RWE: Wie von einer Abrißbirne getroffen.
RWE: Wie von einer Abrißbirne getroffen.

Deutschlands Beschluss nach dem Atomdesaster in Fukushima aus der Atomenergie beschleunigt auszusteigen und die damit verbundene Energiewende hin zu erneuerbaren Ressourcen haben die konventionellen Kraftwerke deutscher Energieversorger wie die des RWE-Konzerns so hart getroffen wie eine Abrissbirne.

Mit der Stilllegung der Atomkraftwerke Biblis A u. B  in 2011,dem Jahr in dem es zu mehreren Atom-Gaus in Fukushima kam, wurden bereits 2525 MW vom Netz genommen. Bis 2013 hat der Energie-Konzern in Deutschland und in den Niederlanden dann konventionelle Kraftwerke mit einer Gesamtleistung von 8000 MW stillgelegt. In Großbritannien wurden in der gleichen Zeit 5000 MW außer Betrieb genommen. Jetzt bestätigte ein Konzernsprecher gegenüber Umwelt-Energie-Report den Wahrheitsgehalt von Gerüchten, die zuvor die Runde gemacht hatten. Danach sollen  bis 2016  noch weitere 1000 MW in Deutschland still gelegt werden. Dabei geht es um ein Braunkohlekraftwerk und zwei Steinkohlekraftwerke. Führt der Konzernbereich Inogy , er steht für Erneuerbare Energien, aus der Misere? Es gilt ein großes Loch zu stopfen.

In den vergangenen Jahren ist die RWE AG nie mehr richtig zur Ruhe gekommen. Und auch jetzt wird der Konzern, anlässlich der veränderten Umfeld- und Umweltbedingungen, wieder kräftig umgebaut. Der Niederländer Peter Terium, von Haus aus Steuerberater,später im Management verschiedener Unternehmen tätig, sucht seit rund drei Jahren für den Energie-Konzern nach Wegen in eine sichere, eigenständige Zukunft.

Ex-RWE-Chef Jürgen Grossmann. Er gründete den Konzernbereich Inogy
Ex-RWE-Chef Jürgen Grossmann. Er gründete den Konzernbereich Inogy

Vor Terium hatte bereits Selfmade-Milliardär Jürgen Großmann den Konzern kräftig durcheinander gewirbelt. Großmann hatte zuvor den Niederländer Harry Roehls, vormals im Vorstand der Royal Dutch/Shell Unternehmensgruppe, abgelöst. Milliardär Großmann hatte sich als Sanierer des Stahlwerks Georgsmarienhütte in den 90er-Jahren in die Riege der Superreichen im Land katapultiert und dabei bewiesen, dass er nicht nur etwas anpackte, sondern auch richtig zupackte. Er baute „den Laden“, gemeint war der RWE-Konzern um, ohne groß Rücksicht auf Befindlichkeiten zu nehmen. Ziel war auch die Selbständigkeit des Unternehmens zu erhalten.
In den Jahren galt RWE noch als attraktive Braut: Der italienische Energie-Konzern ENEL, Russlands größter Staatskonzern Gazprom, aber auch der französische, vom Staat dominierte Energie-Konzern Electricite de France warfen begehrliche Blicke auf den von Kommunen dominierten Konzern in Essen.
Großmann wirbelte im Konzern viele Strukturen durcheinander. Er verkündete er wolle Investitionen tätigen von jährlich über einer Milliarde Euro. 2011, als die Bundeskanzlerin nach dem Atom-Desaster in Fukushima den Atomausstieg verkündete und damit die Energiewende einleitete brach aber auch für Großmann die Welt zusammen. Die RWE AG in Essen und der Rivale E.ON, mit Sitz in Düsseldorf, hatten sich in der Vergangenheit zu sehr auf den Bau von Atom- und konventionellen Kraftwerken konzentriert.

Der Standort von Gwynt y Môr knapp 13 km vor der Küste im offenen Meer mit einer Wassertiefe von bis zu 28 m stellt enorme Herausforderungen an die Installation Errichtung von Fundamenten,
Der Standort von Gwynt y Môr knapp 13 km vor der Küste im offenen Meer mit einer Wassertiefe von bis zu 28 m stellt enorme Herausforderungen an die Installation Errichtung von Fundamenten,

Doch Großmann hatte nicht nur alle Strukturen weggefegt, er hatte auch neue geschaffen. So den Konzernbereich “Innogy”, eine Tochter für erneuerbare Energien. Mit dem neuen Innogy-Geschäftsführer Fritz Vahrenholt, in der Grünstrom-Branche zu der Zeit noch ein Star, war ihm ein Coup gelungen. Vahrenholt hatte sechs Jahre lang den Windanlagenbauer Repower geführt. Wie geht es jetzt weiter?
Das Unternehmen werde aber nicht komplett aus der Stromerzeugung aussteigen, erklärte Peter Terium vor wenigen Tagen bei der Vorstellung des Halbjahresergebnisses. Da
die Versorger die Stabilität der Stromnetze gewährleisten und notfalls einspringen müssen, sollte die Erzeugung aus Windkraft oder Solar nachlassen.

Strategiechef Birnbaum
Strategiechef Birnbaum

RWE-Strategiechef Birnbaum erklärte zugleich, obwohl sich das Unternehmen in Teilen neu erfinden müsste, habe es doch eine starke Umsatzbasis. Rund 40 Prozent der RWE-Erlöse würden mit Stromverteilung und -verkauf erzielt, weitere 20 mit dem Handel sowie dem Öl- und Gasfördergeschäft. Alle diese Aktivitäten hätten keine schlechten Aussichten, sagte Birnbaum.
Was wird aus dem Konzernbereich Inogy? Kann er die wegbrechenden Umsatzerlöse künftig kompensieren? Bis zum Jahr Null, dem Neubeginn nach Fukushima , verfügte der Konzern über 2900 MW an erneuerbaren Energien. Zwischendrin waren es mal 4500 MW mit dem Biomasse-Kraftwerk im englischen Tilburry. Das musste auf Druck der Briten allerdings stillgelegt werden. Innerhalb eines Jahres kommen aber nun mit den Offshore-Windparks Nordsee-Ost und dem in der Liverpool Bay im Bau befindlichen Gwynt y Moer Offshore- Windpark weitere 900 MW hinzu. Projektiert in der Pipeline sind, laut Konzernpressesprecher Martin Pack, 12 000 MW aus Offshore-Windparks. Darunter Nordsee-One, vor der britischen Küste Triton Knoll, Galloper und Dogger Bank(Zielkapazität 9 GW) und vor der niederländischen Küste Trop Binnen.

Wüstenstrom-Projekt Desertec
Wüstenstrom-Projekt Desertec

RWE ist zudem an der Wüstenstrom-Initiative Desertec beteiligt. Desertecs Ziel ist es, im großen Stil Ökostrom aus Sonnen und Windkraft in Norafrika und dem Nahen Osten zu erzeugen. Ein Teil der Energie soll nach Europa exportiert werden. Über Jahrzehnte sollen geschätzt 400 Milliarden Euro investiert werden. Mit dem RWE-Konkurrenten E.on und der HSH Nordbank haben inzwischen jedoch zwei weitere Gründungsmitglieder die Gesellschaft verlassen .Bereits Ende 2012 hatten der Siemens-Konzern der ebenfalls zu den Gründern der Planungsgesellschaft Desertec Industrial Initiative (DII) gehörte – und der Bosch- Konzern ihren Ausstieg aus dem Projekt verkündet. Gegenüber Umwelt-Energie-Report(U&E), bestätigte jetzt RWE-Presseprecher Dr. Michael Murphy die Aussage, mit der das manager-magazin einen Kollegen von Murphy zitiert hatte: “Wir bleiben dabei. (gemeint ist das Projekt Desertec, d. Redakt.) Wir glauben immer noch an die Zukunft des Projektes”. Murphy erklärte gegenüber U&E auf die Frage : „Welche Chancen geben Sie diesem Projekt noch nachdem wichtige Partner bereits ausgestiegen sind,“ ganz eindeutig: „Das Zitat zu Desertec ist immer noch gültig.“