Russischer Gau-Atommeiler Tschernobyl
Russischer Gau-Atommeiler Tschernobyl

Die Schweiz besteht weiterhin darauf, dass die Sicherheitsregeln für Atomkraftwerke erheblich verschärft werden müssen.

Die Leiterin der Presseabteilung des Schweizer Departements für Umwelt und Energie, Marianne Zünd, bestätigte heute gegenüber Umwelt und Energie-Report, dass sich die Schweizer Regierung auch bei der nächsten Diplomatischen Konferenz aller Mitgliedsstaaten der Internationalen Atom Energie Agentur (IAEA) Anfang Februar kommenden Jahres in Wien für die Umsetzung ihres Vorschlags weiter einsetzen wird.
Wir hatten zuvor die Frage gestellt, was die Schweiz veranlasst habe, gerade jetzt bei der IAEA in Wien den Vorschlag einzubringen, dass die neuen Atom-Anlagen nach den neuen Sicherheitsstandards gebaut und die bestehenden in der Sicherheit nachgerüstet werden sollten. Darauf erhielten wir von Marianne Zünd folgende Antwort:

Umwelt- und Energieministerin Doris Leuthard. Sie verantwortet für die Schweiz den Vorstoß bei der IAEA
Umwelt- und Energieministerin Doris Leuthard. Sie verantwortet für die Schweiz den Vorstoß bei der IAEA

„Auslöser dafür war der Reaktorunfall in Fukushima 2011. Dieser Unfall wie auch derjenige in Tschernobyl haben gezeigt, dass Unfälle in Kernkraftwerken internationale Herausforderungen sind. Die Schweiz will dazu beitragen, die Kernkraftwerke weltweit sicherer zu machen. Wir haben deshalb 2013 bei der IAEA einen Änderungsvorschlag für die Convention on Nuclear Safety CNS eingereicht. Dieser verlangt, dass neue Kernkraftwerke nach den neuesten Sicherheitsstandards und Technologien gebaut sein müssen. Die Sicherheit der bestehenden Kernkraftwerke soll sich an diesen Massstäben orientieren. Im April 2014 hat sich eine Mehrheit der anwesenden Vertragsparteien an der sechsten Überprüfungskonferenz der Convention on Nuclear Safety CNS grundsätzlich positiv zum Änderungsvorschlag der Schweiz geäussert und einer Diplomatischen Konferenz zugestimmt.“
Wie inzwischen bekannt wurde sollen sich zum Beispiel die USA , Kanada und Russland heftig gegen den Schweizer Vorschlag wehren. Beim letzten Treffen zur Änderung der Nuklear-Konvention hatte Washington bereits eine ungewöhnlich hochkarätige Delegation nach Wien geschickt , um die Schweiz und ihre Unterstützer von dem Plan abzubringen. Die heftige Reaktion der USA und auch die von Kanada sind nachvollziehbar. Diese Staaten haben in der Vergangenheit wenig getan, um ihre zahlreichen, Atomkraftwerke nachzurüsten. Rund hundert US-Meiler gehören mit durchschnittlich fünfunddreissig Jahren Laufzeit zu den weltweit ältesten Atomkraftwerken. Sie gelten darüber hinaus als technisch überholt. Eine Nachrüstungspflicht würde also für Staaten wie die USA sehr teuer werden. Unklar ist wie der technische Stand von Russlands Kraftwerken ist.

Sitz der IAEA Wien
Sitz der IAEA Wien

Umwelt und Energie-Report hat aber auch bei der IEAO um ein Interview angefragt, um die Haltung der Organisation zum Schweizer Vorstoss zu hinterfragen. Wie brisant das Thema ist und mit welcher Vorsicht es angefasst wird belegt die Antwort, die wir von IEAO- Presse- sprecher Alexander Nitzsche erhielten: „ Die IAEA kommentiert nicht die Politik einzelner Mitgliedsstaaten. Somit müssen wir ein Interview ablehnen. (The IAEA does not comment on the policies of individual Member States, hence we have to decline your request for an interview.”)
Aufgrund der bisherigen Reaktion der USA, Kanada und auch von Russland ist davon auszugehen, dass diese Staaten alles tun werden, um den Schweizer Vorstoss abzublocken. Ein erster Erfolg der Schweizer ist aber bereits darin zu erkennen, dass die bereits erwähnte, von der Schweiz angestrebte Diplomatische Konferenz, trotz allen internationalen Drucks, vom 9. bis 13. Februar 2015 in Wien bei der IEAO stattfinden wird. Und dort wird die Schweizer Bundesregierung auf ihrer Forderung weiter bestehen.

Walter Steinmann wird die Position der Schweiz bei der IAEA vertreten

„Die Schweiz“, liess uns Marianne Zünd  heute weiter wissen, „ist von September 2014 bis September 2017 im Gouverneursrat der Internationalen Atomenergieagentur (IAEA) durch den Direktor des Bundesamts für Energie (BFE) Walter Steinmann vertreten, der in dieser Funktion die Demarchen für die Verbesserung der internationalen Sicherheitsstandard unterstützen wird.“
Natürlich haben wir bei unserer Anfrage an das Schweizer Umwelt- und Energie-Departement nicht unerwähnt gelassen, dass Kritiker im eigenen Land der Bundesregierung vorwerfen in Beznau und Mühleberg betreibe die Schweiz die ältesten und unsichersten Atomkraftwerke der Welt. Wir erhielten von Marianne Zünd darauf die Antwort:
„Die Kernkraftwerke Beznau und Mühleberg gehören in der Tat zu den ältesten Anlagen der Welt. Ihr Sicherheitszustand wird wie auch derjenige der Anlagen in Gösgen und Leibstadt laufend vom Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI) beaufsichtigt. Sowohl in den Anlagen in Beznau auch im Kernkraftwerk Mühleberg wurden seit der Inbetriebnahme immer wieder Nachrüstungen durch geführt, um sie den jeweils aktuellen nationalen und internationalen Sicherheits-standards anzupassen. Dies wurde und wird immer wieder auch durch internationale Überprüfungen bestätigt. So beispielsweise durch den EU-Stresstest von 2011, der bestätigte, dass die Schweizer Kernkraftwerke die internationalen Sicherheitsan-forderungen in allen Bereichen erfüllen. Im April 2014 bestätigte auch die Über-prüfungskonferenz zur Convention on Nuclear Safety CNS, dass die Schweiz alle internationalen Vorgaben zur Nuklearen Sicherheit einhält.“