Bereits 1997 berichtet Umwelt-Energie-Report darüber wie die französische 18 Mrd-Vision endete
Bereits 1997 berichtet Umwelt-Energie-Report darüber wie die französische 18 Mrd-Vision endete

Der BUND Regionalverband Südlicher Oberrhein hat neue Erkenntnisse zu den Untersuchungen des Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorats ENSI am Reaktordruckbehälter des Schweizer Atomkraftwerks Beznau veröffentlicht. (Lesen Sie dazu auch unseren aktuellen, Bericht von heute: AKW-Beznau liegt länger still).
Laut BUND-Bericht waren bei der Jahresrevision „alte Unregelmäßigkeiten“ im Material des Reaktordruckbehälters entdeckt worden, sicherheitstechnische Verunreinigungen im Stahl und an Stellen, an denen das Material eine andere Dichte aufweise. Bei einem alten, spröden Reaktordruckgefäß das jahrzehntelang einer hohen Neutronenstrahlung, starken Temperaturschwankungen und einem hohen Druck ausgesetzt war, bedeute dies ein massives Sicherheitsrisiko, stellt der BUND in einer heute veröffentlichten Erklärung fest.

Atomkraftwerk Beznau, bild ensi
Atomkraftwerk Beznau, bild ensi

Der Reaktordruckbehälter sei bei jedem AKW der sicherheits-technisch wichtigste Bereich. In ihm finde unter hohem Druck die Kernspaltung statt und er sei die wichtigste Barriere, die das Austreten radioaktiver Stoffe verhindern solle. In jedem AKW werd in einem Betriebsjahr pro Megawatt elektrischer Leistung die Radioaktivität einer Hiroshima-Bombe erzeugt. Ein Bersten des Druckbehälters führe unweigerlich zum unbeherrschbaren Supergau mit allen Folgen „wie wir sie in Tschernobyl und Fukushima erlebt haben“, konstatiert der BUND.

Zusätzliche Probleme

Die Atomindustrie und die von einem möglichen Unfall betroffene Bevölkerung haben jetzt laut der Umwelt-Vereinigung zusätzliche Problem.

„In zwei belgischen AKW sind bei Untersuchungen viele tausend Risse im Reaktordruckbehälter gefunden worden. Aufgrund dieser massiven Sicherheitsprobleme empfahl der Leiter der belgischen Atomaufsichtsbehörde eine genaue Untersuchung aller Atomreaktoren weltweit.“

Hier geben wir die Stellungnahme ungekürzt wieder:
EPR Flamanville:
In Flamanville, an der französischen Atlantikküste, wird gerade ein neues AKW gebaut, das schon 2012 in Betrieb gehen sollte. Der EPR (European Pressurized Water Reactor), das nach Ansicht der Betreiber „sicherste “ AKW der Welt, hatte schon in der bisherigen Bauphase massive technische Probleme und darum sind die Kosten von 3,3 Milliarden Euro auf jetzt 10,5 Milliarden Euro gestiegen. Strom aus Windrädern und Solarenergie ist zum Entsetzen der französischen Atomlobby wesentlich günstiger als der Atomstrom. Und kurz vor der geplanten Inbetriebnahme gibt es jetzt erneut ein massives Sicherheitsproblem, diesmal mit dem verwendeten Reaktorstahl. Der Neubau eines AKW in Europa war ein “Sieg” für die Atomlobby. Jetzt wird immer deutlicher, dass sie sich gerade auch ökonomisch zu Tode siegt.

Pierre-Franck Chevet,  Vorsitzender der ASN
Pierre-Franck Chevet, Vorsitzender der ASN

Anomalien im Stahl

Im Frühjahr 2015 berichtete die französische Atomsicherheits-behörde ASN über „Anomalien“ im Stahl des schon eingebauten neuen Reaktordruckbehälters.

Laut Pierre-Franck Chevet, dem Vorsitzenden der ASN, sind die gefundenen Anomalien „sehr ernst“ und könnten zu Rissbildungen führen. Das bedeutet, dass ein extrem teurer Austausch des Druckbehälters und mehrere Jahre Verzögerung von EDF und AREVA eingeplant werden müssen. Da die Abschaltung des ältesten französischen AKW in Fessenheim von der französischen Umweltministerin an die Inbetriebnahme von Flamanville gekoppelt und so das Abschaltversprechen von Staatspräsident Hollande gebrochen wird, ist die Region am Oberrhein von diesen Entwicklungen am Atlantik mitbetroffen.“ So weit die Stellungnahme des BUND.

Das teuerste Grab der Atomgeschichte
Im Juli titelten europaweit die Zeitungen Paris beschließt die Energiewende. Frankreich bringt seine Energieversorgung auf Ökokurs. Nach langer, atombesessener Zeit, Frankreich betreibt in Europa die meisten Atommeiler, soll es mit mehr erneuerbaren Energie weiter gehen.

Dies ist das Titel-

Offen bleibt die Geschwindigkeit mit der das neue Öko-Programm vorangetrieben werden soll. Dabei haben die Franzosen schon viel Lehrgeld für ihre Atomversessenheit bezahlen müssen. Der französische Superphénix, größter Brutreaktor aller Zeiten, brütet nicht mehr, lasueten 1997 die Schlagzeilen. Der Traum vom nuklearen Perpetuum mobile war ausgeträumt.
Am Oberlauf der Rhône, 50 Kilometer östlich von Lyon, entstand das teuerste Grab der Welt. „Rund 18 Milliarden Mark hat es gekostet“, schrieb der Spiegel. Und weiter: „Der Grabstein ragt aus Maisfeldern und Kuhweiden: ein gewaltiger Zylinder aus Beton. Darunter ruht der Traum von einer sorgenfreien Energiezukunft.
Vor rund elf Jahren war dort der 1200-Megawatt-Reaktor Superphénix ans Netz gegangen. Präsident Valéry Giscard d’Estaing hatte die Vision verkündet mit dem neuen Brutreaktor würden “Energiereserven vergleichbar mit denen Saudi-Arabiens” erbrütet. Einem nuklearen Perpetuum mobile gleich werde der Großmeiler nicht nur Strom liefern, sondern dabei auch noch mehr Brennstoff erzeugen, als er verbrauche. Anfang Januar 1997 gestanden die Franzosen das Scheitern ihrer Vision ein.