Durch die Einführung eines CO2-Preises würde der Einsatz von Biomethan deutlich wettbewerbsfähiger, so der bmp-greengras -Geschäftsführer, Matthias Kerner (rechts), im Interview mit Dieter Kassing, Chefredakteur Umwelt- und Energie-Report, auf dem Stand von bmp während der e-world in Essen,  links Manuela Hotop, bmp-Marketing, Bild  U+E

„Als Marktführer für die Vermarktung von Biomethan und Experte für Grüne Gase sind wir uns der Verantwortung für unser Klima bewusst und unterstützen unsere Kunden bei der Umstellung auf regenerative Gase“, heißt es eingangs der ganz  neuen  Hausbroschüre des Unternehmens  bmp greengas aus München mit dem Titel: „Gemeinsam handeln für eine grüne Zukunft“. Wir wollten uns bei der e- world – Messe in Essen die Chance nicht entgehen lassen und befragten den  bmp-Geschäftsführer Matthias Kerner wie er denn die Zukunft des Unternehmens einschätzt. Immerhin rutschte dem Präsidenten des Deutschen Verein des Gas- und Wasserfaches  (DVGW), Michael Riechel, während einer Pressekonferenz bei gat-Messe in Köln Ende November vergangenen Jahres der Satz heraus: Wir haben so viel Gas, das kommt uns schon an den Ohren heraus. Diese Aussage   machte Riechel auf unsere Frage, also von Umwelt- und Energie-Report (U+E), ob es denn noch eine weitere Gaspipeline von Russland nach Deutschland brauche, denn es werde vom Gasgiganten Gazprom  und einem westlichen Gremium  Nord-Stream 2 geplant.

Kann sich greengras gegenüber Erdgas durchsetzen?

Nun, wir stellten Kerner diese und andere Fragen. Zum Beispiel die, ob sich das „grüne Gras“ denn angesichts vermutlich höherer Preise gegenüber Erdgas durchsetzen könne. Kerner machte beim Interview und auch beim anschließenden Gespräch einen äußerst zuversichtlichen Eindruck und hatte immer ein freundliches Lächeln auf den Lippen. (s. Bild) Vielleicht liegt es aber auch daran, dass bmp greengas nicht nur über ein strategisch gutes Konzept verfügt wie Kerner betont, und auch schon starke Marktanteile erreicht habe, sondern auch daran, dass bmp inzwischen mit dem Gasversorger Erdgas Südwest einen starken Partner mit an Deck hat.  Erdgas Südwest wiederum baut mit der von bmp  Übernahme sein Biomethangeschäft aus und hat bmp zu hundert Prozent übernommen.

Matthias Kerner hat eine klare Botschaft, die Sie nun in unserem Interview nachlesen können: Damit im Rahmen der Energiewende  die Versorgungssicherheit beim Strom weiterhin gewährleistet werden kann müssen die Gasinfrastruktur und Biomethan im Rahmen der Sektorenkopplung schon kurzfristig einen signifikanten Beitrag leisten!

Hier nun unsere Fragen und Kerners Antworten:

Matthias Kerner bmp Geschäftsführer

Frage: In den letzten Jahren hat sich ein gut funktionierender Markt für Biomethan entwickelt, die Potenziale sind allerdings bei Weitem noch nicht ausgeschöpft. Das ist die allgemeine Markteinschätzung. Wie sehen Sie die Zukunft?

Kerner: Geschäftsführer von bmp greengas: Wenn Deutschland seine Klimaschutzziele bis 2050 erreichen will, kann dies nur technologieoffen ohne Konzentration rein auf erneuerbaren Strom gelingen. Die Gasinfrastruktur und Biomethan können und müssen hier im Rahmen der Sektorenkopplung schon kurzfristig einen signifikanten Beitrag leisten, damit die fluktuierenden erneuerbaren Energien gespeichert und die Versorgungssicherheit weiterhin gewährleistet werden kann. Als Mitglied der dena-Biogaspartner sehen wir das Potenzial für bis zu 100 TWh an Biomethan in Deutschland. Auch unsere Nachbarn in Frankreich wollen bereits bis 2030 rund 90 TWh aus erneuerbaren Gasen in ihre Gasinfrastruktur integrieren. Dänemark strebt ebenfalls einen sehr hohen Grüngasanteil im Gasnetz an und investiert hier massiv. Der Markt in Europa wächst weiterhin, das heißt: Grenzüberschreitende Biomethan-Geschäfte im europäischen Gasnetz werden zunehmend auch für bmp greengas eine wichtige Rolle spielen.

Frage: Was müsste die neue Regierung tun, um dem Wertstoff Biomethan eine bessere Zukunft, ein schnelleres Eingreifen in den Markt zu ermöglichen?

Kerner: Wichtig wäre die verstärkte Nutzung von Biomethan im Wärmemarkt, dafür müssten entsprechende Anreize geschaffen werden. Beispielsweise durch die Ausweitung des EWärmeG Baden-Württemberg auf ganz Deutschland und die Festlegung eines Primärenergiefaktors für Biomethan auf einen Wert von 0,35.

Es müsste ein CO2-Preis von mindestens 20 Euro pro Tonne festgesetzt werden …

Hilfreich zur Unterstützung der Energiewende auf der Erzeugungsseite wäre die Verlängerung der Zahlung der vermiedenen Netznutzungsentgelte um zehn Jahre auf insgesamt 20 Jahre ab Inbetriebnahme des jeweiligen Netzanschlusses für die Einspeisung von Biomethan ins Erdgasnetz. Und nicht zuletzt müsste ein CO2-Preis von mindestens 20 Euro pro Tonne festgesetzt werden.

Frage: Im Verkehrssektor geht die Entwicklung – zwar noch nicht mit großem Tempo – aber doch erkennbar in Richtung E-Mobilität.  Rechnen Sie sich dort noch einen nennenswerten Marktanteil aus?

Kerner: Wir beobachten den Markt aktuell sehr intensiv und begrüßen beispielsweise die Aktivitäten von VW und insbesondere Audi im CNG-Bereich. Die aktuellen Zulassungszahlen für Januar zeigen hier ja bereits einen erfreulichen Anstieg. Auch im Schwerlast- und Binnenschifffahrtsverkehr sehen wir mit LNG beziehungsweise der Beimischung von aus Biomethan regional hergestelltem Bio-LNG viel Potenzial. Gerade im Schwerlastverkehr auf der Fernstrecke wird E-Mobilität nicht die Lösung sein, dies zeigt sich bereits an vielfältigen Aktivitäten der Lkw-Hersteller im Bereich LNG-Motoren. Technologieoffenheit ist im Verkehrssektor – wie in allen anderen Sektoren auch – unerlässlich für ein Gelingen der Energiewende und Voraussetzung dafür, dass die für 2050 gesteckten Klimaschutzziele auch erreicht werden können.

Frage: Wo sehen Sie überhaupt den Schwerpunkteinsatz von Biomethan und was muss getan werden, um hier auch punktgenau landen zu können?

Kerner: Durch die Einführung eines CO2-Preises würde der Einsatz von Erdgas und insbesondere von Grünen Gasen wie Biomethan deutlich wettbewerbsfähiger gegenüber Kohle und Öl und damit auch wirtschaftlicher werden. Einen Schwerpunkt sehen wir im Wärmesektor in Privathaushalten und in der Industrie. Ein Großteil des Wohnungsbestands in Deutschland kann nicht auf Wärmepumpen mit Grünstrombetrieb umgerüstet werden, Gasanschlüsse sind in Deutschland aber doch recht flächendeckend vorhanden. Der Einsatz von neuen Gasbrennwertgeräten mit zehn Prozent Biomethanbeimischung zum Erdgas könnte quasi schon morgen für erhebliche CO2-Einsparungen sorgen.

Wo sehen Sie den Schwerpunkt für den Biomethan-Einsatz, wollte Kassing von bmp-Geschäftsführer Kerner(rechts) vor allem wissen, Bild U + E

 Frage: Zurzeit wird eine weitere Erdgaspipeline – Nord-Stream 2 geplant. Sie wird aus Russland kommend direkt nach Deutschland führen und den europäischen Markt bereichern. Haben wir dann Gas im Überfluss?

Kerner: Nein, und zwar aus folgendem Grund: In Deutschland, wo fossiles Erdgas beim Übergang zu erneuerbaren Energien inklusive grüner Gase eine Schlüsselrolle spielt, ist die Nachfrage hoch. Sie dürfte weiter steigen – mit entsprechender Verwundbarkeit im Fall größerer Preis- oder Mengenausschläge. Schon heute ist Deutschland der weltweit größte Importeur von Erdgas und in Baden-Württemberg als Beispiel wird die Gas-Infrastruktur in den nächsten Jahren auch weiter ausgebaut werden. Laut Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. (BDEW) nahm der Erdgasverbrauch in Deutschland 2017 verglichen mit 2016 um gut fünf Prozent auf 985 Milliarden kWh zu.

Frage: Kann Biomethan auch preislich mit – zum Beispiel dem Gas aus Russland – also mit Erdgas konkurrieren?

Kerner: Bei den aktuellen Marktpreisen von Erdgas rein preislich gesehen natürlich nicht. Die Erdgas-Preise können aber auch wieder steigen und einige unserer Kunden bevorzugen schon heute langfristige Verträge mit fixierten Preisen für bis zu zehn oder 15 Jahre, mit Erdgas bekommen sie mit viel Glück eine Preisgarantie für drei Jahre. Im Hinblick auf die Energiewende bis 2050 wäre es für Deutschland und seine Gasinfrastruktur ratsam, sich hier unabhängiger von Importen von fossilem Erdgas zu machen. Stattdessen sollte mit regional erzeugten Grünen Gasen wie Biomethan oder SNG die Sektorenkoppelung mit dem Strom-, Wärme und Verkehrssektor vorangetrieben und gleichzeitig Versorgungssicherheit mittels erneuerbarer Energie hergestellt werden.