11.12.14 Röhren

Trotz der Sanktionen von Brüssel und Washington gegen russische Unternehmen und Personen in Schlüsselstellungen liefert der zweitgrößte Gasproduzent Russlands, Novatek, bisher vertragsge- mäß Gas an den drittgrößten deutschen Energiekonzern ENBW in Karlsruhe.

Konzern-Pressesprecher Ulrich Schröder: Novatek liefert vertragsgemäß
Konzern-Pressesprecher Ulrich Schröder: Novatek liefert vertragsgemäß

Das bestätigte uns auf Anfrage der Pressesprecher des Konzerns Ulrich Schröder. Der deutsche Energiekonzern EnBW hatte vor zwei Jahren mit dem zweitgrößten russischen Erdgasproduzenten Novatek einen zehnjährigen Liefervertrag mit einem Volumen von 1,9 Milliarden Kubikmeter im Jahr abgeschlossen. Schröder erklärte gegenüber Umwelt und Energie-Report: „Die Lieferung aus diesem Vertrag erfolgt am virtuellen Handelspunkt Deutschland, ohne Bezugnahme auf eine dezidierte Leitung oder Importroute. Die Lieferungen sind seit Vertragsbeginn störungsfrei und wie vertraglich vereinbart verlaufen.“
Der Vertrag sichert ENBW ein Drittel seines Gasbedarfs. Novatek fördert selbst und vermarktet Erdgas von der Nr 1 auf dem russischen Erdgasmarkt, Gazprom. Novatek wurde inzwischen allerdings auch von den Amerikanern mit Sanktionen belegt. Der Energiekonzern könnte deswegen seine Preise gegenüber westlichen Handelspartnern wie EnBW empfindlich anheben, was sich dann auch auf die Verbraucherpreise auswirken dürfte, wurde inzwischen in Bankerkreisen spekuliert. Dies ist bisher nicht geschehen wie die Stellungnahme des Konzern-Pressesprechers Schröder bestätigte.

Sitz des russischen Staatskonzerns Gazprom
Sitz des russischen Staatskonzerns Gazprom

Zu bedenken ist: Nach russischem Recht konnte der Vertrag mit ENBW seinerzeit nur mit Zustimmung von Russlands größtem Gasproduzenten Gazprom zustande kommen. Gazprom ist in Russland der Monopolstatus beim Gasexport gesetzlich vorbehalten. Gazprom-Chef Alex Miller hat inzwischen jedoch festgestellt, dass sein Konzern seine Europa- Strategie ändern und nicht mehr das Geschäft mit dem Endkunden anstreben werde. Vor Tagen ist in diesem Zusammenhang das Pipeline Großprojekt South-Stream von Miller gestoppt worden. Mit South Stream wollte Russland die Umgehung der Ukraine als wichtigstes Transitland für Erdgaslieferungen nach Europa abschließen.

Leonid Michelson
Leonid Michelson

Das zweitgrößte russische Gasunternehmen Novatek hatte auch schon seit Längerem bekundet in Europa verstärkt Kunden gewinnen zu wollen. “Speziell dafür haben wir eine Tochtergesellschaft in Zug gegründet”, sagte Leonid Michelson seinerzeit, Gründer und Chef von Novatek der “Financial Times Deutschland”. Bisher hat der Konzern seine Absicht nicht widerrufen.
Gegenwärtig ringen der russische Gasproduzent Novatek und Russlands größter Ölkonzern Rosneft, dessen Chef, Igor Setschin, ein enger Vertrauter von Präsident Wladimir Putin ist, um Platz zwei in der Liste der größten russischen Erdgasprodu-zenten. Novatek hatte bisher diesen Platz inne. Doch: „In den zurückliegenden zwei Jahren hat Rosneft die Gasgewinnung massiv gesteigert und wurde drittgrößter Gasproduzent… Wir haben ein Potential, um künftig Platz zwei zu belegen“, behauptete der Konzernchef jetzt. Beide Konzerne können dem weltgrößten Erdgasproduzenten Gazprom aber den ersten Rang nicht streitig machen.