Deutschlands CO₂-Ausstoß stagniert im Jahr der fossilen Energiekrise – obwohl der Energieverbrauch deutlich sinkt und ein günstiges Wetterjahr den Anteil von Wind- und Solarstrom auf Rekordhöhe hebt. 2023 muss die Bundesregierung dringend strukturelle Maßnahmen umsetzen, um sowohl Klimaziele als auch Energiesicherheit zu erreichen, lauten erste Erkenntnisse aus der neuen Studie der Agora Energiewende, die am gestrigen Mittwoch, 04. Januar veröffentlicht wurde.

"...ein Alarmsignal im Hinblick auf die Klimaziele“ ....!" Simon Müller, bild agora
“...ein Alarmsignal im Hinblick auf die Klimaziele“….!” Simon Müller, bild agora

Im kommentierenden Statement von Agora heißt es dazu: 2022 ist die zum Erreichen der deutschen Klimaziele erforderliche Reduktion der CO₂-Emissionen ausgeblieben: Deutschlands Treibhausgasausstoß stagnierte bei rund 761 Millionen Tonnen CO₂. Das zeigen aktuelle Berechnungen von Agora Energiewende, die der Thinktank in seiner Auswertung des Energiejahres 2022 veröffentlicht hat. Demnach lag die Emissionsminderung 2022 im Vergleich zum Referenzjahr 1990 bei knapp 39 Prozent und damit zum zweiten Mal hinter dem 2020 erreichten Klimaziel von 40 Prozent. „Die CO₂-Emissionen stagnieren auf hohem Niveau, und das trotz eines deutlich niedrigeren Energieverbrauchs von Haushalten und Industrie. Das ist ein Alarmsignal im Hinblick auf die Klimaziele“, sagt Simon Müller, Direktor Deutschland bei Agora Energiewende.

Laut der Agora-Auswertung ist der Energieverbrauch in Deutschland um 4,7 Prozent beziehungsweise 162 Terawattstunden gegenüber 2021 zurückgegangen, unter anderem infolge der massiven Preissteigerungen bei Erdgas und Strom sowie milder Witterung. Der Verbrauch sank unter das Niveau im Corona-Jahr 2020 und damit auf den tiefsten Stand im wiedervereinigten Deutschland. Der verstärkte Einsatz von Kohle und Öl machte die Emissionsminderungen durch Energieeinsparungen jedoch zunichte: Das Reduktionsziel für 2022 von 756 Millionen Tonnen CO₂, das sich aus der Summe der CO₂-Vorgaben für die Bereiche Energiewirtschaft, Gebäude, Verkehr, Industrie, Land- und Abfallwirtschaft ergibt, wurde um 5 Millionen Tonnen knapp verfehlt. Und das, obwohl der Anteil der Erneuerbaren Energien am Stromverbrauch witterungsbedingt einen neuen Höchstwert von 46,0 Prozent erreichte.

Die CO₂-Emissionen aus der Energiewirtschaft stiegen laut Agora-Abschätzung 2022 erstmals wieder an und betrugen zum Jahresende 255 Millionen Tonnen CO₂ (plus 8 Millio-nen Tonnen im Vergleich zu 2021). Haupttreiber war die höhere Verstromung von Kohle aufgrund stark gestiegener Erdgaspreise. In Summe wurde damit das im Klimaschutzgesetz vorgeschriebene Reduktionsziel von 257 Millionen Tonnen CO₂ nur knapp eingehalten.

Der Verkehrs- und der Gebäudebereich verpassten hingegen erneut ihre Klimaziele: Der

" Der verstärkte Einsatz von Kohle und Öl machte die Emissionsminderungen durch Energieeinsparungen jedoch zunichte: ...!" ...Karik. U+E
Der verstärkte Einsatz von Kohle und Öl machte die Emissionsminderungen durch Energieeinsparungen jedoch zunichte: …!” …Karik. U+E

Gebäudebereich überzog mit 113 Millionen Tonnen CO₂ das Sektorziel um 5 Millionen Tonnen. Der Einsparerfolg von minus 16 Prozent beim Erdgasverbrauch im Vergleich zum Vorjahr führte zwar zu einem Emissionsrückgang von 7 Millionen Tonnen CO₂ gegenüber 2021, konnte aber die jahrelangen Versäumnisse bei der Wärmewende nicht ausgleichen. Im Verkehr lag der CO₂-Ausstoß mit 150 Millionen Tonnen CO₂ deutlich über dem erlaubten Wert von 139 Millionen Tonnen CO₂. Gründe für die Zielverfehlung sind das nach dem Corona-Rückgang wieder angestiegene Verkehrsaufkommen und fehlende politische Maßnahmen zur Emissionsreduktion.

Der Agora-Auswertung zufolge produzierten Erneuerbare Energien im Jahr 2022 mit 248 Terawattstunden so viel Strom wie nie zuvor – ein Plus von 22 Terawattstunden beziehungsweise 10 Prozent gegenüber 2021. Dabei blieb die Windkraft mit 126 Terawattstunden größter Stromlieferant unter den Erneuerbaren. Gleichzeitig stieg die Stromproduktion aus Solaranlagen mit 60 Terawattstunden um 23 Prozent gegenüber 2021 – dank eines überdurchschnittlich guten Sonnenjahrs und eines Zubaus in Höhe von 7,2 Gigawatt. Insgesamt betrug die Erneuerbaren-Energien-Kapazität am Jahresende 148 Gigawatt und damit 9,6 Gigawatt mehr als 2021.

Dennoch warnt Agora-Experte Müller: „Das Rekordjahr für die Erneuerbaren Energien ist wetterbedingt und damit kein struktureller Beitrag zum Klimaschutz.“

Lesen Sie dazu auch unseren Bericht: 2022: Fast die Hälfte der gesamten Strommenge aus Erneuerbaren