Der Fall Nawalny und die russische Gaspipeline Nord-Stream 2 sorgen immer wieder für heftige Debatten. So auch während der Regierungspressekonferenz  am  vergangenen Freittag 22. Januar und den darauf folgenden Montag, 25. Januar. Eine Journalistenkollegin wollte am vergangenen Montag von Regierungssprecher Steffen Seibert wissen

"...dass auch Nowitschok mit dem Geld entwickelt wird...?. Steffen Seibert während der Regierungspressekonferenz , bild bunreg. Jesco Denzel
“…dass auch Nowitschok mit dem Geld entwickelt wird…?  Steffen Seibert während der Regierungspressekonferenz , bild bunreg. Jesco Denzel

Frage: Auch noch einmal zu dem von Ihnen nicht hergestellten oder erkannten Zusammenhang zwischen dem Fall Navalny und Nord-Stream 2. Ist der Bundesregierung bekannt, dass sich der russische Staatshaushalt zu nahezu 50 Prozent unter anderem aus den Einnahmen aus den Gas- und Ölgeschäften vorwiegend in Westeuropa speist und dass der nationale Inlandsgeheimdienst FSB dann aus diesem Staatshaushalt, der also zu fast der Hälfte aus Einnahmen der Öl- und Gasgeschäfte Russlands gespeist wird, bezahlt wird, dass auch Nowitschok mit dem Geld entwickelt wird und dass die Leute, die das beim FSB weiterentwickeln und die dann auch die Agenten schulen, eben aus diesem Staatshaushalt bezahlt werden?“ Und dann legte die Kollegin im zweiten Teil ihrer Frage noch mal richtig nach:

„Bleibt die Bundesregierung angesichts dessen bei der Darstellung, dass es sich bei dem Gazprom-Geschäft um ein rein wirtschaftliches Projekt von Firmen handelt, obwohl Gazprom eine staatliche Firma ist und obwohl Gazprom mit seiner Tochter Gazprom-Media der größte Medienkonzern Russlands ist und in den ein Großteil der bis dahin freien Presse zwangseingegliedert worden ist?
Steffen  Seibert blieb, trotz der spitz formulierten Frage, sehr sachlich: „Die Bedeutung von Rohstoffexporten für die russische Wirtschaft ist der Bundesregierung bekannt. …Und auch für den Staatshaushalt? Sie sagen ja, es gebe keinen Zusammenhang zwischen diesen beiden Sachen. Der Mann ist aber staatlicherseits vergiftet worden.“
Seibert blieb immer noch nüchtern: „Unsere Forderungen und unsere Haltung im Fall Nawalny sind doch sehr klar, und ich hoffe, wir haben sie gerade auch noch einmal klar gemacht.“

Am Dienstag, 26. Januar erschien dann in der Wochenzeitung Die Zeit die Kolumne von Ex-Herausgeber Theo Sommer just auch zu diesem Thema. Sommer  war  lange Zeit auch mit Ex-Kanzler Helmut

"...Nord-Stream 2 wird diesen Zustrom verdoppeln...;" Theo Sommer
“…Nord-Stream 2 wird diesen Zustrom verdoppeln…;” Theo Sommer, bild th. sommer, zeit

Schmidt Herausgeber der Zeit gewesen. Er ist heute noch Herausgeber der The Atlantik-Times und der The German Times.

Theo Sommer hält die Argumentation der USA im Streit um die Fertigstellung der Pipeline Nord-Stream 2 für falsch. Und den Vorwurf, Deutschland finanziere mit seinen Gaskäufen Putins Haushalt, bezeichnet er als „reine Heuchelei“. Mit dieser Sicht wird er auch gerne von der von Moskau gesteuerten im neuen Kleid erscheinenden russischen Nachrichten –Agentur Sputnik-news zitiert, die sich nun SNA- Nachrichten nennt.Sommer verweist auch darauf schließlich sei  es auch reine Heuchelei, wenn die Amerikaner uns vorwerfen, dass wir mit unseren Gaskäufen Putins Haushalt finanzieren: Sie sind selbst der zweitgrößte Importeur russischen Erdöls. Dafür bezahlten sie 2019 rund 13 Milliarden Dollar, und im ersten Halbjahr 2020 haben sie ihre Einfuhren sogar verdoppelt. Wenn Präsident Biden von der Daumenschrauben-Strategie Trumps ablässt, sollte sich eine einvernehmliche Lösung mit den USA finden lassen.

Und dann verweist Sommer  darauf: Seit Willy Brandt 1970 das erste Erdgas-Röhrengeschäft mit Moskau durchgesetzt habe, sei Russland ein zuverlässiger Lieferant gewesen, schreibt Sommer in seiner Zeit Kolumne berichtet nun sna. Selbst auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges habe die russisch-deutsche Energiepartnerschaft funktioniert.

Der deutsche Ausstieg aus der Steinkohle, aus der Atomkraft und aus der Braunkohle würden Versorgungslücken schaffen, die nicht so rasch von erneuerbaren Energien ausgefüllt werden könnten. „Über Nord Stream 1 kamen seit 2011 jährlich 55 Milliarden Kubikmeter. Nord-Stream 2 wird diesen Zustrom verdoppeln. Das ist für eine Übergangszeit auch nötig.“

Sommer bezieht sich mit seiner Kritik gegen die USA auch auf einen neuen Bericht, der ebenfalls von sna zitiert wird. Darin heißt es: US-Präsident Joe Biden betrachtet laut der Sprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki, das Projekt der Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2 als „ein schlechtes Geschäft für Europa“.

„Der Präsident glaubt weiterhin, dass Nord Stream 2 ein schlechtes Geschäft für Europa ist“, sagte Psaki bei einem Briefing auf die Frage, ob das Thema der russischen Gaspipeline während Bidens Gespräch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel am Vorabend erörtert worden sei und was die neue Administration von dem Projekt halte.