Fachgespräch der  Fraktion DIE LINKE im Bundestag zum Thema Ausstieg aus der Braunkohle
Fachgespräch der Fraktion DIE LINKE im Bundestag zum Thema Ausstieg aus der Braunkohle, Bild: die linke

Rund 60 Interessierte aus von Braunkohle betroffenen Regionen, aus Verbänden und Wissenschaft sowie aus der Politik besuchten am 11. September das Fachgespräch der LINKEN im Bundestag zum Strukturwandel in der Braunkohle. Klar war allen: Der schrittweise Ausstieg aus der klimaschädlichen Braunkohleverstromung ist unausweichlich.
Doch »Ökonomische Interessen dürfen nicht gegen soziale und ökologische Interessen ausgespielt werden«, forderte der LINKE-Bundestagsabgeordnete Thomas Nord. Seine Partei müsse alle drei Fragen beim absehbaren Strukturwandel in den Braunkohleregionen bedenken. Beschäftigte in den Revieren beunruhige die Veränderungen genauso wie die in Zuliefererfirmen. Sie fürchteten den Verlust von Arbeitsplätzen und Einkommen. Den Kommunen drohten Steuereinnahmen und direkte Zuschüsse der Energiekonzerne zu städtischer Infrastruktur verloren zu gehen.

Die Regionen werden sich  wandeln müssen
Die Regionen werden sich dennoch wandeln müssen, war den Beteiligten am Fachgespräch klar. Dafür brauchten sie aber Konzepte und Unterstützung.

Frank Kutzner vom Planungsbüro SVU Dresden hatte bereits im vergangenen Jahr eine Überblickstudie zum Forschungsstand zur zukünftigen Entwicklung der Lausitz im Auftrag der sächsischen Landtagsfraktion der LINKEN vorgelegt. Die wesentlichen Ergebnisse dieser Studie, die Kutzner beim Gespräch vortrug, kommen wie auch die anderer Studien zeigen, dass in einer Region, die einem tief greifenden Strukturwandel unterworfen ist, die Menschen gerne an Überkommenem festhalten. In den Studien bezeichnet man dies als einen Lock-in-Effekt, referierte Kutzner. Der „blockiert“ die Menschen, heißt es. Die große Frage sei also, wird in den Studien gefragt, wie die Menschen vor Ort befähigt werden könnten neue Pfade zu gehen?

Thomas Nord: Wir müssen die Ziele des Strukturwandels noch genauer definieren«,
Thomas Nord: Wir müssen die Ziele des Strukturwandels noch genauer definieren«,

Als Antwort wird genannt, dass sich die regionale Wirtschaft stärker diversifizieren müsse. Unter vielem anderen müssten lokale Akteure vernetzt und beteiligt und die Vereinbarkeit Familie-Beruf verbessert werden. Die bisherigen Forschungsvorhaben besitzen aus Sicht von Kutzner allerdings alle den Mangel, dass sie nicht verschiedene Szenarien entwickelt haben, die vergleichend einander gegenübergestellt werden könnten. Hier gebe es in der Forschungsarbeit noch einiges zu leisten. »Wir müssen die Ziele des Strukturwandels noch genauer definieren«, meinte Nord. »Wo wollen wir damit eigentlich hin?«

»Braunkohle-Strukturwandelförderfonds Sachsen«
Um dies auszuloten, hat die Linksfraktion im sächsischen Landtag einen Gesetzesantrag zur Schaffung eines »Braunkohle-Strukturwandelförderfonds Sachsen« eingebracht, da ein Teil des Lausitzer Reviers sich in dem Freistaat befindet.

Mit einer Finanzausstattung von mindestens zehn Millionen Euro jährlich soll der Fonds Forschungsvorhaben sicherstellen, wie der Strukturwandel bewältigt werden kann.
Aus der Sicht von Ingo Neumann vom Büro für Szenarioplanung (NSP) Dresden, er hat zusammen mit lokalen Akteuren bereits vielfältige Erfahrungen in der Begleitung von Strukturwandel in verschiedenen Regionen Deutschlands gesammelt, sei es zunächst wichtig, die Ängste der betroffenen Menschen vor Ort ernst zu nehmen und daran anknüpfend positive Perspektiven zu entwickeln. Diese sollten an die Kultur und Identität sowie die Vergangenheit der Region anknüpfen und Strategieprozesse anstoßen. Dazu bräuchte es aber auch externe Mittel, mit denen Perspektiven zielgerichtet und aus der Region heraus verwirklicht werden könnten.

Unklar, ob die Bergbauunternehmen auch Mittel zum Strukturwandel zurückgestellt haben
Prof. Dr. Ralph M. Marquardt berichtet über den Strukturwandel im Rheinischen Revier. Insgesamt ist unklar, ob die Bergbauunternehmen auch Mittel zum Strukturwandel zurückgestellt haben.

Haben die Kohle- Unternehmen Mittel zurückgestellt?
Ob die Mittel, die die Unternehmen für die Folgekosten des Braunkohleabbaus zurückgelegt haben, überhaupt zur Verfügung stehen, sei völlig unklar, wurde in dem Fachgespräch berichtet.

Dass sie nicht ausreichten, sei allerdings auch so gut wie sicher. Dies belege auch die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der LINKEN-Fraktion im Bundestag. Daraus gehe hervor, dass keine Daten über Sicherheitsleistungen und Rückstellungen der Bergbaubetreiber vorlägen. Es gebe zudem momentan weder auf Ebene der EU noch in Bund und Ländern Programme, die sich explizit mit der sozial- und Beschäftigungspolitischen Begleitung des Strukturwandels im Braunkohletagebau befassten.
Der Strukturwandel, so waren sich mehrere Experten einig, sollte länderübergreifend diskutiert werden. Ein Austausch zwischen Bergbauregionen sei vonnöten und vorhandene Erfahrungen könnten so genutzt werden.