Bundesumweltministerin Barbara Hendricks in Brüssel: Deutsche Nicht nur die deutschen Bürger machen sich große Sorgen um die belgischen Atommeiler ...
Bundesumweltministerin Barbara Hendricks in Brüssel: Deutsche Nicht nur die deutschen Bürger machen sich große Sorgen um die belgischen Atommeiler …

“Wer sich für die Atomenergie entscheidet, muss sich den kritischen Fragen seiner Nachbarn stellen“, das forderte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks gestern in Brüssel beim Gespräch mit dem belgischen Vizepremierminister und dem für Reaktorsicherheit zuständigen Innenminister Jan Jambon und der dortigen Umweltministerin Marie Christine Marghem von ihren Gastgebern.( Lesen Sie dazu auch unseren Vorbericht vom Wochenende: Hendricks: Aachener Region befürchtet Atomunfall, s. unten)

„Zum anderen dringen wir auf umfassende Klärung der offenen Sicherheitsfragen zu Tihange 2 und Doel 3, die meine Experten vor mehr als zwei Wochen an die belgische Atomaufsicht gestellt haben“, machte die Ministerin ihren Gesprächspartnern deutlich.

Im Mittelpunkt der Gespräche in Brüssel standen die Laufzeitverlängerung für die belgischen Atomkraftwerke Doel und Tihange und die Wiederinbetriebnahme der Reaktoren Tihange 2 und Doel 3.

Hendricks: Grundlegende Fragen zur Sicherheit …
Hendricks machte den belgischen Gastgebern auch deutlich, dass sie „… den Langzeitbetrieb älterer Anlagen, … für den falschen Weg halte.“ Konkret zu den offenen Sicherheitsfragen zu Tihange 2 und Doel 3, erklärte die Ministerin: „Wir wollen wissen, welches Prüf- und Bewertungsverfahren angewandt wurde und wie die Sicherheitsnachweise für die Reaktordruckbehälter der beiden AKWs erbracht wurden. Nach Einschätzung meiner Fachleute stellen die in den

Die deutsch-belgischen Gespräche über Sicherheitsfragen zun belgischen Atomkraftwerken lösten einen Ansturm von Fragen bei den Journalistenkollegen aus ...
Die deutsch-belgischen Gespräche über Sicherheitsfragen zu den belgischen Atomkraftwerken Doel und Tihange lösten einen Ansturm von Fragen bei den Journalistenkollegen aus …

Reaktordruck-behältern der beiden Anlagen gefundenen Wasserstoffflocken eine signifikante Abweichung von der geforderten Fertigungsqualität dar. Aus unserer Sicht ist deshalb fraglich, inwieweit das mit grundlegenden Anforderungen an die Sicherheit von Atomkraftwerken vereinbar ist.

Ich danke Vizepremier Jambon, dass er mir heute eine schnellstmögliche Beantwortung unseres Fragenkatalogs zugesagt hat.”
Ein Ergebnis des Gesprächs war schließlich: Es wurde vereinbart, dass Deutschland und Belgien ihre Zusammenarbeit in Fragen der Reaktorsicherheit verstärken und durch ein Abkommen auf eine dauerhafte Grundlage stellen. Dazu wurde eine deutsch-belgische Arbeitsgruppe zur Nuklearen Sicherheit eingesetzt, die unverzüglich ihre Arbeit aufnehmen und Vorschläge erarbeiten soll. Hendricks sprach sich zudem dafür aus, dass auch bei einer Laufzeitverlängerung älterer Atomkraftwerke eine grenzüberschreitende Prüfung der Umweltverträglichkeit Pflicht sein solle und nicht nur beim Neubau von Anlagen.

01.02.16 Hendricks Brüssel 01.02.16

Die Ministerin erläuterte den belgischen Kollegen zudem eindringlich, dass die Menschen, insbesondere in den grenznahen Gebieten, in Deutschland sehr besorgt über den Betrieb der belgischen AKW sind.

Hendricks betonte nach den Gesprächen , man sei sich einig, dass es für den regelmäßigen und dauerhaften Informationsaustausch zwischen Deutschland und Belgien über Fragen der nuklearen Sicherheit ein fester rechtlicher Rahmen benötigt werde.

Hendricks: “Die Verhandlungen darüber werden wir unverzüglich aufnehmen. Ich denke da an ein Abkommen zur nuklearen Sicherheit mit einer regelmäßig tagenden Kommission. Solche Abkommen haben wir bereits mit anderen Nachbarstaaten, z. B. Frankreich, abgeschlossen. Sie haben sich bewährt, indem sie eine verlässliche Grundlage für offene und kritische Diskussionen zentraler nuklearer Sicherheitsfragen bieten.”

Deutsche Bürger können nur schwer akzeptieren, dass sie  den atomaren Risiken  aus den benachbarten Ländern ausgesetzt sind, nachdem Deutschland gerade wegen der unbeherrschbaren Risiken au7s der Nutzung der Atomkraft ausgestiegen ist ...
Deutsche Bürger können nur schwer akzeptieren, dass sie den atomaren Risiken aus den benachbarten Ländern ausgesetzt sind, nachdem Deutschland gerade wegen der unbeherrschbaren Risiken aus der Nutzung der Atomkraft ausgestiegen ist …

Grenzüberschreitende Prüfungen
Auf Initiative der Ministerin wurde auch über die Möglichkeit einer grenzüberschreitenden Prüfung der Umweltverträglichkeit bei Laufzeitverlängerungen älterer Atomkraftwerke gesprochen. Hendricks: “Nach meiner Auffassung sollte eine solche Prüfung nicht nur dann Pflicht sein, wenn es um den Neubau von Anlagen geht. Sie sollte auch dann verpflichtend sein, wenn die Laufzeit betagter Atomkraftwerke verlängert wird. Denn erhebliche nachteilige grenzüberschreitende Auswirkungen können nicht nur aufgrund der Errichtung und des erstmaligen Betriebs eines AKW auftreten, sondern auch aufgrund des fortgesetzten Betriebs, der über die ursprünglich genehmigte Laufzeit eines Atomreaktors hinausgeht.

Gerade angesichts des alternden AKW-Bestandes in Europa und der zunehmenden Tendenz, Laufzeiten zu verlängern oder auch Leistungserhöhungen bis an die Grenze der technischen Machbarkeit zu gestatten, halte ich diese Debatte für sehr wichtig. Ich habe Vizepremier Jambon und Umweltministerin Marghem darüber informiert, dass ich es für richtiger gehalten hätte, wenn Belgien vor einer Entscheidung über eine Laufzeitverlängerung eine grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt hätte, auch wenn es nach derzeitiger Rechtslage nicht zwingend dazu verpflichtet gewesen sein sollte.”

Für die deutschen Bürger schwer zu verstehen …
Hendricks betonte, dass die Frage der Atomkraftnutzung in der souveränen Kompetenz jedes Staates liegt. Das habe sie auch gegenüber dem Kollegen Jambon deutlich gemacht. Aber sie betonte eindringlich: Für die Menschen in Deutschland sei es aber nur schwer zu verstehen, dass sie trotz des deutschen Atomausstiegs weiterhin dem Risiko des Betriebs von Atomkraftwerken in den Nachbarländern ausgesetzt seien. Lesen Sie dazu auch unseren Bericht: Hendricks: Aachener Region befürchtet Atomunfall