Für die Inbetriebnahme der einzelnen Windanlagen wurde das unter norwegischer Flagge fahrende Spezialschiff AKER WAYFARER gechartert. Bild Trianel
Für die Inbetriebnahme der einzelnen Windanlagen wurde das unter norwegischer Flagge fahrende Spezialschiff AKER WAYFARER gechartert. Bild Trianel

Der Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne) und die Stadtwerke-Kooperation Trianel machen in aktuellen, unterschiedlichen Stellungsnahmen zum Stromhandel deutlich wie sehr die digitalen Strukturen künftig die unsere Stromversorgung bestimmen. bne-Geschäftsführer Robert Busch geht so weit festzustellen: „Die Energiewende wird ohne digitales Messwesen, mit dem sich etwa Erzeugung und Verbrauch besser aufeinander abstimmen lassen, nicht gelingen.“ An anderer Stelle haben wir bereits auf die Gefahren hingewiesen, die damit zugleich verbunden sein können.
Wir geben hier aber zunächst die Einschätzungen von bne und Trianel wieder und beginnen mit der Einschätzung der Stadtwerkekooperation:
„Die Funktion des Stromhandels als Schnittstelle zwischen Erzeugung und Verbrauch nimmt an Bedeutung zu. Man muss stets in der Lage sein, flexibel auf die volatile Einspeisung reagieren zu können“, stellt Stefan Sewckow, Bereichsleiter Trading & Organisation bei der Stadtwerke-Kooperation Trianel im Rahmen eines Pressegesprächs bei der E-world 2015 fest. Die erneuerbaren Energien haben bereits heute mit einem Anteil von 26 Prozent an der deutschen Bruttostromerzeugung erhebliche Auswirkungen auf den Stromhandel.

Strom und Gas: Bild K.W. Schmidt 1986; Acryl,Holz; i. Bes. U&E
Strom und Gas: Bild K.W. Schmidt 1986; Acryl,Holz; i. Bes. U&E

Trianel hat das Handelsgeschäft auf vierundzwanzig Stunden am Tag und das sieben Tage lang ausgeweitet und sich nach eigener Darstellung mit der Stärkung des Intraday-Handels sowie der Nutzung neuer Handelsprodukte auf den europäischen Märkten organisatorisch auf die veränderten Anforderungen im Handelsgeschäft eingestellt. „Besonders durch unsere Aktivtäten in der Direktvermarktung haben wir schon früh erkannt, dass die Erneuerbaren den Markt vor neue Herausforderungen stellen und neue Handelsstrategien erfordern“, so Sewckow.
Gemeinsam mit der Green Energy Systems GmbH – GESY – vermarktet Trianel derzeit ein Portfolio von über 3.000 MW in der Direktvermarktung. Neben einer deutlichen Erhöhung der Prognose-Qualität setzt Trianel auf das Poolen von Sekundärregelleistungen für Erneuerbare-Energien-Anlagen und Industriekunden. Der Trianel Sekundärregelpool ist bereits in mehreren Regelzonen sowohl für die positive als auch negative Sekundärregelleistung im Einsatz.

„Die angedachte Weiterentwicklung von Spot- und Regelleistungsmärkten durch den Abbau der Markteintrittsbarrieren für Erzeuger und Verbraucher ist mit Blick auf die Entwicklung der Märkte ein gutes Signal“, so der Trianel-Manager weiter. Die im Grünbuch für ein neues Strommarktdesign diskutierte Handelbarkeit von Viertelstundenprodukten und die Ausweitung der europäischen Marktkopplung im Intraday seien wichtige Schritte, um die Marktintegration der Erneuerbaren voranzutreiben.

Deutliche Potenziale, Angebot und Nachfrage über den Markt abzustimmen, erkennt der Handelsexperte auch im Lastmanagement. Der zunehmende Flexibilitätsbedarf durch die volatile Einspeisung könne auch auf der Nachfrageseite durch die Lastflexibilitäten im industriellen Umfeld bedient werden.

Stadtwerke mit ihrer Kundennähe
Stadtwerke mit ihrer traditionellen Kundennähe können eng mit Industrie und Gewerbe zusammenarbeiten, um die Potenziale beim Lastabwurf zu nutzen. „Ein professionelles Demand-Side-Management stellt große Anforderungen ans Messen, Steuern, Dokumentieren und Abrechnen von Leistung und muss auf das Handelsgeschäft abgestimmt sein“, erläutert Sewckow. Als kommunale Handelskooperation bietet Trianel Stadtwerken und Industrieunternehmen das Know-how, die Verknüpfung der anspruchsvollen Einzelschritte, für einen reibungslosen Lastabwurf zu übernehmen. „Damit die großen Potenziale für flexible Lasten gehoben werden können, müssen auch die Rahmenbedingungen für die Regelenergiemärkte flexibler gestaltet werden“, so Sewckow. Der Regelleistungsmarkt werde heute bestimmt durch die Anforderungen von großen Erzeugungsanlagen. Die Energiewende ermögliche aber auch neuen Mitspielern wie EE-Anlagen und Stromabnahmeanlagen, den zunehmenden Flexibilisierungsbedarf zu decken. „Das Grünbuch hat ein theoretisches Potenzial von 10.000 bis 15.000 MW an flexiblen Lasten identifiziert. Davon erachten wir rund 3.000 MW als technisch verfügbar und wirtschaftlich erschließbar“, so Sewckow.
Energiewende: Kein Gelingen ohne digitales Messwesen?

bne-Geschäftsführer Busch
bne-Geschäftsführer Busch

„Die Energiewende wird ohne digitales Messwesen, mit dem sich etwa Erzeugung und Verbrauch besser aufeinander abstimmen lassen, nicht gelingen“, betont bne-Geschäftsführer Robert Busch. Die Eckpunkte bilden dafür den notwendigen Rechtsrahmen, den die Unternehmen der neuen Energiewirtschaft schon lange gefordert haben.

Wichtig ist aus bne-Sicht, dass das BMWi nun den Nutzen intelligenter Messsysteme für die Verbraucher hervorhebt: für die Analyse des eigenen Stromverbrauches, die Vernetzung von Hausgeräten oder aber die Möglichkeit von günstigen variable Tarifmodelle zu profitieren. „Die Vorteile von Smart Metern kamen in der Diskussion um den Rollout in den vergangen Monaten zu kurz“, betont Busch. Der bne hält es dabei für folgerichtig, bei der Einbaupflicht zunächst bei großen Verbräuchen anzusetzen, bei denen sich etwa eine Flexibilisierung lohnt. „Niemand wird zwangsbeglückt. Der Markt kann sich sukzessive entwickeln und die Preise für die Geräte sinken kontinuierlich“, so bne-Geschäftsführer. Ob in den Folgejahren eine gesetzliche Einbauverpflichtung für Haushalte mit einem Verbrauch ab 6.0000 Kilowattstunden für die Flexibilisierung überhaupt notwendig ist, wird der Markt zeigen.
Flexibilisierung voranbringen
Mit entsprechenden Kommunikationsschnittstellen können Verbraucher dann auf die Situation im Netz reagieren und etwa Lasten verschieben. „Intelligente Messsysteme haben eine Schlüsselfunktion für die Flexibilisierung des Stromsystem“, betont Busch. „Um die wechselhafte Erzeugung aus erneuerbaren Energien auszugleichen, müssen künftig Lastmanagement, Speicher, moderne Kraftwerke sowie der Stromhandel digital verbunden werden.“ Wie sich dies effizient und wettbewerblich organisieren lässt, hat der bne mit seinem Konzept für einen Flexmarkt dargelegt. „Unser Konzept setzt auf die intelligente Vernetzung von dezentral verfügbaren Flexibilitäten. Die nun vorgelegten Eckpunkte für die Messinfrastruktur sind dafür eine zentrale Voraussetzung“, so Busch.

Wer nicht zufrieden ist, kann wechseln
Zur Akzeptanz beitragen wird zudem die Aufklärungspflicht der Netzbetreiber. „Was viele Verbraucher nicht wissen: Wer nicht zufrieden ist, kann zu einem unabhängigen Messstellenbetreiber wechseln. Dafür soll ihm ein Sonderkündigungsrecht eingeräumt werden“, betont Busch.
Den Strompreis nicht mit einer zusätzlichen Umlage für den Smart Meter Rollout zu belasten, ist aus Sicht des bne der einzig richtige Weg. Insbesondere die nun angekündigte Abschaffung des von den Verteilnetzbetreibern völlig willkürlich erhobenen Abrechnungsentgeltes, welches der bne schon lange gefordert hat, ist zu begrüßen. „Damit werden Stromkunden um mehr als 500 Millionen Euro pro Jahr entlastet. Den Verteilnetzbetreibern wird zudem ein beliebtes Mittel genommen, Wettbewerb um den Messstellenbetrieb zu verhindern“, betont Busch.

Verteilnetze effizient aufstellen

Um die Chancen der digitalen Energiewende zu nutzen, muss nun auch die Netzinfrastruktur effizient aufgestellt werden. „Mit den derzeit über 900 Verteilnetzbetreibern beim Strom wird dies nicht gelingen. Viele dieser Unternehmen mit den wachsenden Anforderungen an IT- und Datenverarbeitung schon jetzt überfordert“, so Busch. Sinnvoll ist es daher, die Verteilnetze zu regionalen Netzführungsclustern zusammenzufassen, die Aufgaben gemeinsame erledigen.

Der Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne) stellt sich vor:
„Der bne ist die Interessenvertretung für die wettbewerbliche neue Energiewirtschaft. Im Unterschied zu Anbietern mit verbundenem Netz seine Mitglieder frei von Monopolinteressen: Sie kämpfen für fairen Wettbewerb, Vielfalt und Fairness im Energiemarkt. 2014 haben bne-Mitgliedsunternehmen in Deutschland über sieben Millionen Kunden zuverlässig mit Strom, Gas oder energienahen Dienstleistungen beliefert.“

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