URENCO-Anlage
URENCO-Anlage

 Dementi der IEAO-Sprecherin Gill Tudor

Wird Kasachstan die “Bank” für angereichertes Uran?

Der Verkauf der Atomfabrik  URENCO, die sich im Besitz der deutschen Konzerne RWE und E.on, sowie der britischen und niederländischen Regierung befinden, wird unter höchster Geheimhaltung vorbereitet.

Die URENCO- Anlagen fabrizieren den Uran- Brennstoff für Atom-kraft- werke, können aber mit ihrer Technik gleichzeitig hochangereichertes Uran zum Bau von Atomwaffen erzeugen. Weil das so ist unterliegen die URENCO- Fabriken strengen internationalen Kontrollen. Daher ist ein Verkauf nur möglich, wenn auch die Regierungen der drei Länder – also auch die Bundesregierung zustimmen.
Die Niederlande aber haben Bedenken. Bereits am 5. Dezember vergangenen Jahres behandelte deshalb ein Runder Tisch die Risiken eines Verkaufs der Uranfabriken. Die Bundesregierung dagegen hüllt sich bis heute in geheimnisumwittertes Schweigen, lehnt jede konkrete Äußerung ab.

Sylvia Kotting-Uhl:Cyber-Attacken für die Regierung bisher kein Thema Fehlbesetzung."
Sylvia Kotting-Uhl: Die Bundesregegierung sollte ihr Veto einlegen und gegen den Verkauf der URENCO stimmen.

Die atompolitische Sprecherin der GRÜNEN-Fraktion im Bundestag, Sylvia Kotting-Uhl, richtete bereits im vergangenen Jahr, als erste Anzeichen zum Verkauf der Atomfabrik durchsickerten, mehrere Anfragen an die Bundesregierung. Unter anderem wollte sie erfahren, wie der Zeitplan für den Verkauf der deutschen Anteile aussehe. Für die Bundesregierung verwies Staatssekretär Kapferer aus dem Bundeswirtschafts-ministerium in seinem Antwortschreiben vom 28.März 2013 auf den ge- meinsamen Kontrollausschuss der drei Anteilsländer Niederlande, Deutschland und Großbritannien und schrieb: „Die Beratungen des Ausschusses sind vertraulich.“
Völlig überraschend berichtet nun die Süddeutsche Zeitung unter der Überschrift: „Bieterkampf um den Schlüssel zur Atombombe“ Interessenten hätten bis Ende Dezember Zeit ihr Gebot für einen Kauf der Urananreicherungsfabriken abzugeben.

URENCO-Verkauf: Handelnde Außenminister Steinmeier, kanzlerin Angela Merkel und Wirtschaftsminister Gebriel
URENCO-Verkauf: Handelnde Außenminister Steinmeier, kanzlerin Angela Merkel und Wirtschaftsminister Gebriel

Alles, was mit dem Verkauf zu tun hat, unterliegt offensichtlich der höchsten Geheimhaltungsstufe. Die Leiterin der RWE-Konzernpresse, Annett Urbaczka, antwortete uns auf unsere Frage, ob das Bieter- verfahren wirklich Ende Dezember abgeschlossen werde, „…bedauerlicherweise kann ich Ihnen … keine Informationen über solche prozessrelevanten Details geben.“

Der RWE-Vorstandchef, Peter Terium, erklärte dagegen bereits im Mai des Jahres in einem Interview mit  der Wirtschaftsagentur Bloomberg, er rechne nicht damit den RWE- Anteil an Urenco im laufenden Jahr noch zu verkaufen.  Ein Börsengang von Urenco sei möglich, äußerte er weiter, aber nicht sehr wahrscheinlich. Der Verkauf an einen strategischen Investor brächte wohl den besten Preis, war sich der Manager sicher.
Während bereits im vergangenen Jahr, als die Verkaufsabsichten durchsickerten, der Wert der Anlagen auf etwa 15 Mrd Euro taxiert wurde, werden jetzt etwa 10 Mrd € ins Spiel gebracht.

Die indische Regierung hatte bereits im vergangenen Jahr deutliches Interesse signalisiert. Experten gehen davon aus, dass weltweit Staaten, die den Bau der A-Bombe anstreben insgeheim ihr Gebot abgeben werden. Die Liste. die dann vorliegt, wäre dann mehr schon als eine Verdächtigen-Liste. Wird, wie im Wirtschafts-Bieterkampf meist üblich an den Meistbietenden verkauft? Dazu teilte uns Annett Urbaczka mit: „Wir können versichern, dass Sicherheitsaspekte von allen involvierten Parteien sensibel behandelt werden.“ Dies wäre bei einem Börsengang URENCOS wohl kaum noch möglich.

Die atompolitische Sprecherin der GRÜNEN-Fraktion im Bundestag, Sylvia Kotting-Uhl, fordert dagegen: „Die Bundesregierung sollte ihr Veto bei den Verhandlungen einsetzen, um gegen den Verkauf zu stimmen.“ Sie ließ uns wissen:   ” …, dass jede Weitergabe von Wissen in der Urananreicherungs-technologie auch das Wissen bei der Atomwaffentechnologie erhöht.”

IEAO-Sprecherin Gill Tudor: Heftiges Dementi. URENCO geht nicht an IEAO
IEAO-Sprecherin Gill Tudor: Heftiges Dementi. URENCO geht nicht an IEAO

Ein strategischer Investor im Sinne von RWE-Chef Terium könnte dagegen die Internationale Atom -Energie-Agentur(IEAO) mit Sitz in Wien sein, war eine Überlegung in unse- rer Redaktion. Denn, be- reits am 02.Mai 2007, hatten wir uns erinnert,  hatte der damalige Außenminister Frank Walter Steinmeier in einem Artikel für das Handelsblatt die Frage gestellt: „Wie stellen wir sicher, dass Staaten die Anreicherung von Uran nicht heimlich zum Bau von Atomwaffen nutzen? Eine Reihe Staaten unter den aufstrebenden neuen Industrienationen könnte künftig auf Kernenergie setzen, mutmaßte Steinmeier. Diese Länder könnten bestrebt sein, sich aus der Lieferabhängigkeit von angereichertem Brennstoff zu befreien und selbst Uran anreichern zu wollen. Damit steige aber auch die Gefahr des Missbrauchs. Aus diesem Grunde werde bereits seit einiger Zeit über Liefergarantien für nuklearen Brennstoff diskutiert. So solle verhindert werden, dass immer mehr Länder selbst die Anreicherung von Uran betreiben.Er hatte im selben Artikel im Namen der Bundesre-gierung einen entsprechenden Vorschlag unterbreitet in dessen Mittel- punkt die IEAO stand.

06.11.14 IEAO FlaggeSchon bei ihrer Gründung der IEAO vor mehr als 50 Jahren sei der Agentur die Möglichkeit eingeräumt worden, eigene Anlagen zu errichten, begründet Steinmeier den Vorschlag und fordert diese Anlage müsse von allen akzeptiert werden, und der Gaststaat, in dem sie errichtet worden sei, müsse klar definierte Hoheitsrechte an die IAEO abtreten. Dieses Gebiet wäre quasi exterritorial, ähnlich dem Sitz der UN in New York. „Es gibt keine andere Instanz, die dies qualifizierter und kompetenter beurteilen könnte.“
Wir haben deshalb bei der IEAO angefragt und uns daraufhin ein heftiges Dementi der Chef- Sprecherin, Gill Tudor,  eingehandelt: “Please note that the IAEA does not plan to buy URENCO.” Zugleich verweist Gill Tudor darauf, dass bereits 2010  “the IAEA Board of Governors authorized the IAEA Director General to establish a reserve of low enriched fuel bank.

Wir wurden sogar gebeten den Artikel möglichst schnell zu ändern oder ganz von der Seite zu nehmen.

Gill Tudor: “The story is highly misleading, and we strongly request that you correct or remove it from your website as soon as possible.”

Warum das Dementi so kräftig ausfiel und der Artikel geändert oder sogar verschwinden sollte, dazu gibt es sicherlich die verschiedensten Deutun- gen.  Wir haben jedenfalls nicht ohne einen Fingerzeig aus Insiderkreisen   Steinmeiers Vorschlag, den er damals in Namen der Bundesregierung vorgetragen hatte, aus der Versenkung geholt. Die IEAO-Sprecherin verwies, wie oben geschrieben,  in ihrer Mail an uns auch auf die Beschlüsse des Board of Governors der IEAO. Das hatte 2010 der Atom-Organisation die Einrichtung einer eigenen “Uran-Bank” genehmigt mit der Staaten, die Probleme bei der Versorgung mit atomarem Brennstoff hätten, geholfen werden könnte. Der Staat, in dem diese “Bank” angesiedelt wäre, sollte dort auf seine Hoheitsrechte verzichten, gemäß dem UN-Sitz in New York. Als einziges Land hat sich dafür Kasachstan gemeldet.

Soll Kasachstan die angereicherten Uranvorräte der IEAO horten?

Hortest Kasachstans Machthaber Sultan Nazarbajew das angereicherte Uran des Westens?
Hortest Kasachstans Machthaber Sultan Nazarbajew das angereicherte Uran des Westens?

Das Auswärtige Amt erklärt dazu in einer eigenen Veröffentlichung : “Kasachstan hat angeboten, die „LEU-Bank“ in einer bereits bestehenden Nuklearanlage unterzubringen (der Begriff einer „Bank“ ist freilich irreführend, die Pläne sehen eher einen hochgesicherten, unter IAEO-Kontrolle befindlichen Lagerkomplex für LEU vor). Einen genauen Zeitplan für die Umsetzung des Projekts in die Tat gibt es nicht.” Seit 2010 ist bis heute  also noch nichts  passiert. Alles ist noch im Fluss.

Deshalb   fragten wir  beim Auswärtigen Amt in Berlin an, ob der Stein- meier-Vorschlag  aktuell noch behandelt werde. Darauf erhielten wir lediglich den Hinweis wir möchten uns mit unserer Frage an das Bundes- wirtschaftsministerium (BMWI) wenden. Das sei federführend in der Frage. Von dort erhielten wir eine ausführliche Stellungnahme, die wir weiter unten wiedergeben. Konfrontiert mit dem Steinmeier-Vorschlag erklärte man aber:  “Die Bundesregierung beteiligt sich nicht an Spekulationen über potentielle Kaufinteressenten bei URENCO.”

Berlin: Nukleare Nichtverbreitung muss sichergestellt sein

Ansonsten äußerte sich das BMWI  wie folgt: “Die Bundesregierung hat die Verkaufsabsichten der URENCO-Anteilseigner zur Kenntnis genommen. Die Bundesregierung wird Anteilsänderungen nur zustimmen, wenn ein angemessener Rechtsrahmen zur Umsetzung des völkerrechtlichen Vertrags von Almelo erreicht ist. Unter anderem muss die nukleare Nichtverbreitung, Sicherung der Technologie und wirtschaftliche Solidität bei URENCO sichergestellt sein.” Wie das bei einem Verkauf an einen strategischen Investor, der ja laut dem Vorstandsvorsitzenden von RWE, Peter Terium, die höchste Summe wohl zahlen würde, erreicht werden kann bleibt bisher in den Köpfen der Handelnden verborgen.  Wäre der Käufer aber die IEAO, bestünde die berechtigte Annahme, dass dies weitestgehend sichergestellt werden kann.

Das BMWI erklärte uns gegenüber aber weiter: “Entscheidender Maßstab ist dabei der von der Bundesrepublik Deutschland, den Niederlanden und Großbritannien unterzeichnete völkerrechtliche Vertrag von Almelo vom 4. März 1970. Aus dem Vertrag von Almelo ergibt sich auch, dass alle drei Staaten im sog. Gemeinsamen Ausschuss (Joint Committee) Anteilsänderungen bei URENCO zustimmen müssen.”  Das Ministerium von SPD-Chef Sigmar Gabriel, präzisierte jedoch im Gegensatz zu bisher bekannt gewordenen  Veröffentlichungen: ” Ein fester Zeitrahmen oder bestimmte Fristen sind hierfür nicht vorgesehen.”

 

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