Trilog-Verhandlungen in Brüssel
Brüssel: Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarns Atom-Pläne

Die Europäische Kommission hat gestern bekannt gegeben man habe eine eingehende beihilferechtliche Untersuchung der Pläne Ungarns eingeleitet, Finanzmittel für den Bau zweier neuer Atomreaktoren in Paks II bereitzustellen. Bereits vergangene Woche hatte die Kommission beschlossen im Zusammenhang mit dem Kernkraftwerkprojekt Paks II ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn einzuleiten.

Bezüglich der wettbewerbsrechtlichen Seite des Projektes wird die Kommission demnach insbesondere prüfen, ob ein privater Investor das Projekt zu vergleichbaren Bedingungen finanziert hätte oder ob Ungarns Investition eine staatliche Beihilfe darstellt. Kommt die Kommission zu dem Schluss, dass das Projekt eine staatliche Beihilfe beinhaltet, wird sie ,gemäß der eigenen Erklärung, untersuchen, ob es in seiner geplanten Form zu Wettbewerbsverzerrungen insbesondere auf dem ungarischen Energiemarkt führen würde.

Die für Wettbewerbspolitik zuständige EU-Kommissarin Margrethe

Die dänische Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager (46): Die Kommission muss sorgfältig prüfen
Die dänische Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager (46): Die Kommission muss sorgfältig prüfen …

Vestager erklärte hierzu: “In Anbetracht des Umfangs und der Bedeutung des Paks-Projekts muss die Kommission sorgfältig prüfen, ob die Investition Ungarns marktwirtschaftlichen Bedingungen entspricht oder staatliche Beihilfen beinhaltet. Dies erfordert eine komplexe Prüfung. Ich halte es für wichtig, dass auch sonstige Betroffene zu Wort kommen.”

Nach dem EU-Vertrag können die Mitgliedstaaten ihren Energiemix frei festlegen. Aufgabe der Kommission ist es, dafür zu sorgen, dass etwaige öffentliche Mittel zur Unterstützung von Unternehmen im Einklang mit den EU-Beihilfevorschriften gewährt werden, die darauf abzielen, den Wettbewerb im Binnenmarkt zu erhalten.

Zweifel an marktwirtschaftlichen Bedingungen

Im Mai 2015 unterrichteten die ungarischen Behörden die Kommission von ihrer Absicht, in den Bau von zwei Kernreaktoren am Kernkraftwerk Paks zu investieren.

Zum jetzigen Zeitpunkt hegt die Kommission Bedenken, dass diese Investition entgegen der Beteuerungen Ungarns nicht zu marktwirtschaftlichen Bedingungen erfolgt. Die Kommission will deshalb das Geschäftsmodell für den Bau, den Betrieb und die Stilllegung der beiden Reaktoren auf der Grundlage der vereinbarten Geschäftsbedingungen und vor dem Hintergrund der Energiemarktprognosen der EU bewerten.
Vertragsverletzungsverfahren

Unabhängig davon hat die Kommission bereits vergangene Woche beschlossen, in Bezug auf das Kernkraftwerkprojekt Paks II ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn einzuleiten,

…da sie Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit des Projekts mit den EU-Vorschriften über das öffentliche Auftragswesen hat. Die ungarischen Behörden haben zwei Monate Zeit, um auf die Argumente der Kommission zu reagieren.

Sobald alle Fragen im Zusammenhang mit dem Schutz vertraulicher Daten geklärt sind, wird die nichtvertrauliche Fassung des Beschlusses über das Beihilfenregister auf der Website der GD Wettbewerb unter der Nummer SA.34922 zugänglich gemacht.