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Hennef ist die „Stadt der 100 Dörfer“, heißt es auf der website der Stadt. Und weiter: „Sie besticht durch eine Mischung aus städti- schem Flair und ländlichem Charme.“ Hennef, 1981 zur Stadt ge- worden. Hier lebt  nach Troisdorf, Sankt Augustin und Bornheim mit rund 46 000 Einwohnern der viertgrößte Bevölkerungsanteil im Rhein-Sieg-Kreis.

Neben dem Zentrum von Hennef, hier leben rund 20.000 Einwohner, gibt es mit Uckerath ein zweites Zentrum (3100). Darum gruppieren sich in grüner Landschaft rund hundert kleine und größere Dörfer, von Altglück mit einem Einwohner über Bödingen mit 400 bis Weingartsgasse mit 200. Auch die Stadt Blankenberg gehört zu diesen Dörfern, genauso wie das traditionsreiche Geistingen und die früher eigenständige Gemeinde Lauthausen.
Die Hennefer Innenstadt mit ihrer alleeartig angelegten Haupteinkaufsmeile „Frankfurter Straße“ und die Zentren von Uckerath und Geistingen sind Anlaufpunkt für die Hennefer selbst wie auch für viele Menschen aus dem Umland. GE DIGITAL CAMERA
Wie bewältigt eine solche, weitverzweigte Stadt mit zwei Zentren und viel weitläufiger, sicherlich malerischer Umgebung drum herum die Energiewende mit ihren modernen Anforderungen an eigene Stromerzeugung, Energie-Handel an den Börsen, möglichst noch im Viertelstundentakt?

Oder bietet die Besonderheit der Stadt, ihre Dezentralität nicht auch viele Vorteile im Rahmen der dezentraler werdenden Energie-Erzeugerstrukturen?
Wir wollen das wissen. Deshalb haben wir uns zunächst mit Hilfe der von den Bonner Regionalplanern Heide und Eberhard 2009 erstellten Studie Ener- gieRegion Rhein-Sieg – Maßnahmen und Projekte-, einen Überblick über den Status Quo verschafft und dargestellt. Wir haben aber auch die Maßnahmen und Projekte aufgelistet, die dort für die Zukunft notiert wurden, um schließlich aktuell aufzuzeigen wohin die Entwicklung gegangen ist und in welche Richtung die Pfeile in die Energie-Zukunft zeigen. Dazu haben wir Gespräche der Stadt und den Stadtwerken geführt. Dazu haben wir auch die Meinung der im Rat vertretenen Fraktionen eingeholt. – GE DIGITAL CAMERA
Der Rhein-Sieg-Kreis könnte sich nicht nur mit selbst erzeugter Energie voll versorgen, sind die die Bonner Regionalplaner in ihrer Studie sicher, er könnte sogar in erheblichem Maße „exportieren”. Wie sieht es in einem Teil des Kreises, in Hennef, konkret damit aus?
EnergieRegion Rhein-Sieg
– Maßnahmen und Projekte-
Die Bonner Regionalplaner Heide und Eberhard haben die Studie 2009 im Auftrag der Kreissparkasse Köln in Kooperation mit der Wirtschaftsförderung des Rhein-Sieg-Kreises erstellt.
Der Anhangsteil der Studie widmet sich im Kapitel Hennef zunächst dem Entwicklungsstand der Erneuerbaren Energien in der Stadt und stellt dazu fest:

„Die Kommunalpolitik in Hennef ist an allen Fragen zur Energienutzung im Allgemeinen und zur Nutzung erneuerbarer Energien im Speziellen interessiert. Und dann wird aufgelistet, was an „Erneuerbaren“ bereits vorhanden ist und welche Technik genutzt wird:

„Zur Nutzung von erneuerbaren Energien können folgende Angaben für städtische Gebäude und Anlagen gemacht werden:
•Geothermienutzung in einem Kindergarten,
•Photovoltaikanlagen auf dem Rathausdach (40 kW), dem neuen Parkhaus (68 kW), sowie in der Kläranlage (24 kW),
•solare Warmwasserbereitung in der Gesamtschule, einer neuen Grundschule und einer Mehrzweckhalle (in Planung),
•Biogaserzeugung und –nutzung in einem BHKW in der Kläranlage (Leistung 86 kWel und 170 kWth).
•Straßenbegleitgrün und Grünschnitt vom Friedhof werden von der Fa. Reterra entsorgt. Entsorgung von privatem Grünschnitt durch Kompo- stierung erfolgt durch einen Landwirt in Lauthausen.

Darüber hinaus kann die Stadt keine quantifizierbaren Angaben über die Nutzung von erneuerbaren Energieträgern durch Dritte machen. Vom Rhein-Sieg-Kreis (Umweltamt) wird gemeldet, dass 62 Erdsonden für den Anschluss an Wärmepumpen im Bereich der Stadt Hennef genehmigt sind.

Weitere Aktivitäten im Energiebereich

Bürger erhalten eine Anfangs-Energieberatung im Umwelt- und im Hochbauamt.

Dazu stellt die Stadtverwaltung fest, dass “… die jeweils modernsten Energiesparmaßnahmen geplant werden… Die Bauherrinnen / Bauherren sind … aus eigenem Antrieb heraus an einer optimalen Lösung interessiert.” (vgl. Beschlussvorlage Nr. V/2007/0801 des Umweltamts vom 16.8.2007).GE DIGITAL CAMERA

Die Planer haben notiert „ Im ergänzenden mündlichen Gespräch wird mitgeteilt, dass Beratungsbedarf in energetischen Fragen und vor allem hinsichtlich der Fördermöglichkeiten durchaus existiert.- In der Regel wird an die Beratung bei der Verbraucherzentrale in Siegburg verwiesen.
Auf der Homepage der Stadt Hennef gibt es einen Energieberater-Link. Im Rathaus der betreibt die RWE Energie AG eine Beratungsstelle.

Aktive Personen, Personengruppen
Besonders engagiert hat sich die “Agenda 21 in Hennef e.V.”, die z.B. im Herbst 2007 eine Thermographieaktion initiiert und durchgeführt hat.
Als einzelne aktive Personen sind etwa ein Landwirt zu nennen, der sich für die Wasserkraftnutzung engagiert, oder die örtlichen Förster für die Holznutzung. Aus dem Bereich der Landwirtschaft (Biomasseverwendung) sind eher wenige Aktivitäten erkennbar.

Ausbaumöglichkeiten
Solarenergie
Angedacht wird die Idee, dass Südhänge der Siegschleifen, auf denen früher einmal auch Wein angebaut wurde (erkennbar z.B. noch im Ortsnamen “Weingartsgasse”), für großflächige Solarstromgewinnung genutzt werden können.

Ein Solarkataster für die Stadt Hennef soll durch eine private Firma (CIC-Solar) eingerichtet werden.

Windkraft
Die Stadt hat zwei Vorrangflächen für die Windenergienutzung südöstlich von Geisbach ausgewiesen. Für eine der Flächen (ca. 6 ha) gibt es ein Nutzungsin- teresse, die zweite Fläche (ca. 8,5 ha) kann ebenfalls noch belegt werden.

Windenergie- Enercon plant und finanziert  einen Windpark in Bornheim. Der Rhein-Sieg-Kreis prüft zur Zeit den Antrag  des Unternehmens
Windenergie- Enercon plant und finanziert einen Windpark in Bornheim. Der Rhein-Sieg-Kreis prüft zur Zeit den Antrag des Unternehmens; Bild Enercon

Biomasse
In Hennef sind zwei Waldgenossenschaften tätig. Die Stadt verfügt über einen Waldbesitz von rund 131 ha. Seitens des Landesbetriebs Wald und Holz ist ein Biomasse-HKW mit Holz als Brennstoff angedacht, ohne dass dazu nähere Einzelheiten (Größe, Standort) mitgeteilt wurden.

Wasserkraft
Wasserkraft wird zur Energiegewinnung nicht (mehr) genutzt. Im Stadtgebiet gibt es zwei Standorte mit alten Wasserrechten (Ahrenbach, Hanfbach), an denen derzeit Schaumühlen betrieben werden. Es könnte überprüft werden, wie diese Mühlen sich ertüchtigen lassen.
Alle alten Mühlenstandorte an der Sieg sind aufgelassen. Auch diese Standorte könnten wieder in die energetische Nutzung einbezogen werden.
Es gibt einen Landwirt, der sich für die Wasserkraftnutzung interessiert.

Öffentliche Einrichtungen
Das Schulzentrum westlich des Hennefer Stadtkerns (Realschule, Gymnasium, Berufskolleg des Kreises) kann eine geeignete Wärmesenke für eine Hackschnitzel- heizung oder Biogasversorgung darstellen. Das Schulzentrum stammt aus den 80er-Jahren.
Bauleitplanung
Im zu entwickelnden Baugebiet Hennef-Siegbogen soll eine Probebohrung vorgenommen werden, um den Bauwilligen verlässliche Informationen über die örtlichen Möglichkeiten der Geothermienutzung geben zu können
Die Firma Anton Klein (Industrieverpackungen) im Gewerbegebiet Hennef-West hat Verpackungen und Holzabfälle in größerem Umfang; eine energetische Nutzung könnte geprüft werden.

Wichtige Akteure
Wichtige Ansprechpartner in der Stadt Hennef sind einerseits die Wirtschaftsförderung, über deren Unternehmerstammtisch Kontakte zu den gewerblichen Biomasseerzeugern und –nutzern (z.B. Eckes-Granini, Klein) geknüpft werden können; zum zweiten sind zwei Waldgenossenschaften zu nennen, die zusammen mit dem Landesbetrieb Wald und Holz die Schlüsselstellung bei der Holznutzung einnehmen.

Kooperationen (vorhandene und geplante)
Über den Unternehmerstammtisch und die Waldgenossenschaften hinaus sind keine
Kooperationen zur Nutzung erneuerbarer Energien bekannt; das gilt auch für die interkommunale Zusammenarbeit. Der Organisationsgrad der Waldbauern wird als geringbeschrieben (Ansprechspartner Rolf Schäfer von der Stadtverwaltung).

Neues Rathaus Hennef
Neues Rathaus Hennef

Kurzfristige Maßnahmen

1.Geothermische Erkundung und Nahwärmeversorgung für das Baugebiet Hennef-Siegbogen: Die Erkundung ist geplant, darüber hinaus kann ein Nahwärmekonzept geprüft werden (Investition, Betriebskosten, Organisation).
2. Kontaktaufnahme mit der Firma Klein und dem privaten Entsorger in Lauthausen (Unternehmerstammtisch): Jeweils Prüfung der thermischen Nutzung des anfallenden …

BioabfallPotenzials. Eine Nutzungsmöglichkeit mit Kraft-Wärme-Kopplung sollte bei Untersuchungen im Vordergrund stehen.
3. Prüfung der (alten) Wasserrechte im Stadtgebiet hinsichtlich Wasserkraftnutzung: Mit welchen Vorteilen und Hindernissen (Gewässerschutz) ist zu rechnen? Wem gehören sie und gäbe es dort Investitionsinteresse?

Mittel- und langfristige Maßnahmen

4. Konzept für eine Biomasseversorgung des Schulzentrums: Das Schulzentrum in der Stadt Hennef mit Realschule, Gymnasium und dem Berufskolleg des Kreises dürfte einen Wärmebedarf aufweisen, der den wirtschaftlichen Einsatz einer Holzhackschnitzelanlage möglich macht. Im Rahmen eines Versorgungskonzept für das Schulzentrum kann auch geprüft werden, ob die Erzeugung und der Einsatz von Biogas wirtschaftlich sinnvoll ist.

5. Windkraftnutzung auf den ausgewiesenen Vorrangflächen: Die vorhandenen Vorrangflächen können aktiv vermarktet werden.

6.Diskussion mit den Waldgenossenschaften und dem Landesbetrieb Wald und Holz mit dem Ziel, Synergien zur Holznutzung zu bündeln und zu fördern: Die unterschiedlichen Waldeigentümer können sich zu einer gemeinsamen Holzvermarktungsinitiative zusammenschließen mit dem Ziel, auch die energetisch nutzbare Fraktion der Holzernte aufzubereiten und zu vermarkten. Die städtische Wirtschaftsförderung kann hier die Rolle eines Moderators einnehmen.
7. Die Idee des Landesbetriebs Wald und Holz, ein Biomasse-Heizkraftwerk zu unterstützen und vorantreiben, stellt dazu einen konkreten Ansatzpunkt dar. Die Gemeinde kann Unterstützung bei der Akquise von Wärmeabnehmern leisten.

8. Das WasserkraftPotenzial der Sieg ist in früheren Zeiten an vielen Stellen genutzt worden (Stichwort “alte Mühlenstandorte”). Eine Überprüfung dieser Standorte kann vorgenommen werden mit dem Ziel, die umweltverträgliche (Wieder-) Nutzung des Potenzials der Sieg zu erhöhen. Diese Maßnahme kann auch in das Projekt “Natur und Kultur quer zur Sieg” der Regionale 2010 eingebracht werden.

9. Überprüfung der Südhänge von Siegschleifen auf Eignung für (großflächige) Solarstrom – Gewinnung:
Heute ungenutzte, verbuschte Uferhänge der Sieg können sehr gute Nutzungs- bedingungen für die Solarkraftnutzung bieten. Diese Nutzung kann –auch im Spannungsfeld zum Landschaftsschutz – geprüft werden.

10. Für die städtischen Einrichtungen (im Bestand) kann durch Ratsbeschluss die Standardprüfung für den Einsatz von erneuerbaren Energien bei allen anfallenden Sanierungsmaßnahmen der Heizungstechnik verankert werden.

11. In unmittelbarer Nähe zur Gesamtschule ist eine Mehrzweckhalle für 1.000 Besucher geplant. Hier kann eine gemeinsame Nutzung (Nahwärme) von Geothermie, Biomasse und Solarthermie geprüft werden. Bei einer Realisierung könnte wegen der Kopplung zum schulischen Betrieb eine ausführliche Visualisie- rung der Anlagentechnik und der Betriebsdaten erfolgen.

Hennef hat ebenfalls den Auftrag für ein Integriertes Kommunales Klimaschutzkonzept vergeben. Wir berichten in den nächsten tagen über die einzelnen Schritte, zeitlichen Abstimmungen und Betroffenen.