Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat am vergangenen Freitag, 03. März, einen Bericht zu den Planungen und Kapazitäten der schwimmenden und festen Flüssigerdgasterminals erstellt. Die Planung und der Aufbau einer eigenen LNG-Infrastruktur sind unmittelbare Folge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine und die damit ausgelöste Energiekrise, berichtet darin Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck.

„Der Angriff Russlands auf die Ukraine hat uns spüren lassen, wie gefährlich einseitige Abhängigkeiten sind und dass sie uns etwas kosten. Wir wären mit dem Klammerbeutel gepudert, wenn wir nicht daraus lernen würden. ..!" Robert Habeck, bild dominik butzmann, bmwk
Der Angriff Russlands auf die Ukraine hat uns spüren lassen, wie gefährlich einseitige Abhängigkeiten sind und dass sie uns etwas kosten. Wir wären mit dem Klammerbeutel gepudert, wenn wir nicht daraus lernen würden. ..!” Robert Habeck, bild dominik butzmann, bmwk

Ziel ist es, über den Aufbau einer eigenen LNG-Infrastruktur in Deutschland einseitige Abhängigkeiten zu überwinden und Vorsorge und Resilienz zu stärken. Diesen Prinzipien folgt – betont Habeck die Planung.

Der Bericht stellt die Ausgangslage des letzten Jahres dar und nimmt Stellung zu den Standorten und Planungen der schwimmenden und festen Flüssigerdgasterminals. Ebenfalls eingeflossen in den Bericht ist eine Studie des Energiewirtschaftlichen Instituts der Universität Köln (EWI), welche das BMWK beauftragt hatte, um angesichts der dynamischen Entwicklung auf den Gasmärkten Gasszenarien für die mögliche weitere Entwicklung zu erstellen.

Zu den Inhalten des Berichtsgibt im begleitenden Statement des BMWK konkretere Erläuterungen. Zunächst: Was ist die Ausgangslage und warum ist eine neue Infrastruktur erforderlich?
… Aufgrund des Agierens Russlands musste sich die Bundesregierung auf Störungen und einen – dann eingetretenen – Ausfall russischer Gaslieferungen einstellen. Daher mussten unter Hochdruck und mit großer Schnelligkeit alternative Gasversorgungsmöglichkeiten geschaffen werden, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Deshalb wurde im vergangenen Jahr damit begonnen, eine neue Infrastruktur, bestehend aus sogenannten Floating Storage and Regasification Units (FSRU) und festen Flüssigerdgasterminals, aufzubauen.

Mit dem Aufbau und der weiteren Planungen berücksichtigt die Bundesregierung eine der zentralen Lehren der durch den russischen Angriffskrieg ausgelösten Energiekrise, nämlich dass die Verwundbarkeit, die durch einseitige Abhängigkeit entstanden ist, durch Robustheit ersetzt werden muss. …

Die Bundesregierung arbeitet bei ihrer Bedarfsplanung zudem mit einem Risikoaufschlag bei den Szenarien für den Gasverbrauch. Dieser stellt sicher, dass Deutschland auch für den Fall gewappnet ist, dass der Gasverbrauch in Spitzen höher ausfällt als angestrebt. Für den Fall, dass der Gasverbrauch niedriger ist, können FSRU-Infrastrukturangebote auch flexibel reduziert werden.

Um schnell Lösungen für den Winter 2022/2023 und für den Winter 2023/24 umsetzen zu können, wurden und werden zunächst FSRU-Terminals bereitgestellt. Anschließend folgen die landseitigen LNG-Terminals. Diese hätten mit einer Bauzeit von ca. 3,5 Jahren nicht zur kurzfristigen Kompensation russischer Gaslieferungen beitragen können. Umgekehrt gilt, dass nur feste Terminals auf grüne Gase umstellbar sind. Daher ist der Aufbau beider Infrastrukturen erforderlich, wobei klar ist, dass die festen Terminals, sobald sie fertig sind, die FSRU ablösen. Insgesamt ist zu bedenken, dass für die jeweilig geplanten Projekte auch immer Realisierungsrisiken bestehen.

Konkretes zu der geplante LNG-Infrastruktur :

FSRU- Terminals: Zu Beginn des Jahres 2023 sind zwei durch den Bund initiierte FSRU in

"Zu Beginn des Jahres 2023 sind zwei durch den Bund initiierte FSRU in Wilhelmshaven und Brunsbüttel in Betrieb..!" bild bundesrg
“Zu Beginn des Jahres 2023 sind zwei durch den Bund initiierte FSRU in Wilhelmshaven und Brunsbüttel in Betrieb gegangen.!” bild bundesrg

Wilhelmshaven und Brunsbüttel in Betrieb gegangen bzw. befinden sich aktuell kurz vor Abschluss der Inbetriebnahmeaktivitäten. Zusätzlich wird seit Jahresbeginn eine FSRU in Lubmin privat betrieben. Durch die Kapazitäten dieser drei Terminals kann im Jahr 2023 zunächst LNG für ca. 13,5 Mrd. m³ Gas in Deutschland angelandet werden. Darüber hinaus sind drei weitere durch den Bund initiierten FSRU‐Standorte im Aufbau. Diese sind Wilhelmshaven II, Stade und Lubmin.

Für die in Brunsbüttel eingesetzte FSRU gilt, dass diese über eine nominelle Kapazität von ca. 7,5 Mrd. m³/Jahr verfügt, aber aufgrund der lokalen Netzsituation zunächst nur für 3,5 Mrd. m³/Jahr genutzt werden kann. Nach Fertigstellung einer neuen Anbindungsleistung Ende 2023 ist eine volle Auslastung der Kapazität von 7,5 Mrd. m³/Jahr möglich.

Die nominelle Kapazität der übrigen durch den Bund gecharterten FSRU liegt bei ca. 5 bzw. ca. 4,5 Mrd. m³/Jahr. In den Jahren 2024 und 2025 werden nach derzeitigen Planungen alle fünf Bundes‐FSRU ganzjährig in Betrieb sein und zusammen eine (nominelle) Regasifizierungskapazität von ca. 27 Mrd. m³/Jahr stellen. Die Regasifizierungskapazitäten des privaten Projekts in Lubmin sollen von jetzt 5 Mrd. m³ auf insgesamt ca. 10 Mrd. m³ ab 2024 ausgeweitet werden.

Feste Terminals
In den Jahren 2026 und 2027 sollen die drei derzeit geplanten landseitigen Terminals in Stade, Brunsbüttel und Wilhelmshaven in Betrieb gehen. Mit den festen Terminals stiege die LNG-Importkapazität rechnerisch auf ca. 54 Mrd. m³. Hier ist allerdings zu beachten, dass bei keinem der Terminals bisher eine finale Investitionsentscheidung getroffen wurde.

Brunsbüttel und Stade werden – soweit wie möglich – „green‐ready“ gebaut, d.h. vorgerüstet für einen späteren Betrieb mit Wasserstoffderivaten, insbesondere Ammoniak (verstärkte Fundamente, Beschichtung/Stahl). Das feste Terminal am Standort Wilhelmshaven ist von Beginn an als Grüngasterminal für synthetisches, aus grünem Wasserstoff hergestelltes Methan konzipiert.

Die landseitigen Terminals sollen die bis dahin an diesen Standorten stationierten FSRU ablösen.

Wie hoch sind die Kosten?:   Der Ausbau einer LNG-Infrastruktur für FSRUs betrifft einen sehr langen Planungszeitraum, nämlich die Zeit von 2022 bis 2038. Der Ausbau hat über eine solch lange Zeitschiene unterschiedliche Projektphasen – viele davon reichen auch in die Zukunft und unterliegen daher Anpassungen. Für diesen Zeitraum von 2022-2038 werden und wurden Kostenabschätzungen

Für den Zeitraum von 2022-2038 gehen wir von Kosten von rund 9,8 Mrd. Euro aus.
“…Für den Zeitraum von 2022-2038 gehen wir von Kosten von rund 9,8 Mrd. Euro aus. …..!”

vorgenommen, die stetigen Anpassungen unterworfen sind und für die jetzt ein Maximalrahmen angesetzt wurde, der sich über die Zeit verändern kann. Dieser muss nicht ausgeschöpft werden. So wurden beim Chartern der FSRUs sehr bewusst Mietverträge und keine Kaufverträge geschlossen, da sich hier Änderungen in Folgejahren ergeben können, wenn der Bedarf sinkt. Gleichzeitig werden aber auch Infrastrukturmaßnahmen finanziert, wie Anbindungsleitungen und Erweiterung und Verbesserung Leitungsinfrastruktur verbessert, die dann für Folgeinvestitionen genutzt werden können und langfristig zur Verfügung stehen. Genau deshalb wird darauf geachtet, diese Netzinfrastrukturen in der Zukunft auch für Wasserstoff, bzw. Wasserstoffderivate nutzen zu können. Den Kosten stehen wiederum – mit Beginn der Regasifizierung bzw. des Regelbetriebs der FSRU – Einnahmen insbesondere durch Regasifizierungsgebühren gegenüber.

Für den Zeitraum von 2022-2038 gehen wir von Kosten von rund 9,8 Mrd. Euro aus. Diese rund 9.8 Mrd. Euro hat der Deutsche Bundestag auch bereit gestellt. Es zeichnet sich aber bereits jetzt ab, dass weiter Kostensteigerungen dazu kommen werden.

Näheres zur Studie des EWI : In den Bericht eingeflossen ist eine Studie des EWI. Das EWI hat im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) eine Analyse zur Entwicklung der globalen Gasmärkte sowie zur Entwicklung der Gasversorgung in Deutschland durchgeführt. Die Arbeiten wurden im Februar 2023 abgeschlossen. Im ersten Teil der Studie wird mittels eines Simulationsmodells die Entwicklung der globalen Gasmärkte unter Berücksichtigung unterschiedlicher Nachfrage- und Angebotsszenarien untersucht. Ziel der Simulation ist die Bestimmung von Handelsflüssen für LNG und Pipelinegas, der möglichen Entwicklung der Gaspreise sowie der sich ergebenden Auslastung von LNG-Infrastrukturen in den Jahren 2026, 2030 und 2035. Im zweiten der Teil der Analyse wird das Gasaufkommen und der Gasbedarf bis 2025 für Deutschland bilanziert. Ziel dieser Berechnung ist die Abschätzung der Verfügbarkeit von Erdgas im Jahresverlauf sowie der maximalen Speicherfüllstände, jeweils unter der Annahme unterschiedlicher Entwicklungen der Nachfrage. Nicht Gegenstand der Analyse waren u.a. eine Ermittlung des künftigen Gasbedarfs, die Berechnung der genau benötigten LNG-Kapazitäten, Resilienzfragen oder die Auswirkungen eines möglichen Ausfalls einzelner Komponenten in der Gasversorgung.