Sitz der Stadtwerke Mainz
Stadtwerke wollen Kunden stärker binden

Die Stadtwerke in Deutschland bereiten sich auf starke Veränderungen ihrer Geschäftsmodelle in den kommenden Jahren vor.

Dabei rückt der Kunde noch stärker in den Fokus: Im Hinblick sowohl auf das Innovationspotenzial als auch auf die Erfolgsaussichten stufen die Manager Maßnahmen zur Verbesserung von Kundenbetreuung und -bindung am höchsten ein. Zu diesen Ergebnissen kommt die Stadtwerke-Studie 2015 der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY (Ernst & Young) und des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) mit dem Titel “Gewohnte Wege verlassen – Innovation in der Energiewirtschaft”. Daran beteiligt waren 100 deutsche Versorgungsunternehmen aller Größenordnungen. Befragt wurden deren Vorstände und Geschäftsführer.21.04.15 logo BDEW

Kernaussagen der Studie

Kernaussagen der Studie, die beide Gesellschaften in einer Presseerklärung vorstellten, sind kurzgefasst:
• Drei Viertel sehen zunehmende Regulierung als Hemmnis für Innovationen
• Mehr als zwei Drittel der Stadtwerke halten Kooperationen für erfolgversprechend
• Manager erwarten von intelligentem Netzausbau oder Smart Metering nur geringe wirtschaftliche Erfolge

Neben der Kundenbindung und -betreuung rangieren danach auch neue Produkte und Services ganz oben auf der Skala. Großes Innovationspotenzial sehen 73 Prozent der Unternehmensleiter zudem bei neuen Speichertechnologien (hier ist laut der Studie mehr als ein Drittel der Versorger aktiv). Allerdings werden die Erfolgsaussichten eher vorsichtig eingeschätzt.

Hindernis: Regulatorische Vorgaben

Als größtes Hemmnis bei der Umsetzung neuer Geschäftsmodelle sehen 74 Prozent der befragten Stadtwerke-Manager die zunehmenden regulatorischen Vorgaben auf den Energiemärkten.

Die Stadtwerke wollen zudem vermehrt mit anderen Unternehmen und Institutionen kooperieren, heißt es in der Presseerklärung von BDEW und EY weiter. 68 Prozent der Manager hielten eine Kooperationsstrategie für erfolgversprechend beziehungsweise sogar sehr erfolgversprechend. Fast zwei Drittel (63 Prozent) erwarteten sich durch solche Zusammenarbeiten neue Innovationen.
“Die Zeit drängt”
Helmut Edelmann, Director Utilities bei EY und Autor der Studie, kommentiert: “Die Zeit drängt. Die Einnahmen in den klassischen Geschäftsfeldern schrumpfen und der Wettbewerb wird größer.

Sowohl etablierte als auch neue Wettbewerber verschärfen die Gangart im Markt. Digitale Technologien gewinnen an Boden. Damit verändern sich Strukturen und Geschäftsprozesse. Dass die Einbußen auf der Einnahmeseite nur durch den Auf- und Ausbau neuer, junger Geschäftsfelder zu kompensieren sind, diese Erkenntnis hat sich schon auf breiter Front durchgesetzt.”

BDEW-Chefin Hildegard Müller: Mehr für Photovoltaik tun
BDEW-Chefin Hildegard Müller: Die ständig veränderten politischen Rahmenbedingungen erschweren …

Hildegard Müller, Vorsitzende der BDEW- Hauptgeschäftsführung beklagte: “Die sich ständig verändernden politischen und gesetzlichen Rahmenbedingungen erschweren den Stadtwerken Investitionen in neue Geschäftsfelder. Es gilt trotzdem: Ein ‘Weitermachen wie bisher’ wird auf Dauer nicht möglich sein. Nur diejenigen Unternehmen, die sich über neue Geschäftsmodelle, über Kooperationen und auch Auslagerungen von Tätigkeiten Gedanken machen, werden Treiber und nicht Getriebene ihrer unternehmerischen Entwicklung sein. Trends wie die Digitalisierung und eine dezentralere Energieerzeugung werden neue Kundenanforderungen und ein neues Verhältnis zwischen Verbrauchern und Unternehmen nach sich ziehen.”

Edelmann sieht eine immer schwieriger werdende Vorhersage des Verbrauchs. Im Bereich der Kleinabnehmer sorgten flexible Arbeitszeitmodelle, Home Offices und veränderte soziodemografische Strukturen dafür, dass der Anteil des klassischen Haushaltstyps mit einem berechenbaren Standardlastgang zurückgehe. Veränderungen ergäben sich auch bei den industriellen Abnehmern.

Edelmann
Helmut Edelmann, Direktor Utilities bei EY

 Edelmann: Stadtwerke brauchen höhere Flexibilität

Die zunehmende Eigenstromversorgung und -nutzung und die Entwicklung neuer, leistungsfähiger Speichersysteme erhöhten ebenfalls die Unsicherheit. „Um all diese Schwankungen zu kompensieren, brauchen die Stadtwerke in Zukunft eine höhere Flexibilität – nicht zuletzt in der technischen Ausstattung,” so Edelmann. (Fortsetzung folgt morgen)