Wunsch oder Wirklichkeit
Wunsch oder Wirklichkeit

Erstes Großprojekt gestoppt: South-Stream fällt dem Rostift zum Opfer

Sollte der Preisverfall des Öls weiter anhalten, käme es in Moskau auch zum Machtwechsel, sind sich nicht nur die deutschen Main- stream-Medien einig. Die sinkenden Ölpreise gefährden auch laut Christine Lagarde, Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), das Wirtschafts- wachstum in Russland. „Dies ist eine wesentliche Bedrohung nicht nur in wirtschaftlicher Hinsicht“, sagte sie am Montag in Washington.

IWF-Chefin Christine Lagarde: "Das macht die Lage fragiler"
IWF-Chefin Christine Lagarde: “Das macht die Situation fragiler”

„Dies macht die Situation fragiler und verletzbarer, und in Russland ist man sich dessen bewusst. Mal sehen, wie die Reaktion Russlands sein wird,“ erklärte sie weiter. Eine erste sichtbare Reaktion ist der Stopp des Großprojektes Erdgaspipeline South-Stream. Präsident Wladimir Putin zog jetzt die Reißleine und stoppte den Bau der Erdgaspipeline. Er hat  bereits Milliarden verschlungen .

Der Weg bis zu Putins erster Notmaßnahme: Nach dem Beschluss der Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC) in der vergangenen Woche, die tägliche Fördermenge nicht zu kürzen, sackten der Ölpreis und der Rubel-Kurs erneut ab, berichtete die russische Tageszeitung “Wedomosti” kurz danach. Zum Öl-Preisverfall trägt vor allem auch der US- Ölboom bei. Er wird sich laut Experten in den kommenden Jahren fortsetzen. Die neue Waffe Washingtons gegen Moskau wirkt bereits sind sich politische Spökenkieker aufgrund der aktuellen Entwicklung sicher. Deutsche Mainstream-Medien analysierten schon vor einer Weile nur dank hoher Ölpreise habe Kremlchef Putin Russlands Bürger jahrelang mit Wohltaten bei der Stange halten können. Doch nun gerate das System ins Wanken.

Finanzminister Siluanow: Haushaltsentwurf bereits Makulatur
Finanzminister Siluanow: Haushaltsentwurf bereits Makulatur

Wie sieht es in Russland aus? Bereits vor dem OPEC-Beschluss hatte der russische Finanzminister Anton Siluanow eine zehnprozentige Kürzung der Staats-Ausgaben in den Jahren 2016 und 2017 vorgeschlagen. Rund 40 Prozent der Einnahmen des russischen Staates stammen aus dem Export von Rohöl. Putin versuchte   dagegen zu halten . Am Ende des G-20 Gipfels in Brisbane erklärte er noch: „Der jetzige Rückgang der Energieträger-Preise ist konjunkturbedingt und kann den Staatshaushalt Russlands nicht beeinflussen.“

Erstes Großprojekt gestoppt: South-Stream fällt dem Rostift zum Opfer

Nun musste er sich den Gegebenheiten anpassen: Gestern erklärte er Russland sei   unter den gegenwärtigen Bedingungen nicht in der Lage, das Gasprojekt South Stream zur Versorgung Südeuropas fortzusetzen. Er schob aber eine andere Ursache für den Stopp der russischen Investitionen vor. In Ankara erklärte er nach Verhandlungen mit seinem türkischen Kollegen Recep Tayyip Erdogan: „Wegen der ausbleibenden Genehmigung Bulgariens haben weitere Arbeiten an dem Projekt keinen Sinn.“ Die Pipeline sollte russisches Gas an der Ukraine vorbei bis nach Europa transportieren. Die Kosten für das Vorhaben wurden auf 16 Milliarden Euro geschätzt, bislang soll Russland knapp vier Milliarden Euro investiert haben. Putins enger Vertrautert, der Chef des russischen Gasgiganten Gazprom, Alex Miller,  erklärte zugleich: “Das Projekt ist vom Tisch. Das war’s.”

Gazpromchef Alexej Miller: " Das war's. Das Projekt ist vom Tisch."
Gazpromchef Alexej Miller: ” Das war’s. Das Projekt ist vom Tisch.”

Bereits Ende Oktober hatte der russische Finanminister Anton Siluanow erklärt: „Russlands neuer Haushaltsentwurf ist vor allem aufgrund des Ölpreisverfalls, ausgelöst durch den amerikanischen Ölboom, bereits Makulatur.“ Und „Wenn der Erdölpreis 2015 auf dem jetzigen Stand von 87 US-Dollar je Barrel und der Rubelkurs bei 40 Rubel je Dollar bleibt, dann müssen wir in den Reservefonds greifen. Rund 500 Milliarden Rubel werden uns fehlen, wenn die jetzige Situation bestehen bleibt.“ Der russische Wirtschaftsminister, Alexej Uljukajew, erklärte darüber hinaus am Sonntag in Teheran gegenüber Journalisten die Verbraucherpreise würden im Dezember weiter stark ansteigen. Die Inflationsrate in Russland werde im Jahr 2014 höchstwahrscheinlich bei mehr als neun Prozent, jedoch unter zehn Prozent liegen. Laut der im September veröffentlichten Prognose für die sozialökonomische Entwicklung Russlands sollte die Inflation 7,5 Prozent betragen. Nach dem Stand vom 24. November ist die Inflation seit Jahresanfang auf 8,2 Prozent geklettert.

Geringere  Investitionen für 2015 prognostiziert

Das russische Wirtschaftsministerium soll Anfang nächster Woche eine präzisierte Prognose für dieses Jahr und für die kommenden drei Jahre veröffentlichen. Bereits jetzt wurde bekannt, berichtet heute Ria Novosti, dass bei den Investitionen für 2015 ein Rückgang um 3,5 Prozent statt des bisher erhofften Zuwachs um zwei Prozent erwartet wird.