30.09.14 BrüsselEs ist noch gar nicht lange her, da forderte der für Energie zuständige EU-Kommissar Günther Oettinger, angesichts der Drohungen Moskaus dem Westen den Gashahn zudrehen zu wollen, Notfallpläne für den kommenden Winter. Mit Blick auf diese Lageeinschätzung muten die gestrigen Feststellungen von Anke Tuschek, Mitglied der BDEW- Hauptgeschäftsführung in Berlin, zunächst wie das Singen im Walde an. Oder man könnte auch meinen sie seien dazu gedacht, Moskau wissen zu lassen Russland könne mit irgendwelchen Gassanktionen Deutschland nicht erpressen.

Anke Tuschek: Erdgas bleibt sicherer Energieträger
Anke Tuschek: Erdgas bleibt sicherer Energieträger

In einer Presseverlautbarung ließ Tuschek wissen: “Erdgas ist und bleibt ein sicherer Energieträger. Seit vielen Jahrzehnten haben wir in Deutschland eine sichere und leistungsfähige Gasversorgung. Auch für den kommenden Winter sind wir sehr gut gerüstet. Die Erdgas-Versorgung basiert auf vier zentralen Säulen: Diversifizierte Importquellen und Transportwege, liquide Handelsmärkte, hohe Speicherkapazitäten sowie die heimische Erdgas-Förderung. Dies hat sich in Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten bewährt.”
Demgegenüber hatte Oettinger Stresstests bei Europas Gasunternehmen angekündigt, ähnlich wie bei maroden Banken der Euro-Zone, um Schwachstellen der Energieversorgung zu identifizieren. Anschließend ist gemäß EU-Vorgabe beabsichtigt die Reserven verschiedener Staaten und Regionen in einem virtuellen Energie-Pool zusammenfassen und Ziehungsrechte verteilen.
In diesem Zusammenhang stimmt auch die BDEW- Tuschek verbreitete Einschätzung nachdenklich die Gaswirtschaft sehe Forderungen nach einer staatlichen Erdgasreserve kritisch. “Die deutsche Gaswirtschaft hat in den vergangenen Jahren in privatwirtschaftlicher Initiative die viertgrößten Erdgas-Speicherkapazitäten der Welt aufgebaut. Eine staatliche Reserve wäre ein massiver Eingriff in den bestehenden Markt und würde funktionierende marktwirtschaftliche Strukturen schwächen, anstatt diese zu stärken.” Eine strategische Erdgasreserve könne die Wettbewerbsposition deutscher Speicherbetreiber im europäischen Speicherwettbewerb beeinflussen. Zudem sei die Etablierung einer zusätzlichen strategischen Erdgasreserve teuer und wesentlich kostenintensiver als die Erdölbevorratung.

Tuschek nahm zudem die erheblichen Veränderungen ins Blickfeld, die sich für den Gasmarkt durch die Energiewende und den geänderten Ordnungsrahmen ergeben. “Der BDEW analysiert derzeit die bestehenden Strukturen des Geschäftsfeldes Gas im Hinblick auf die anstehenden Herausforderungen und erarbeitet Vorschläge für die erforderliche Weiterentwicklung des Gasmarktes. Das Gesamtprojekt umfasst dabei auch die Einschätzung von Entwicklungspotenzialen des Produktes Erdgas. Erste Ergebnisse wird der BDEW Anfang Dezember dieses Jahres vorstellen.”

Bei der Energiewende und den CO2-Einsparzielen müssten der Wärmemarkt und die Potenziale des Energieträgers Erdgas beispielsweise auch im Bereich Mobilität habe, stärker in den Fokus rücken. Im Wärmemarkt sollte eine Orientierung an der Wirtschaftlichkeit der Maßnahmen, zum Beispiel über die CO2-Vermeidungskosten, erfolgen. “Erdgassystemlösungen bieten sichere und bezahlbare Techniken, die schon heute einen wesentlichen Beitrag zur sozialverträglichen Modernisierung im Heizungsbestand leisten.” Um die CO2-Vermeidungspotenziale im Wärmemarkt möglichst kosteneffizient erreichen zu können, müssten die Rahmenbedingungen technologieoffen und energieträgerneutral gestaltet werden, so Tuschek.