Die Verknappung der inländischen Erzeugungskapazitäten 2021 ging in diesem Jahr mit einer Verknappung von Gas infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine einher. Gerade zu Spitzenlastzeiten war es kaum möglich, teure Gaskraftwerke durch günstigere Kraftwerke zu ersetzen. Außerhalb des Strommarktes befindliche oder zur Stilllegung vorgesehene Kohlekraftwerke kehren aktuell aufgrund

"Dies ist aber kein Grund, uns zurückzulehnen", betont Andreas Mundt, Kartellsamtspräsident
Dies ist aber kein Grund, uns zurückzulehnen”, betont Andreas Mundt, Kartellsamtspräsident

der angespannten Situation auf den Energiemärkten und um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten an den Markt zurück. Diese Anlagen werden in den kommenden Monaten noch in vollem Umfang zu einer stabilen Stromversorgung beitragen. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber mit Blick auf die Versorgungssicherheit beschlossen, die Laufzeit der drei verbliebenen Atomkraftwerke bis zum 15. April 2023 zu verlängern. Das langfristige gesetzgeberische Ziel bleibt jedoch, die Kohleverstromung in Deutschland schrittweise zu reduzieren und zu beenden.

 Erzeugung aus Erneuerbaren Energien sank … 

Die Erzeugung aus Erneuerbaren Energien sank 2021 aufgrund der vergleichsweise wind- und sonnenarmen Witterung um rund 7,2 Prozent. Der Anteil von Strom aus Erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch sank damit auf 40 Prozent, nachdem er 2020 mit 45 Prozent einen vorläufigen Höchststand erreichte.

Der fortschreitende Ausbau der erneuerbaren Erzeugung bei gleichzeitigen Verzögerungen im Netzausbau führte zu Netzbelastungen, zu deren Behebung die Netzbetreiber verpflichtet sind. Dennoch konnten rund 97 Prozent des erneuerbaren Stroms auch tatsächlich zu den Verbraucherinnen und Verbrauchern transportiert werden.

Preisniveau im Strom- und Gasgroßhandel vervielfacht…

…Seit Beginn des Angriffskrieges auf die Ukraine im Februar 2022 hat sich das Preisniveau im Strom- und Gasgroßhandel noch einmal vervielfacht und ist sehr volatil. Bis Ende August 2022 verdreifachten sich in der Spitze die Großhandelsstrompreise für den sog. Phelix-Base-Year-Future auf rund 1.000 Euro/MWh. Seitdem sind die Preise deutlich zurückgegangen, und die Preise im Stromgroßhandel folgen mit dieser Entwicklung sehr weitgehend der Preisentwicklung bei Erdgas. Denn im deutschen Stromgroßhandel setzen Erdgaskraftwerke in den meisten Stunden den Preis (Merit Order Prinzip). Zwar kann der geplante Weiterbetrieb von Kohle- und Kernkraftwerken preisdämpfend wirken, dennoch bleiben die Preise auf einem hohen Niveau.

Endkundenmärkte für Strom und Gas: “….kein Grund, uns zurückzulehnen”

Auf den Endkundenmärkten lagen die kumulierten Marktanteile der vier absatzstärksten Strom- und Gaslieferanten bei der Belieferung von leistungsgemessenen und Standardlastprofilkunden unter den gesetzlichen Vermutungsschwellen für eine marktbeherrschende Stellung. Angesichts dessen ist weiterhin davon auszugehen, dass auf diesen Märkten derzeit kein Anbieter marktbeherrschend ist.

“Dies ist aber kein Grund, uns zurückzulehnen”, betont Andreas Mundt, Präsident Bundeskartellamt. “Wir kümmern uns weiterhin intensiv um den Wettbewerb auf allen Endkundenmärkten. In diesem Jahr haben wir beispielsweise verhindert, dass es bei der geplanten strategischen Verbindung zwischen Westenergie und Rheinenergie vor allem bei der Versorgung von Endkundinnen und Endkunden mit Heizstrom im Großraum Köln zu wettbewerblichen Problemen kommt. Wesentliche Teile des Heizstromgeschäfts der Rheinenergie werden nunmehr auf einen Dritten übergehen.”

Die stärksten Auswirkungen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine lassen sich bei den Groß- und Einzelhandelspreisen beobachten. Zum Stichtag 1. April 2022 waren die Strompreise für Haushaltskunden im Vergleich zum Vorjahr um rund 10,5 Prozent gestiegen. Der Gaspreis für Haushaltskunden stieg zum Stichtag 1. April 2022 um rund 48 Prozent.

“Durch die starke Volatilität auf den Beschaffungsmärkten und geänderte Beschaffungsstrategien der Gaslieferanten verbunden mit einer weiteren Verknappung der verfügbaren Gasmenge ergeben sich Belastungen für Letztverbraucher, denen der Staat mit der Absenkung der Mehrwertsteuer und der Gaspreisbremse entgegen treten wird,” kündigt  Klaus Müller an und weist er darauf hin, dass  “… Die schwerwiegenden Marktverwerfungen negative Auswirkungen auch auf die Wechselmöglichkeit und -bereitschaft im Strom- und Gaseinzelhandel gezeitigt haben. Es ist noch nicht absehbar, inwieweit sich die derzeitigen Verschlechterungen des Marktumfeldes als strukturell nachhaltig oder lediglich als Übergangsphänomen der extremen Preisvolatilität erweisen werden !”