Die Tschechische Republik hat vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH)in Luxemburg eine Vertragsverletzungsklage gegen Polen erhoben, weil der für Klimapolitik zuständige polnische Minister mit Entscheidung vom 20. März 2020 den Braunkohleabbau im polnischen Bergwerk Turów um sechs Jahre bis 2026 verlängert habe, ohne dass zuvor, wie vom Unionsrecht verlangt, eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden sei.

"Die Verstöße Polens gegen EU-Recht müssen rechtlich aufgeklärt werden ...!" Anna Cavazzini, bild A..C. eu
“Die Verstöße Polens gegen EU-Recht müssen rechtlich aufgeklärt werden …!” Anna Cavazzini, bild A..C. eu

Anna Cavazzini, die Europaabgeordnete für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen kommentierte bereits vor der Verhandlung:

„Bereits im Mai sollte nach einer Entscheidung des EuGH der Tagebau vorübergehend stillstehen und im September verhängte der Gerichtshof Strafzahlungen. In der anstehenden mündlichen Verhandlung prüft der Gerichtshof die Argumente der Parteien. Die Verstöße Polens gegen EU-Recht müssen rechtlich aufgeklärt werden und die Fakten gehören auf den Tisch.

Besorgniserregend ist jedoch, wie Polen alle bisherigen Entscheidungen des EuGHs zu Turów ignoriert. Ich fordere die EU-Kommission dazu auf, die nicht geleisteten Strafzahlungen aus den EU-Strukturmitteln zurückzuhalten!“

Die Tschechische Republik hatte außerdem vorläufigen Rechtsschutz beantragt: Polen solle im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben werden, die Bergbauarbeiten im Bergwerk Turów unverzüglich einzustellen. Sie machte insoweit u.a. geltend, dass die Fortsetzung des Abbaus bis zum Erlass des Urteils des Gerichtshofs in der Hauptsache eine erhebliche Absenkung des Grundwasserspiegels auf tschechischer Seite zur Folge hätte, wodurch die Trinkwasserversorgung von etwa 10.000 Personen in der Tschechischen Republik gefährdet wäre und es zu Bodensenkungen käme, die Gebäudeschäden zur Folge haben könnten.

Mit Beschluss vom 21. Mai 2021 hatte die Vizepräsidentin des Gerichtshofs dem Antrag der Tschechischen Republik auf vorläufigen Rechtsschutz stattgegeben und Polen angewiesen, die Tätigkeiten des Braunkohleabbaus im Bergwerk Turów unverzüglich und bis zur Verkündung des abschließenden Urteils einzustellen. Auf weiteren Antrag der Tschechischen Republik hat die Vizepräsidentin des Gerichtshofs mit Beschluss vom 20. September 2021 festgestellt, dass Polen den Beschluss vom 21. Mai 2021 nicht beachtet habe, und daher ein tägliches Zwangsgeld in Höhe von 500.000 Euro gegen Polen verhängt. Am Dienstag fand  vor der Großen Kammer des Gerichtshofs die mündliche Verhandlung in der Hauptsache statt, das heißt über die Vertragsverletzungsklage selbst.