Europa und sein Energiesektor haben sich aus dem Griff  von Russland befreit: Am Ende der Heizperiode sind die EU-Gasspeicher noch zu fast 60 Prozent gefüllt, und die Gaspreise sind drastisch gesunken. Sie liegen seit Anfang des Jahres konstant unter 30 Euro pro Megawattstunde. In einem Gastbeitrag für Table Media (* Näheres dazu s. unten)  der am vergangenen Freitag, 12. April,  bekannt gemacht wurde betonen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Fatih Birol, Exekutivdirektor der Internationalen Energieagentur: „Europa hat sein Energie-Schicksal wieder in eigener Hand.“

 „Europa und sein Energiesektor haben sich aus dem Griff  von Russland befreit........!" Ursula von der Leyen, bild bundesr. Guido Bergmann
Europa und sein Energiesektor haben sich aus dem Griff  von Russland befreit……..!” Ursula von der Leyen, bild bundesr. Guido Bergmann

Sie schreiben gemeinsam in dem Online-Spezial: „Europa hat echte Fortschritte dabei gemacht, die Widerstandsfähigkeit seines Energiesystems zu stärken. Warum ist das gelungen? Europa hat schnell und geschlossen gehandelt. Wir haben die Stärken unseres Binnenmarktes eingesetzt. Wir konnten auf die Hilfe unserer Freunde zählen, die uns mit alternativen Lieferungen versorgten. Inzwischen ist Norwegen, ein verlässlicher Partner, der Hauptlieferant von Erdgas in der EU.

Aber am wichtigsten ist, dass wir eine strukturelle Antwort auf diese Krise gefunden haben, indem wir massiv in erneuerbare Energien investiert und die Energieeffizienz gesteigert haben. Die Ergebnisse sprechen für sich. Noch vor zwei Jahren – und das sind Zahlen der Internationalen Energieagentur – stammte jede fünfte in der Europäischen Union verbrauchte Energieeinheit aus russischen fossilen Brennstoffen. Heute ist es eine von zwanzig. Wir erzeugen in der Europäischen Union insgesamt mehr Energie aus erneuerbaren Energien als aus Russland geliefert wird. Letztes Jahr, im Jahr 2023, haben wir zum ersten Mal überhaupt mehr Strom aus Windkraft als aus Gas erzeugt.“

Weiter  stellen von der Leyen und Birol in dem Special fest: Europa senke seinen Verbrauch im Einklang mit den EU-Klimazielen. Und:  „Das bedeutet aber nicht, dass wir die Gasmärkte nicht mehr im Blick haben müssen. Denn wir stehen jetzt vor ganz anderen Fragen und Herausforderungen. In der zweiten Hälfte des Jahrzehnts wird eine große Welle neuer LNG-Exportprojekte auf den Weltmarkt kommen, vor allem aus den Vereinigten Staaten und aus Katar. Diese Projekte werden das weltweite Angebot an LNG um 50 Prozent erhöhen. Dies hat zur Folge, dass wir an der Schwelle einer Welt der Gasknappheit in eine Welt des Gasüberflusses übergehen stehen. Dies könnte zu deutlich niedrigeren Gaspreisen führen.

Gleichzeitig ist der Anteil der Gaseinfuhren aus Russland von 45 Prozent vor dem Krieg in der Ukraine auf 15 Prozent im letzten Jahr gesunken. Die Zeiten, in denen Europa von Russland abhängig war, sind vorbei. Mit den Kürzungen der russischen Pipeline-Lieferungen ist LNG nun effektiv zu Europas Hauptversorgungsquelle für Gas geworden. Es wird noch einige Zeit für unsere Energiepreise und unsere Energiesicherheit wichtig bleiben, während wir gleichzeitig eine neue Wirtschaft mit sauberer Energie aufbauen.“

Netto-Null muss Ziel bleiben: Die Kommissionspräsidentin und der Exekutivdirektor der IEA bilanzieren gemeinsam aber auch: Günstigeres Gas entbinde Europa und andere große Volkswirtschaften jedoch nicht von der Verantwortung, so schnell wie möglich selbst Netto-Null-Emissionen zu erreichen und anderen Ländern dabei zu helfen, es ihnen gleichzutun.

Und sie konstatieren: „Um dies zu erreichen, müssen wir alle Emissionsquellen beseitigen, auch die Gasemissionen“, so die Kommissionspräsidentin und der Exekutivdirektor. „Das bedeutet, dass wir darauf drängen müssen, dass die Methanemissionen des Gases, das wir weiterhin verwenden, egal ob es hier produziert oder importiert wird, nahezu Null betragen. Es bedeutet, dass wir den Anteil an erneuerbaren Energien, erneuerbaren Gasen, Energieeffizienz, sauberem Wasserstoff und anderen

Fatih Birol: "... eine große Welle neuer LNG-Exportprojekte wird auf den Weltmarkt kommen, ... !"
Fatih Birol: “… eine große Welle neuer LNG-Exportprojekte wird auf den Weltmarkt kommen, … !”

sauberen Energietechnologien drastisch erhöhen müssen.“

 Noch kurz zu  Zahlen und Fakten zur Gasversorgung und –verbrauch: Als Reaktion auf die russische Invasion der Ukraine hat die Europäische Kommission im März 2022 den REPowerEU-Plan   vorgeschlagen, um die Abhängigkeit Europas von fossilen Brennstoffen aus Russland zu beenden. Die Staats- und Regierungschefs der EU einigten sich einstimmig auf die Notwendigkeit eines detaillierten Plans, im Laufe des Jahres 2022 folgten dann mehrere legislative Sofortmaßnahmen im Energiebereich.

Der Anteil der russischen Gaseinfuhren in Europa ging von 45 Prozent im Jahr 2021 auf 24 Prozent im Jahr 2022 und 15 Prozent im Jahr 2023 zurück. Die Europäerinnen und Europäer haben ihre Gasnachfrage um fast 20 Prozent gesenkt, das entspricht Einsparungen von mehr als 107 Milliarden Kubikmeter Gas in den vergangenen 18 Monaten.

Aufgrund des gestiegenen Anteils erneuerbarer Energien am Energiemix konnten wir den Gegenwert von 24 Milliarden Kubikmeter russischem Gas in den Jahren 2022 und 2023 ersetzen. Und die Emissionen aus dem Energiesektor gingen 2023 um 24 Prozent zurück, während die Wirtschaft weiter wuchs.

Zu den von der Kommission vorgeschlagenen Maßnahmen gehörte das Ziel der Mitgliedstaaten, Gasspeicher bis zum 1. November jedes Jahres auf 90 Prozent zu füllen. Am 1. April waren die Gasspeicher in der EU zu mehr als 58 Prozent gefüllt.  Die europäischen Betreiber haben zudem 2 Milliarden Kubikmeter Gas in ukrainischen Speichern gespeichert, was Europa zusätzliche Sicherheit bietet und unsere Partner unterstützt. Aufgrund dieses hohen Gasspeicherniveaus ist die EU auf gutem Weg, das 90 Prozent-Ziel am 1. November 2024 zu erreichen und gut vorbereitet im Winter 2024/2025 zu gelangen. Dies wird auch den Druck auf die Gaspreise während der Speichersaison verringern.

 * ZU Table.Media: Das ist laut Wikipedia ein Berliner Verlag, der auf die Herausgabe ausschließlich online verbreiteter sogenannter „Professional Briefings“, spezialisiert ist. Und weiter heißt es da: Die Süddeutsche Zeitung    beschreibt die Publikationen des Verlags als „in die Tiefe gehende Informationsangebote, die auf eine sehr kleine, aber zahlungskräftige Zielgruppe zugeschnitten sind“, der monatliche Abonnementspreis für die täglich erscheinenden kostenpflichtigen Newsletter  beträgt rund 200 Euro.