Kommentar von Dieter Kassing

 

Dieter Kassing
Dieter Kassing

Die Tochter des phönizischen Königs Azenor Europa hat sich, wie es die griechische Sage beschreibt, nur einmal vom listigen Zeus entführen und dann verführen lassen. Dieses Europa, das heute den Namen jener verführten Königstochter trägt, geht , ganz profan gesagt, dem russischen „Zaren“ Putin,dem selbst ernannten Liebhaber von Europa, immer wieder auf den Leim. Dem Russen wird angedichtet er erreiche sein Ziel nur weil er , Zeus ähnlich so ein begnadeter Stratege, ein listiger Verführer sei. Die nun schon lang geübten Spielchen des russischen Zaren hat Europa nicht nur durchschaut, sondern weiß auch, dass sich etwas im eigenen Verhalten ändern muss: Europa muss zurückhaltender werden. Nur so lässt sich diese komplizierte Liebesbeziehung aufrechterhalten.Der Wille dazu ist da, allein es fehlen die richtigen Taten.
Bereits 2006 und 2009 hat der Zar im Moskauer Kreml Europa kurzfristig seinen Liebesentzug spüren lassen. Weil die Ukraine für geliefertes Erdgas nicht zahlen konnte, wurde es in manchen Gegenden Europas bitter kalt, in Fabriken, Büros, Wohnzimmern. Die Ukraine ist das wichtigste Durchgangs-lieferland für Erdgas nach Europa. 2012 war es nicht das fehlende Geld das dazu führte, dass Moskau Europa seinen Wärmeentzug spüren ließ. Der Zar konnte einfach nicht liefern was Europa brauchte. Im Januar des Jahres wurde Russland nach einem relativ milden Winter von einer extremen Kältewelle erwischt. Europa erging es nicht viel besser. Es benötigte ebenfalls mehr Wärme als sonst.30.07.14 Zar Karikatur
Nun hat Europa aus all den verständlichen Verstimmungen in der Partnerschaft schon Lehren gezogen. Wenn auch spät, aber immerhin. 2009 hat es  einen Vorschlag unterbreitet mit dem  die Energie-versorgungs-Infrastruktur für Notfälle gerüstet werden soll. Schon seinerzeit hatte sich der deutsche Außenminister Frank Walter Steinmeier öffentlich massiv besorgt über die europäische Energie-versorgung, speziell die Gasversorgung, geäußert. Der Konflikt zwischen Moskau und Kiew über nicht bezahlte Gasrechnungen könne sich immer wiederholen. Steinmeier monierte, man könne nicht von Monat zu Monat so weitermachen. Im Dezember 2010 wurde dann schließlich von der EU die Verordnung Nr. 994/2010 erlassen. Die Verordnung legt europaweit einheitliche Infrastruktur- und Versorgungsstandards fest. Bis zum 3. Dezember 2011 so heißt es dort nimmt die zuständige Behörde eine vollständige Bewertung der Risiken vor, die die Sicherheit der Erdgasver-sorgung gefährden. Bis zum 3. Dezember 2012 wird dann ein Präventionsplan erarbeitet mit dem Engpässe beseitigt werden können und gleichzeitig wird ein Notfallplan erarbeitet. Die Risikobewertung und die Pläne werden alle zwei Jahre aktualisiert. Das, so hat Kommissar Günther Oettinger im Interview mit U&E erklärt, steht nun wieder an. Es stellt sich damit aber zugleich die Frage, ob dieser Tanz auf dünnem Eis immer weiter so stattfinden kann? Mal will der Liebhaber im Kreml nicht liefern, mal kann er nicht. Die jeweiligen Folgen sind katastrophal.

Europa muss sich zurückhalten und andere Partner suchen.
Europa muss sich zurückhalten und andere Partner suchen.

Die Wochenzeitung DIE ZEIT kommentierte diesen Zustand mal so: „Was hilft auf dem Papier jede Vereinbarung zwischen EU, Ukraine und Russland über Beobachtung des Gasflusses durch die Ukraine, wenn auf europäischer Seite Bulgaren und die Slowaken in frostigen Zimmern hocken, Griechen, Österreicher oder Polen sich über die Raumtemperatur am nächsten Morgen den Kopf zerbrechen müssen und andere das alles ohne klamme Finger in der Zeitung nachlesen können.“ Diese genannten Länder sind zu hohen Anteilen, teilweise zu hundert Prozent vom russischen Erdgas abhängig.
Aber auch der Zar im Kreml ist kein unumschränkter Herrscher am Hofe auf Lebenszeit. Er muss seinen Hofstaat bei Laune halten und das geht nur mit viel Geld aus großen Menge verkauften russischen Erdgases. Zugleich benötigt sein eigenes Volk immer mehr von dieser wärmenden Energie, … und das zu günstigen Preisen. Deshalb, für den Zaren im Kreml muss Europa möglichst schnell Ersatzpartner finden, die einen Teil der benötigten Energie, der Wärme liefern. Und gleichzeitig sollte die Liebesbeziehung aufrecht erhalten bleiben. Eifersüchtige Beobachter dieses Verhältnisses, wie die Freunde in Übersee, stören da seit Langem. Dieter Kassing

Lesen Sie dazu auch das Interview mit EU-Kommissar Günther Oettinger: Oettinger fordert Notfallpläne für den Winter.