Bereits am 28. und 29. September fanden erstmals seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine zwei Urantransporte aus Russland zur Brennelementefabrik in Lingen statt. Das belegt die erst jetzt veröffent lichte Transportliste des zuständigen Bundesamtes BASE , wie Anti-Atoministiativen darunter das Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen gestern, Donnerstag, 27. Oktober, berichteten.

"Das BMUV als auch das BASE bemühen sich um größtmögliche Transparenz"....!" erklärte Steffi Lemke, bild grüne dessau
“Das BMUV als auch das BASE bemühen sich um größtmögliche Transparenz….!” erklärte Steffi Lemke, bild grüne dessau

Demnach hatte das Bundesumweltministerium dem Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen noch am Tag zuvor, am 27. September schriftlich mitgeteilt, alle Urantransporte müssten 48 Stunden im Voraus angemeldet werden und eine “entsprechende Meldung liegt dem BASE nicht vor”. Und: “Das BMUV als auch das BASE bemühen sich um größtmögliche Transparenz”. Am 27. September wussten BMUV und BASE aber gemäß der 48-Stunden-Meldungen bereits über die anstehenden Urantransporte aus Russland Bescheid, konstatieren die Aktivisten.

Und sie stellen fest: “Wir erleben hier einen glasklaren Skandal. Das Bundesumweltministerium wollte offensichtlich die unmittelbar anstehenden ersten Urantransporte aus Russland vor der Öffentlichkeit verschleiern. Anstatt `größtmöglicher Transparenz` unternahm das BMUV einen Täuschungsversuch. Wir fragen uns: War die politisch unverantwortliche Wiederaufnahme der Urangeschäfte mit Russland zu brisant, um sie noch vor der Niedersachsen-Wahl und der AKW-Laufzeitverlängerung in Lingen bekannt zu machen? Bundesumweltministerin Steffi Lemke hat jetzt einiges zu erklären,” urteilt  Alexander Vent vom Bündnis AgiEL – Atomkraftgegner:innen im Emsland.

Die Brennelementefabrik Lingen gehört dem französischen Konzern Framatome, einer Tochter des staatlichen Energiekonzerns EdF. Auf russischer Seite ist ausgerechnet der staatliche Atomkonzern Rosatom der Vertragspartner. Rosatom koordiniert zum Beispiel die fachliche Besatzungsverwaltung im militärisch eroberten AKW Saporischschja in der Ukraine – ist also für den Kreml direkt am Ukraine-Krieg beteiligt. Der Kreml-Konzern ist zugleich Russlands Atomministerium mit zum Teil militärischen Aufgaben.

“Die jetzigen Urantransporte von Russland nach Lingen sind ein sehr schlechtes Zeichen. Sie belegen, dass sich Deutschland und Frankreich nicht von der Atompartnerschaft mit dem Kreml trennen wollen. Für diese freiwillige Abhängigkeit wird ihnen Präsident Putin eines Tages eine politische Rechnung servieren. Deutschland und Frankreich müssen dringend die Atomgeschäfte mit Russland beenden,” ergänzte Vladimir Slivyak, Ko-Vorsitzender der russischen Umweltorganisation Ecodefense und Träger des Alternativen Nobelpreises.

“Es wird klar, dass der Weiterbetrieb der Brennelementefabrik keine Zukunft haben darf, da

"Die jetzigen Urantransporte von Russland nach Lingen sind ein sehr schlechtes Zeichen!" bild U+E
Die jetzigen Urantransporte von Russland nach Lingen sind ein sehr schlechtes Zeichen!” bild U+E

Frankreichs Druck auf politisch untragbare Atomgeschäfte nicht kleiner wird. Ein Warten auf EU-Sanktionen gegen Rosatom bringt nichts, die Bundesregierung muss jetzt in Eigenverantwortung handeln. Zudem muss die kommende rot-grüne Landesregierung in Niedersachsen endlich die Stilllegung der Urananlage in Lingen einleiten. Jedes Zögern hat enorme politische Konsequenzen,” erklärte Matthias Eickhoff vom Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen.

Am 27./28. September war das für Urantransporte genutzte russische Atomschiff “Mikhail Dudin” aus St. Petersburg kommend sowohl in Rotterdam wie auch in Dünkirchen. An Bord war dabei anscheinend auch das Uran für Lingen, wie von den Umweltorganisationen damals konkret befürchtet.

Das Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen hatte deshalb auf das oben zitierte Schreiben des BMUV vom 27. September noch am selben Tag an das Ministerium zurückgeschrieben und um Klarstellung gebeten. Eine Antwort liegt bis heute nicht vor, obwohl das Ministerium “größtmögliche Transparenz” versprochen hatte. Die Umweltorganisationen sehen sich deshalb in der Annahme bestätigt, dass das Bundesumweltministerium bewusst die brisante Information so lange wie möglich geheimhalten wollte.