Das AKW Saporischschja in der Ukraine muss mit einer entmilitarisierten Schutzzone unter internationaler Aufsicht umgeben und   geschützt werden,  forderten gestern, Dienstag, 16. August, .die Friedensnobelpreisträgerin IPPNW, der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) sowie Anti-Atomkraft-Initiativen aus NRW und Niedersachsen.

"Krieg in einem Land mit laufenden Atomreaktoren ist ein Novum!" Angelika Claußen, bild A. C.
Krieg in einem Land mit laufenden Atomreaktoren ist ein Novum!” Angelika Claußen, bild A. C.

Weiter fordern  sie mit ihrem gemeinsamen Statement  die vier Regierungen in Berlin, Den Haag, London und Stockholm  und auch die  UNO sollten dazu eine sofortige und entschiedene diplomatische Initiative starten.  Die vier Länder und ihre Regierungen sind seit einigen Jahren für die Uran- und Brennelementlieferungen an die heftig umkämpften ukrainischen AKWs zuständig.

“Krieg in einem Land mit laufenden Atomreaktoren ist ein Novum“, konstatierte noch einmal ganz deutlich die IPPNW-Vorsitzende Angelika Claußen. Der Beschuss und der Kampf um diese Atomanlagen seien ein Tabubruch. Mit jedem Tag, den die Kämpfe andauern, steige die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einer nuklearen Katastrophe komme. Und sie warnt eindringlich: „Die Gefahr ist real. Daher rufen wir die Regierungen der Uran-Lieferstaaten auf, die Kriegsparteien in der Ukraine zusammen mit der UNO unverzüglich an einen Tisch zu holen und eine entmilitarisierte Schutzzone unter internationaler Aufsicht einzurichten. Wir brauchen dringend eine belastbare diplomatische Lösung und vorsichtshalber eine Abschaltung aller sechs Reaktorblöcke. Das Getreideabkommen zeigt, dass auch mitten im Krieg diplomatische Lösungen für besonders brisante Probleme möglich sind,“ bilanziert die IPPNW-Vorsitzende.

Und Matthias Eickhoff vom Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen listet auf: “Die Bundesregierung sowie die Regierungen der Niederlande, Großbritanniens und Schwedens haben jahrelang wider besseren Wissens durch die Uranbrennstofflieferungen den Weiterbetrieb des maroden Atomkraftwerks ermöglicht, anstatt der Ukraine beim Ausbau der Erneuerbaren zu helfen. Aber wer den Uranbrennstoff liefert, ist auch für die Folgen des Betriebs mitverantwortlich. Nun müssen sich die vier Regierungen den Folgen ihrer verfehlten Atompolitik stellen und aktiv werden, denn Russland und die Ukraine werden den Atomkonflikt nicht alleine lösen können,” glaubt  Eickhoff.

Vier der sechs Reaktorblöcke in Saporischschja laufen seit 2016 mit angereichertem Uran des deutsch-niederländisch-britischen Urananreicherers Urenco. Urenco betreibt auch im westfälischen Gronau die eine Urananreicherungsanlage. Von Gronau wird regelmäßig Uran zur schwedischen

"...jahrelang wider besseren Wissens durch die Uranbrennstofflieferungen den Weiterbetrieb des maroden Atomkraftwerks ermöglicht, ........!!!“,Rashid Alimov. Alimov. bild greenpeace
“…jahrelang wider besseren Wissens durch die Uranbrennstofflieferungen den Weiterbetrieb des maroden Atomkraftwerks ermöglicht, ……..!!!“,Rashid Alimov. Alimov. bild greenpeace

Brennelementefabrik Västeras geliefert. Die aktuellste Exportgenehmigung stammt laut Website des Bundesumweltministeriums vom 1. Februar 2022. Am 1. und 2. Juni gingen laut Transportliste des Bundesamts BASE die zwei aktuellsten Transporte mit angereichertem Uran nach Västeras.

Das angereicherte Uran von Urenco wird in Västeras vom US-Konzern Westinghouse zu Brennelementen verarbeitet und dann in die Ukraine exportiert. IPPNW, BBU und Anti-Atomkraft-Initiativen haben diesen Uran-Deal schon 2016 scharf kritisiert, weil Saporischschja schon damals sehr nahe der umkämpften Region im Donbass lag. Auch zwei Blöckedes AKW Süd-Ukraine werden von Urenco und Westinghouse beliefert. Sie liegen unweit der Kampfzone bei Cherson und Mikolajew.

„Atomkraft ist für keines unserer Energie- und Klimaprobleme die Lösung...!" Kerstin Rudek bild bürgerinit.
„Atomkraft ist für keines unserer Energie- und Klimaprobleme die Lösung…!” Kerstin Rudek bild bürgerinit.

IPPNW, BBU und Anti-Atomkraft-Initiativen erinnern daran, dass noch im letzten Jahr die damalige Bundesumweltministerin Svenja Schulze zum Jahrestag der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl unmissverständlich forderte, dass die Lehre aus dem Super-GAU von 1986 sei, so schnell wie möglich aus der Atomenergie auszusteigen.

“Stattdessen erleben wir in der Ukraine eine nie gekannte Militarisierung der angeblich “zivilen” Atomkraft und hierzulande eine faktenfreie Pseudodebatte zu möglichen AKW-Laufzeitverlängerungen“, kritisiert Kerstin Rudek von der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg ausdrücklich.

Und sie betont noch einmal ganz kategorisch: „Atomkraft ist für keines unserer Energie- und Klimaprobleme die Lösung.

Stattdessen droht uns in der Ukraine an einem Atomkraftwerk erstmals eine unkontrollierbare militärische Eskalation!“ Und auch sie fordert für ihre Bürgerinitiative: „Die Bundesregierung muss nun sofort alle diplomatischen Kanäle nutzen !”