13.02.15 Bild Atomkraftwerk

„Atomkraftwerke sind nicht versicherbar“, sagt Markus Rosenbaum, Geschäftsführer der Versicherungsforen Leipzig GmbH. Das ist ein Unternehmen, das für die Versicherungsbranche Studien erstellt.

Pro Reaktor seien 6000 Milliarden Euro Versicherungssumme nötig, hat eine von ihm bereits im Mai vor vier Jahren veröffentlichte Studie errechnet. Der Geschäftsführer der Deutschen Kernreaktor-Versicherungsgemeinschaft (DKVG) mit Sitz in Köln, Dirk Harbrücker, erklärt bei einem Interview auf die Frage was er von der Studie halte: „Ich kenne diese Studie. Das ist ein seriöses Institut.“

Autos besser versichert als Atom-Meiler!!!

Das ganze Interview mit Harbrücker ist auf der homepage der Deutschen Kernreaktor-Versicherungsgemeinschaft (DKVG) zu lesen, eine Gemeinschaft der 30 Erst- und Rückversicherer die sich in der Deutschen Kernreaktor-Versicherungsgemeinschaft (DKVG) zusammengeschlossen haben.

Das Interview mit Harbrücker ist lesenswert. Er wird dort provokant gefragt: „Atomkraftgegner veröffentlichen Anzeigen, in denen steht: „Die Autos auf dem Parkplatz eines AKWs haben eine höhere Haftpflichtversicherung als der Reaktor. Atomkraftwerke müssen für alle Schäden eines Super-GAUs versichert werden.“ Sind sie das nicht?“ und Harbrücker bestätigt:
„Nach dem deutschen Atomgesetz haftet der Betreiber eines deutschen Kernkraftwerks unlimitiert für Schäden an Dritten. Die großen Energieversorger stehen also mit ihrem ganzen Vermögen ein. 16.11.14 RWE Bild

Der Gesetzgeber schreibt vor, dass 2,5 Milliarden Euro pro Reaktor abgesichert sein müssen. Alles, was im Schadenfall darüber hinaus bezahlt werden muss, muss der Betreiber des Reaktors selbst leisten. Und von den 2,5 Milliarden Euro deckt die DKVG pro Reaktor 255,645 Millionen Euro. Der Rest sind Eigengarantien der Energieunternehmen.“ Eine unlimitierte Deckung könnte kein Versicherer darstellen, erklärt Harbrücker auch, weil er auch selbst nur begrenzte Mittel habe. Und auf die frage, ob denn die 2,5 Milliarden Euro in einem Fall wie Fukushima ausreichten, erklärt er gerade heraus:
Nach derzeitigen Erkenntnissen aus Japan, das war 2011, „würden die nicht ausreichen, nein!“

Atom-Haftungs-Labyrinth Europa
Was in Deutschland klar zu sein scheint, nimmt in Europa die Gestalt eines Labyrinths an in dem man sich im wahrsten Sinne zu Tode laufen kann, wollte ein Unternehmen oder ein Privater nach einem Atom-Unfall seine Schäden geltend machen.

In Europa gilt in manchen Staaten das Pariser Übereinkommen. Das schließt die Haftung für Schäden aus Folgen einer außerordentlichen Naturkatastrophe aus. Das deutsche Atomgesetz dagegen bestimmt, dass der Betreiber sehr wohl dafür haftet. Doch , so erklärt Harbrück in dem Interveiw: „Wir als Versicherer haben das mit Zustimmung der Aufsichtsbehörden aus dem Versicherungsschutz genommen, unter anderem weil wir hierfür international keine Rückversicherung erhalten haben, und so haftet der Betreiber in Deutschland allein.“
Auf die Frage, ob er es nicht als Bürger und Steuerzahler merkwürdig fände, dass wie in Japan jetzt – der Staat und eben die Steuerzahler einspringen müssten? erklärt der Versicherungsprofi: „
Bei uns ist die Haftung des Staates begrenzt, er haftet subsidiär bis maximal 2,5 Milliarden Euro.

100 Mrd Euro wert ???- Heute geht’s ums Überleben

E.ON Hauptversammlun 2015 in der Essener Grugahalle
E.ON Hauptversammlun 2015 in der Essener Grugahalle

Das heißt, wenn ein Teil der Absicherung ausfällt, haftet der Staat für diesen Teil innerhalb der 2,5 Milliarden Euro. Darüber hinaus haftet einzig der Betreiber. Unternehmen wie E.ON oder RWE, die über oder bis zu 100 Milliarden Euro wert sind, haften mit ihrem ganzen Vermögen.

Das zeigt, dass die Energieversorger der Sicherheit ihrer Anlagen trauen.“
E.ON und RWE bis zu 100 Milliarden Euro wert …? Das waren sie vor Fukushima und vor dem Ausstieg Deutschlands aus der Atomkraft sicher mal. Heute kämpfen sie um ihr Überleben.

Haftungssummen müssen dringend angeglichen werden
Ein kurzer Überblick über die unterschiedlichen Haftungssummen bei Atomunfällen in verschiedenen europäischen Staaten, macht deutlich wie dringend etwas zur Angleichung der Summen getan werden. Der Überblick sagt noch nichts über das häufig und viel zitierte Kleingedruckte wann wer und wo seine Schäden geltend machen kann.
In Frankreich, wo mit 59 Reaktoren die meisten Atomkraftwerke angesiedelt sind, beträgt die Haftungssumme rund 90 Millionen Euro. Nicht weit darunter liegt bereits die Slowakei mit etwa 83 Millionen Euro. Weit dahinter liegen dann Dänemark mit rund 66 Millionen Euro und Bulgarien mit nur noch 16,5 Millionen Euro. Aus dem Rahmen fallen Italien 5,5 Millionen Euro und Litauen mit 3,3 Millionen Euro.

Weit höher ist die Summe schon in den Niederlanden. Dort beläuft sie sich immerhin auf 313 Millionen Euro, in Tschechien dann auf rund 250 Millionen Euro, in Finnland liegt sie bei 195 Millionen Euro.

Unglaubliches Großbritannien
Bemerkenswert ist auch Großbritannien. Dort werden über 40 Jahre alte und damit weltweit mit die ältesten Reaktoren betrieben. Doch in Punkto Haftungsobergrenze bei Atomunfällen liegen die Haftungssummen nicht besser als in Polen und Slowenien, mit jeweils rund 165 Millionen Euro. In Ungarn liegt mit 100 Millionen Euro noch mal darunter. Lesen Sie auch dazu: Deutschland zahlt für französischen Atom-Gau