Wir, Umwelt- und Energie-Report, hatten am vergangenen Mittwoch, 24. Januar, beim Bundesumweltministerium (BMUV)  darauf hingewiesen, dass das Niedersächsische Umweltministerium  zur Zeit  einen Antrag der französischen Atomfirma Framatome/ANF zur Produktion von Brennelementen in Lingen in Zusammenarbeit mit dem russischen Atomkonzern Rosatom bis zum 03. März auslege. Am selben Tag hatten wir auch darüber berichtet, s. unten.  Vom

 "...dass Framatome die Zusammenarbeit mit dem russischen Staatskonzern Rosatom intensiviert, ist aus Sicht des Bundesumweltministeriums daher der völlig falsche Weg  .....“ ;     Steffi Lemke, bild grüne dessau
“…dass Framatome die Zusammenarbeit mit dem russischen Staatskonzern Rosatom intensiviert, ist aus Sicht des Bundesumweltministeriums daher der völlig falsche Weg …..“ ; Steffi Lemke, bild grüne dessau

BMUV wollten wir aber nun wissen: Geschieht dies ohne Abstimmung mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz? Auch ohne Abstimmung mit dem Auswärtigen Amt? Oder schließlich: Ohne, dass das im Bundeskabinett behandelt wird? Ein Sprecher von Bundesumweltministerin Steffi Lemke gab uns eine umfassende, fast aufrüttelnde Antwort. Die geben wir Ihnen, hier zur Kenntnis:

Steffi Lemkes Sprecher teilte uns am Tag unserer Anfrage, 24. Januar, also mit: „Die Advanced Nuclear Fuels GmbH (ANF), ein Tochterunternehmen des französischen Staatskonzerns Framatome, beabsichtigt an ihrem Standort Lingen hexagonale Brennelemente für den russischen Reaktortyp WWER-1000 herzustellen. Dabei soll ein Brennelement-Design des Rosatom-Konzerns verwendet werden; die entsprechenden Strukturteile sollen von dort geliefert werden. Die ANF hat als Betreiberin für dieses Vorhaben mit Schreiben vom 10. März 2022 einen Antrag nach § 7 des Atomgesetzes (AtG) zur Änderung der Anlage gestellt. Zuständige Genehmigungsbehörde ist das niedersächsische Umweltministerium (NMU). Einvernehmlich mit dem Bundesumweltministerium (BMUV) hat das NMU in seinem Ermessen eine Öffentlichkeitsbeteiligung angeordnet. Die Auslegung der Antragsunterlagen erfolgt vom 4. Januar 2024 bis zum 3. März 2024.

Das NMU wird dem BMUV nach Abschluss der Öffentlichkeitsbeteiligung und seiner Prüfungen einen Entscheidungsentwurf zuleiten, den das BMUV bundesaufsichtlich prüfen wird. Maßstab für die Prüfung des NMU und des BMUV sind die Kriterien des § 7 AtG. Die Zuverlässigkeit des Antragstellers der Änderungsgenehmigung sowie der für die Errichtung, Leitung und Beaufsichtigung des Betriebs der Anlage verantwortlichen Personen ist eines der Prüfkriterien. Sonstige bei der Errichtung und dem Betrieb von Anlagen und beim Umgang mit radioaktiven Stoffen tätige Personen sind nach der Atomrechtlichen Zuverlässigkeitsüberprüfungs-Verordnung (AtZüV) zu überprüfen. Auch darüber hinausgehend sind im Rahmen des § 7 AtG die Konsequenzen zu prüfen, die sich aus der Beteiligung von Rosatom ergeben. Im Genehmigungsverfahren wird auch der Frage nachgegangen, ob es einen problematischen Einfluss des russischen Staatskonzerns Rosatom insbesondere über das mit Framatome gegründete Joint Venture auf die Anlage und den Produktionsprozess geben kann. Diese Prüfung bezieht sich insbesondere auf die nukleare Sicherung, die auch durch Informationsgewinnung durch Rosatom beeinflusst sein kann. Rosatom ist ein Arm des russischen Staates, der sich an den völkerrechtswidrigen Maßnahmen gegen die Ukraine beteiligt.

Die maßgeblichen Genehmigungsvoraussetzungen nach § 7 des Atomgesetzes sind nicht lediglich formaler Natur. Es wird insbesondere geprüft, ob die technische Sicherheit gewährleistet und das Leitungspersonal zuverlässig ist. Über diesen Prüfungskatalog hinaus besteht nach § 7 des Atomgesetzes aber auch das Ermessen, die Genehmigung trotz Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen zu versagen. Die Ausübung dieses „Versagungsermessens“ ist jedoch nicht schrankenlos. Es muss im Sinne des Gesetzeszweck (§ 1 des Atomgesetzes) ausgeübt werden, das heißt dem Schutz vor nuklearen Schäden auch in Bezug auf die innere und äußere Sicherheit und der Erfüllung internationaler

"...eine notwendige Konsequenz aus dem russischem Angriffskrieg gegen die Ukraine, Abhängigkeiten von Russland zu reduzieren. .... Bild A. Kassing Öl auf Leinwand
“...eine notwendige Konsequenz aus dem russischem Angriffskrieg gegen die Ukraine, Abhängigkeiten von Russland zu reduzieren. …. Bild A. Kassing Öl auf Leinwand

Verpflichtungen dienen. Es muss außerdem um besondere Umstände gehen, die der Katalog der Genehmigungsvoraussetzungen nicht bereits abschließend erfasst. Berücksichtigungsfähig ist nach Auffassung des BMUV danach die Frage, ob Personal des russischen Staatskonzerns Rosatom Zugriff auf die Nuklearanlage und die Brennelementeproduktion oder auf sicherheitsrelevante Informationen erhält. Dies muss nach Auffassung des BMUV nachweislich ausgeschlossen sein. Neben einer Versagung der Genehmigung kommen auch einschränkende Auflagen in Betracht.

Von der atomrechtlichen Prüfung ist die außenhandelsrechtliche Frage zu unterscheiden. Insoweit haben die Atombehörden keine Zuständigkeit und können nur bedauern, dass der Atombereich von jeglichen Sanktionen bisher ausgenommen ist. Das gilt auch für die Ein- und Ausfuhr von Kernbrennstoffen zur friedlichen Nutzung. Darüber ist auf EU-Ebene zu entscheiden. Generell ist es ist eine notwendige Konsequenz aus dem russischem Angriffskrieg gegen die Ukraine, Abhängigkeiten von Russland zu reduzieren. Dass Framatome die Zusammenarbeit mit dem russischen Staatskonzern Rosatom intensiviert, ist aus Sicht des Bundesumweltministeriums daher der völlig falsche Weg.

Lesen Sie dazu auch unseren Bericht: “Atomgeschäfte mit Putins Russland müssen endlich und schnellstmöglich beendet werden !”