13.05.15 Karikatur Gas-Poker

Als die Energieminister der G 7 Staaten in Hamburg gestern das Thema künftige Gasversorgung Europas und die Rolle Moskaus dabei diskutierten, müssten sie sich vorgekommen sein, als seien sie Teilnehmer an einem Pokerspiel.

Es wird geblufft und getrickst. Doch wer am Ende der Gewinner ist, zeigt sich wie immer erst am Ende eines solchen Spiels. Und es dauert.
Putin und seine Entourage gerieren sich währenddessen als verfügten sie über die stärksten Karten. Wohl auch deshalb spielen sie mit extrem hohem Einsatz. verlieren sie allerdings, könnten sie selbst mit dabei untergehen.

Alexander  Nowak
Alexander Nowak

Aber noch tönt Russ- lands Energieminister Alexander Nowak in aller Öffentlichkeit alternative Projekte zur Gasversorgung Europas würden mittelfristig nicht in der Lage sein, den Energiehunger des Kontinents zu stillen. Nowak meinte damit natürlich nichts anderes als dass Europa ausschließlich auf das russische Erdgas angewiesen sei. Um seine Sicht zu untermauern schob er noch nach diese Projekte die da immer ins Spiel gebracht würden, könnten nicht genug Gas liefern.
Moskau sieht sich also auf dem hohen Ross und meint die Spielregeln diktieren zu können.

Wladimir Putin: Neueste Atom-Technik
Pokerface: Wladimir Putin

Eine dieser neuen Regeln wurde denn auch von Präsident Putin und dem Chef des staatlichen Energiekon- zerns Gazprom, Alex Miller, vorgegeben. Ab 2019 liefern wir unser Gas nicht mehr wie bisher in die Ukraine, von dort wurde es ja bisher in Richtung Europa geleitet, sondern nur noch in die Türkei, erklären der Kreml- Chef und sein Gas-Primus während des Spiels immer wieder und meinen die europäischen Spielpartner damit nerven zu können. Denn die neue Spielregel bedeutet ja nichts anderes als dass Europa das russische Gas dort in der Türkei abholen, sprich eine Gaspipeline bauen muss mit der das Gas von dort in Richtung Europa geleitet werden könnte. Bisher hat es aber noch keinen Beschluss in Brüssel oder sonst wo gegeben eine derartige Leitung zu bauen. Sie kostete Milliarden Euro und ihr Bau brauchte auch Jahre. Bis 2019 wäre sie mit ziemlicher Sicherheit nicht fertig gebaut. Und nun? Würde die Türkei im Winter 2019 über Unmengen Gas verfügen können, aber in Europa würde es kalt, weil das Gas zum Heizen fehlt. Unter Umständen ja. Aber …! Auch Moskau säße auf dem trockenen. Denn, es verfügte über viel Gas, aber niemand könnte es kaufen. Dem Kreml fehlte damit viel Geld in der Kasse, um die russische Bevölkerung keine Not leiden zu lassen. Unruhen könnten entstehen.
Jetzt kommt der ukrainische Energieminister Wladimir Demtschischin ins Spiel. Lauthals verkündet er, dieses Pipeline-Projekt „Türkischer Strom“ sei „unrealistisch“. Sein Land sei der „aussichtsreichste und effektivste Transiteur“ von russischem Gas, so der Minister. „Ich bin sicher“, wirft sich nun Demtschischin in die Brust, „dass die Ukraine nach einer umfassenden Reform des Gasmarktes gemäß europäischen Standards zu einem osteuropäischen Gashub aufsteigen könnte. Wir haben ein beispielloses Gastransportsystem und ein verzweigtes Netz von Untergrundspeichern.“

Womit er Putin und Co zu verstehen geben will, dass Moskau ohne die Ukraine, durch die bisher das russische gas ja in den Westen, nach Europa, gelangte, bluffen und tricksen solange er will. Aber das Spiel könne er ohne den Mitspieler Ukraine nicht gewinnen. Gazprom Chef Alexej Miller wird aber nicht müde am Tisch zu verkünden, für Europa „gibt es keine anderen Varianten zur Beseitigung der Risiken bei den Gastransitlieferungen durch die Ukraine, als die neue Gasleitung Türkischer Strom.“ Das Spiel läuft noch. Für alle Seiten steht viel auf dem Spiel.

Außenminister Lawrow: Das berühmte Gas-Röhrengschäft
Außenminister Lawrow: Das berühmte Gas-Röhrengschäft

Russlands Außenmini- ster Lawrow versucht gerade die hitzige Debatte am Spieltisch zumindest in Richtung Berlin ein wenig zu besänftigen. Er flüstert den Deutschen am Tisch, quasi aus dem Off, ins Ohr: Anfang der Fünfziger Jahre, noch vor der Aufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen der Sowjetunion und der Bundesrepublik Deutschland, sind es doch gerade deutsche Unternehmer gewesen, die eine Vorreiterrolle bei der Wiederaufnahme der gegenseitig vorteilhaften Zusammenarbeit gespielt haben. Und er erinnert mit beschwörender Stimme:
„Dies bezieht sich in vollem Maße ebenso auf die Ära des Kalten Krieges, als das berühmte ‚Gas-Röhren-Geschäft‘ abgeschlossen wurde, das sinngemäß die Grundlagen für unsere Energiepartner- schaft geschaffen hat.“ Dieter Kassing