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Während in Siegburg die Vorbereitungen für die Gründung von Stadtwerken auf Hochtouren laufen, erlebt die Stadt die größten Bürgerproteste gegen Beschlüsse von Bürgermeister Franz Huhn und der Mehrheit des Stadtrates zur Deckung des Lochs im diesjährigen Siegburger Stadthaushalt von mehr als elf Millionen Euro. Hat die finanzielle Lage der Stadt auch Auswirkungen auf die Stadtwerkegründung?

Franz Huhn, Bürgermeister Siegburg: Bürgerinitiative will ihn abwählen lassen
Franz Huhn, Bürgermeister Siegburg: Bürgerinitiative will ihn abwählen lassen

Die massiven Bürgerproteste, eine Bürgerinitiative betreibt gar die Abwahl von Bürgermeister Franz Huhn vor allem gegen die ungewöhnlich drastische Erhöhung der Grundsteuer B von 460 auf 790 Prozentpunkte die der Stadt mehr als fünf Millionen Euro bringen soll. Die Steuererhöhung trifft vor allem die Haus- und Grundbesitzer. Es bedürfe eines seriösen Konzeptes und eines externen Sachverstands, um Siegburgs Finanzen zu sanieren, meinten SPD-Fraktionschef Frank Sauerzweig und mit ihm auch die Fraktion Die Linke. Franz Huhn habe dem Rat “die prekäre Haushaltssituation verschwiegen” und sei deshalb verantwortlich.

Interessenten für Strom- und Gasnetze

Konkret hatte die Linke gefordert, dass über die gewöhnliche Prüfung des städtischen Haushaltes hinaus, die laut Bürgermeister Huhn derzeit läuft, auch die Stadtbetriebe AöR und ihre Töchter geprüft werden. Durch die Stadtbe- triebe AöR wird zur Zeit aber das Verfahren zur Gründung der Stadtwerke betrieben. Bis zum 2. April haben Unternehmen die die Stromnetze der Stadt betreiben möchten oder mit der Stadt Kooperationen dazu eingehen möchten, Zeit ihr Interesse schriftlich zu dokumentieren. 25.03.15 Bekanntmachung Sieburg Bundesanzeiger

Ursprünglich lief das Verfahren nur bis zum 2. März. Um aber möglichen Einwänden von Unter- nehmen oder der Bundesnetzagentur, die Bewerbungsfrist müsse mindestens ein Vierteljahr betragen, den Wind aus den Segeln zu nehmen, wurde die Frist per Bekanntmachung im Bundes- anzeiger bis zum 2. April verlängert. (Le- sen Sie auch : Stadtwerkegründung Siegburg: Der Zeitdruck wächst) Wie von der Stadt zu hören ist, gibt es auch schon mehrere Interessenten. Sollte die Stadt interessiert sein die Strom- oder Gasnetze zu erwerben, benötigte sie zum Kauf die Unterstützung einer Bank. Und dafür wiederum müsste zumindest ein lukratives Wirtschaftskonzept vorliegen. Das müsste dokumentieren, dass mit der Übernahme der Netze und deren Betrieb, ob in alleiniger Verantwortung oder zusammen mit einem strategischen Partner, Geld verdient wird. Das RWE besitzt die Konzession für das Mittelspannungs-Stromnetz. Die Rheinische Energie Aktiengesellschaft, rhenag, das Niederspannungs-Stromnetz sowie das Gasnetz. Die Haushalts-lage von Stadt und AöR- Betrieben könnten also bei den geplanten Maßnahmen eine wichtige Rolle spielen.

 

Die Stadt könnte geld einstreichen

Für DIE LINKE im Rat hat jetzt deren Fachmann für Energiefragen im Stadtrat ,Raymund Schoen , die Sicht seiner Partei dargestellt.

1) Die Gründung eigener Stadtwerke ist – trotz Ihrer im Text geäußerten Bedenken (Gemeint ist unser Bericht: Stadtwerkegründung Siegburg: Der Zeitdruck wächst) – wirtschaftlich für die meisten Städte sehr sinnvoll. Der Mehrwert, der derzeit bei einer Umsatzrendite von rund 13 % in die RWE-Tochter rhenag fließt, könnte zu einem guten Teil in Siegburg bleiben. Wie Sie richtig feststellen, hat der unbewegliche Energiedinosaurier RWE Probleme. Siegburg hat aber keine RWE-Aktien.
2) Eine dezentrale Energieerzeugung ist immer umweltfreundlicher als eine zentrale, da nur bei ersterer Wärmekraftkopplung und damit hohe Wirkungsgrade möglich sind. Derzeitige Wirtschaftlichkeitsprobleme bei GuD-Kraftwerken (auch kommunalen) haben ihre Ursache in Fehlsteuerungen im EEG-Gesetz und der CO2-Besteuerung (politisch gewollt zu billig).
3) Ein Partner ist bei nicht vorhandenem Wissen in der Verwaltung immer erforderlich. Statt einer RWE-Tochter wie rhenag, könnten es aber auch andere Stadtwerke sein, wie Aachen, Schönau, Schwäbisch Hall, Bonn und andere.

Stadtrat Raymund Schoen, Die Linke: Stadtwerkegründung sinnvoll
Stadtrat Raymund Schoen, Die Linke: Stadtwerkegründung sinnvoll

4) Das von der Mehrheitsfraktion im Rat favorisierte einstufige Ausschreibungsverfahren bietet die Hintertür, alles beim Alten zu belassen (also wieder die RWE-Tochter rhenag zu nehmen), statt in ein eigenes Netz bzw eigene Erzeugung, einzusteigen. Bestenfalls hat Siegburg dann die Ausschreibung als Druckmittel, um von rhenag etwas bessere Vertragsbedingunen auszuhandeln (Niederkasseler Modell: Stadt bestitzt 51 %, rhenag 49, aber rhenag macht den Betreiber und hat damit alle Finanz- und Kostenströme in der Hand). Das das nicht gut sein muss, sieht man am überalterten Stromnetz in Siegburg: Seit 1954 rhenag als RWE-Tochter.