“…Es gibt dazu keinen neuen Sachstand…!”Dr. Robert Säverin , bild bmwk

Die Journalistenkollegin stellte die nächste Zusatzfrage: „Um diese Fragen zu entkräften, vielleicht auch einmal an die zuständigen Ministerien: Es gab die Prüfung, die im März präsentiert wurde. Die Debatte läuft aber weiter. Wird nach wie vor geprüft, oder läuft diese Debatte im politischen Raum einschließlich Ihres Koalitionspartners, findet aber in den Ministerien keinen Widerhall, oder beschäftigen sich Expertinnen und Experten da gerade aktuell noch einmal mit der Frage, ob es nicht vielleicht doch möglich wäre?“

Dr. Robert Säverin, Sprecher von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck schaltete sich ein und erklärte kategorisch: „Es gibt dazu keinen neuen Sachstand. Es gibt das Gutachten. Minister Habeck hat sich mehrfach und völlig klar dazu geäußert. Es ist kein offener Punkt!“
Astrid Scharf bestätigte dann  ruhig: „Richtig. Das kann ich aus Sicht des BMUV so nur noch einmal unterstreichen!“

Ein weiterer Journalistenkollege ließ nicht locker und wollte dann wissen: „Frage: Frau Scharf, habe ich Sie gerade richtig verstanden, dass die Atomaufsicht in den letzten Monaten bei diesen letzten drei Atomkraftwerken die üblichen Sicherheitskontrollen und -überprüfungen in der Erwartung, es werde schon gutgehen, da am 31. Dezember ohnehin Schluss sei, hat schleifen lassen?“

Astrid Scharf vom BMU widersprach: „Nein, das ist so nicht richtig. Wenn man an der Stelle weiter ins Detail geht, dann muss man zwischen zwei Prüfungen unterscheiden. Es gibt nämlich zum einen die regelmäßige, periodische Sicherheitsüberprüfung, und diese ist im Hinblick auf das Abschaltdatum nicht mehr durchgeführt worden. Natürlich gibt es laufende Sicherheitsüberprüfungen. Aber im Hinblick auf die Abschaltung ist die periodische Sicherheitsüberprüfung, die gegebenenfalls auch mit Nachrüstungen oder anderen Punkten verbunden ist, zum Beispiel damit, angesichts der neuen Sicherheitslage insgesamt noch Vorkehrungen anderer Art zu treffen, nicht durchgeführt worden.

Es hörte nicht auf und die Journalistenkollegin setzte nach: „Zusatzfrage: Diese periodischen Sicherheitsüberprüfungen, für die es feste Fristen gibt – ich verstehe nicht, warum man sie einfach mal nicht einhalten kann – dauern in der Regel fünf bis acht Wochen. Was spricht denn dagegen, diese regelmäßigen Sicherheitsüberprüfungen am 1. Januar für diese drei Atomkraftwerke nachzuholen und diese drei AKWs damit gegebenenfalls wieder ans Netz zu geben?“
Astrid Scharf dazu: „Den Zeitraum, den Sie gerade genannt haben, kann ich an der Stelle nicht bestätigen. Dazu müsste ich bei meinen Fachleuten nachfragen und dann nachreichen, wie lange das dauert!“
Dann aber machte sie deutlich: „Ich kann Ihnen aber sagen, dass Atomkraftwerke ohne eine abgeschlossene periodische Sicherheitsüberprüfung nicht in den Weiterbetrieb gehen könnten und dass diese Prüfungen zum einen sehr lang dauern und sehr aufwendig sind und dass dann zum anderen sehr absehbar ist, dass dann Abstriche an der Sicherheit gemacht werden. Die Betreiber teilen die Position, dass die Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden müssten. Aber sie würden an der Stelle womöglich Abstriche machen und dann das Risiko an der Stelle auf den Staat übertragen!“