Schwarze Geier-Wolken über dem Müll
Schwarze Geier-Wolken über dem Müll, Bild Rhein-Sieg-Kreis

„Es war schon ein bisschen so wie in Hitchcocks ‚Die Vögel‘, als wir den zentralen Bereich der Deponie im brasilianischen Amazo- nasgebiet bei Santarèm erreichten“, erklärten Sascha van Keeken und Rainer Kötterheinrich als sie nach ihren ersten Eindrücken beim Anblick der Deponie befragt wurden.

„Der Müll war überdeckt von einer schwarzen flatternden Decke aus „URUBUS“, den brasilianischen Geiern, die hier offensichtlich ein auskömmliches Nahrungsangebot finden“, berichtete Kötterheinrich, Leiter des Amtes für Technischen Umweltschutz beim Rhein-Sieg-Kreis. Er war zusammen mit van Keeken von der Rhein-Sieg-Abfallwirtschaftsgesellschaft, dort zuständig für Sammlung und Transport des Hausmülls nach Santarem geflogen, um der Stadtverwaltung beim Aufbau einer funktionierenden Abfallwirtschaft zu helfen.

Rainer Kötterheinrich: Mit unserer Erfahrung können wir  hier helfen
Rainer Kötterheinrich: Mit unserer Erfahrung können wir hier helfen

Dieser Besuch erfolgte im Rahmen eines gemeinsamen Pilotprojekts der Stadt Santarèm und des Rhein-Sieg-Kreises, das von Engagement Global, einer Entwicklungshilfegesellschaft des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit, finanziert wird, heißt es in einer Presseverlautbarung des Kreises. Engagement Global verfolge mit diesen Projekten der „kommunalen Klimapartnerschaften“, an dem sich bislang schon insgesamt 43 Kommunen in Deutschland, Afrika und Südamerika beteiligen, das Ziel, die globale Verantwortung für den Klimaschutz fühlbar zu machen und auf einer gemeinsamen kommunalen Ebene Beiträge zum Klimaschutz anzustoßen.

Der Kreis steuert sein Know-how bei

Das Lateinamerika-Zentrum in Bonn, ein Verein, der der Entwicklungshilfe mit Lateinamerika verpflichtet ist, hat die Partnerschaft zwischen dem Kreis und der Stadt Santarèm im Jahr 2012 initiiert. „Der Kreis steuert sein Know-how bei, die Bundesregierung übernimmt die finanziellen Lasten. Wenn wir es als Rhein-Sieg-Kreis mit unserem Beschluss ernst meinen, Verantwortung für den Klimaschutz zu übernehmen, dürfen wir eine solche Möglichkeit nicht ungenutzt lassen“, erklärt Christoph Schwarz, Umweltdezernent des Rhein-Sieg-Kreises.

Laut Vorstellung des Kreises soll in Santarem zunächst versucht werden, Bioabfall, Kunststoffe, Papier und Metalle getrennt einzusammeln und diese Anteile dann zu verwerten, anstatt sie einfach auf die Deponie zu kippen. Damit solle verhindert werden, dass sich giftige Sickerwässer und Gase bilden, die derzeit unkontrolliert in die Umwelt entweichen.

„In Deutschland sind wir diesen Weg bereits seit den 70er Jahren gegangen und wir wissen, wie viel Anstrengung es kostet, dabei erfolgreich zu sein. Gerade diese Erfahrungen und der direkte Kontakt von Verwaltung zu Verwaltung ermöglichen es uns, an dieser Stelle helfen zu können“, ist sich Rainer Kötterheinrich sicher.

Während des Besuchs der zwei kommunalen Experten aus dem Rhein-Sieg-Kreis startete gleichzeitig die Getrenntsammlung in Teilen des Stadtgebietes mit einer Informations- und Pressekampagne. Müllsammler, sogenannte ‘Catadores‘, die bislang auf der Deponie direkt an der Kippstelle PET-Flaschen und Metalle ohne entsprechende Schutzkleidung bei jedem Wetter unter zum Teil gefährlichen Arbeitsbedingungen gesammelt haben, setzen dieses Pilotvorhaben der Getrenntsammlung um. „So schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe: Wir schützen unsere Ressourcen und unsere Umwelt durch die getrennte Sammlung und verschaffen den Müllsammlern einen menschenwürdigen Arbeitsplatz und sichern damit ihren Lebensunterhalt“, kommentierte Podalyro Neto, der zuständige Umweltsecretario der Stadt Santarèm dieses Projekt.

Projekt Ende 2015 abgeschlossen

Das Pilotprojekt, das neben der Getrenntsammlung auch den Test von Kompostierung und Vergärungsverfahren beinhaltet, soll spätestens Ende des Jahres abgeschlossen sein und bei Erfolg im Rahmen eines weiteren umfangreicheren Projektes fortgeführt werden.

„Nur die URUBUS dürften über das Projekt nicht so glücklich sein“, heißt es in der Pressemitteilung des Kreises, „denn für sie gibt es eine Futterstelle weniger. Aber Brasilien ist groß und Geier fliegen weit.“